Читать книгу Ferdinand de Lesseps und der Suezkanal - Sylvia El Idrissi - Страница 14
Linant de Bellefonds unterstützt die Idee eines Kanal zwischen den Meeren Die Freundschaft zu Prinz Said entwickelt sich
ОглавлениеWährend seiner Zeit in Ägypten als Konsul (1832-1838) wurde Ferdinand mit dem Elend der Zwangsarbeiter, der Hoffnungslosigkeit der Kriegsgefangenen, der Rücksichtslosigkeit des Pascha konfrontiert. Nicht nur seine beruflichen Fähigkeiten, sondern auch sein Einsatz für Menschlichkeit waren gefordert. Durch seine nachdrückliche Intervention bekamen hunderte syrische und palästinensische Kriegsgefangene, zur Galeerenfron verurteilt, ihre Freiheit. Die Neigung Muhammad-Alis zu Despotismus und Brutalität sowie teilweise menschenverachtende Willkür ließen Ferdinand zögern, dem Pascha die Idee für einen schiffbaren Kanal zwischen dem Mittelmeer und Suez zu unterbreiten. Außerdem war die nötige Unterstützung Konstantinopels kaum denkbar. Die enge Bindung der Hohen Pforte an England ließ keine Machterweiterung Frankreichs in Ägypten zu. Der Kanalbau unter der Führung eines Franzosen hätte dies politisch und finanziell bedeutet, England hätte sich entschieden dagegen gewehrt. Neben dieser Möglichkeit einer grundsätzlichen Absage hatte Ferdinand auch die Strapazen der Arbeiter, die mit bloßen Händen den Bewässerungskanal von Alexandria ins Nildelta gegraben hatten, vor Augen. Unter solchen Umständen sollte sein Kanal nicht gebaut werden. Um sich mit einem Gefährten über dieses Projekt austauschen zu können, vertraute er sich Linant de Bellefonds, Chefingenieur Muhammad-Alis, an. Dieser war nicht nur Feuer und Flamme,
sondern auch von der Möglichkeit der Umsetzung überzeugt und begann tatsächlich mit der Vermessung des Terrains unter schwierigsten Umständen in der Hitze der Wüste.
In diesen Jahren schließt sich ihm der Prinz und spätere Thronerbe Said (1822-1863), auf der Suche nach Verständnis und Unterstützung, an. Muhammad-Ali tritt nicht nur seinem Volk gegenüber als Despot auf, auch von seinen Söhnen verlangt er Unterwerfung. Prinz Said hatte ein tägliches, enormes Programm unter strenger Aufsicht zu absolvieren. Dazu gehörten Unterricht in Französisch, Englisch, Geschichte und Mathematik, außerdem ein straffes Sportprogramm, das morgens mit dem Umrunden der Stadtmauer begann und am Abend mit dem Erklettern der Schiffsmasten im Hafen endete. Weil viel zu dick, sollte er zu allem Elend auch noch Diät halten. Said verzweifelte, aber die Zeit mit seinem großen Freund und Retter ließ ihn die Torturen ertragen. Ferdinand lehrte ihn das Fechten, sie unternahmen stundenlange Ritte in die Wüste und in Gesprächen zeigte er dem Jungen Verständnis und Trost. Dieser Bund wurde immer vertrauter, so dass Ferdinand schließlich jederzeit unangemeldet die Räume des Prinzen betreten durfte. Aber zu der wirklich aufrichtigen Freundschaft zwischen den beiden führte wahrscheinlich ein kleines Geheimnis: Ferdinand ließ in seinem Haus dem Prinzen gezuckerte Nudeln servieren, Saids Leibspeise!
Als in Alexandria 1834 die Cholera ausbrach wurde Ferdinand zum Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses berufen. Er verstand seine Aufgabe dahingehend, sich vor Ort persönlich ein Bild vom Ausmaß der Epidemie zu machen. Das Elend war so groß, dass er sich von den Pflichten im Konsulat freistellen ließ um sich ausschließlich den Kranken widmen zu können.Das Journal ‚ Censeur de Lyon’ berichtete:
„Mit unermüdlichem, manchmal tollkühnem Eifer wollte er alles selbst sehen. Über die Betten der Sterbenden gebeugt, fragte er, half er und fand er Worte des Trostes....Diese Unglücklichen betrachteten Monsieur de Lesseps als ihren Vater und Retter. Als er gestern erfuhr, dass in einer Station 42 Kranke seit Tagen hinsiechen und kein Arzt es mehr wage, den Saal zu betreten, ging er sofort persönlich in die Station und blieb solange, bis er sich vergewissert hatte, dass man den Kranken jede mögliche Fürsorge angedeihen ließ. Er ernannte sogar einen neuen Arzt zur Betreuung dieser Patienten. Unser junger Konsul hat sich die große Dankbarkeit, die ihm die gesamte Bevölkerung Alexandrias bezeugt, wahrhaft verdient.“
1836, nach zwei Jahren des unermüdlichen Einsatzes, reiste Ferdinand auf Urlaub nach Frankreich. Mittlerweile war er 31 Jahre alt, der richtigen Zeitpunkt, dem Pascha von seinen Kanalbauplänen zu berichten, hatte es nicht gegeben. Ferdinand war klug genug, sein Lebensziel nicht durch Ungeduld zu gefährden. In Frankreich sollte er nun neben anderen Ehrungen die Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion für die Leistung im Kampf gegen die Choleraepidemie erhalten, und vielleicht war er auch auf der Suche nach einer passenden Ehefrau.