Читать книгу Willkommen in der neuen Welt - Sylvia Oldenburg-Marbacher - Страница 15

Die Entführung

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Die Beziehung von Denniz und Jennifer verlief die Zeit darauf ohne nennenswerte Zwischenfälle. Die Lovesongs, welche vor der Zeit mit ihr entstanden sind, hatte er inzwischen veröffentlicht und daraus entstanden einige hohe Chartsplatzierungen. Einer der Songs wurde sogar zum Soundtrack zu einer Neuverfilmung von „Romeo und Julia“ und hielt sich wochenlang auf Platz 1.

Eine der schwierigsten Zeiten kam daraufhin wohl, als Denniz im Gefängnis war, wieder in Untersuchungshaft. Es erinnerte Jennifer natürlich auch an damals, an den Selbstmordversuch. Sie hatte Angst, etwas ähnliches können passieren, obwohl sie wusste, dass das Unsinn war. Die Lage war ja jetzt auch eine ganz andere. Denniz hatte jemanden erschossen, dafür gab es mehrere Zeugen. Er musste sich einen guten Anwalt besorgen. Während des Prozesses wollte der auf Unzurechnungsfähigkeit in Tateinheit mit Notwehr plädieren. Der Staatsanwalt wollte die Geschworenen von Selbstjustiz überzeugen.

Die Vorgeschichte, wie es zur Tat kam, wurde auch vor Gericht erläutert. Am Abend des 3. Juni 2063 kamen Jennifer und Denniz nachdem sie im Kino waren, nach Hause. Sie wollte bei ihm übernachten wie so oft. Sie stiegen aus dem Auto und gingen in Richtung Haustür. Dem direkt daneben geparkten, schwarzen Van schenkten sie keine besondere Beachtung. Sie hatten ihn zwar noch nie dort stehen sehen, aber es war ja ein Mehrfamilienhaus, da stehen öfters mal unbekannte Autos.

Als aber die Seitentür des Wagens aufging und zwei maskierte Männer ausstiegen, merkte Denniz aber urplötzlich was los war, hielt Jennifer zurück und stellte sich vor sie hin. Dann ging alles sehr schnell. Die beiden Männer hatten Schusswaffen und bedrohten sie. Sie zwangen die beiden einzusteigen und sperrten sie in den hinteren Teil des Wagens. Jennifers Fragen was denn das solle, ignorierten sie, setzen sich stumm in die Fahrerkabine und fuhren los. Denniz fragte nichts, schaute nur angespannt auf den Boden.

„Du weisst warum die das machen, oder? Du hast nichts gesagt und du siehst nicht so aus, als seist du überrascht!“ wollte Jennifer wissen.

„Ich vermute es! Oder besser ich befürchte es! Du kannst dir auch vorstellen, worum es geht, oder?“ antwortete er und schaute sie an, als wolle er ihr sagen, dass das ja eindeutig sei.

„Das muss nichts damit zu tun haben, vielleicht geht es nur um Geld, dass sie erpressen wollen oder sowas, wir sind ja nun nicht gerade arm. Du verdienst einen Haufen Kohle mit deiner Musik und ich hab einen reichen Vater. Du musst ja nicht immer das Schlimmste befürchten!“

„Ja, dann würden sie aber nicht uns, sondern jemanden der uns wichtig ist, entführen, um an unser Geld ranzukommen.“ Er zog die Schultern hoch und schnaubte.

Jennifer rollte die Augen und schaute dann verzweifelt in eine Ecke.

„Ich hoffe dennoch, dass du recht hast!“ sagte er schliesslich versöhnlich.

Die Fahrt schien ewig zu dauern. Mit der Zeit machten sie es sich auf dem Boden bequem und versuchten die Augen zu schliessen, an Schlaf war aber in dieser Situation kaum zu denken.

Einige Stunden später wurden sie abrupt geweckt, als der Van auf eine holprige Seitenstrasse abbog und eine gefühlte Ewigkeit auf dieser weiterfuhr. Sie fuhren offensichtlich an einen sehr abgelegenen Ort.

Endlich angekommen holten die beiden Männer sie aus dem Wagen. Am Himmel dämmerte es schon. Mit Waffen auf sie gerichtet schubsten sie sie in die Richtung des nahegelegenen Hauses. Einer der Bewaffneten öffnete die Tür, sie drängten sie in den Keller und schlossen hinter ihnen ab.

Der Keller war stockdunkel, man konnte die Hand nicht vor den Augen erkennen.

Jennifer schmiegte sich trostsuchend an Denniz, die beiden setzten sich in eine Ecke.

„Wir kommen hier schon wieder raus, mach dir keine Sorgen!“ sagte er und küsste sie auf die Stirn.

In seiner Stimme erkennte man allerdings gut den Zweifel, den er an seinen eigenen Worten hatte.

Einige Minuten später ging die Kellertür wieder auf und ein grelles Licht, offensichtlich ein Scheinwerfer wurde auf sie gerichtet. Mit vor die Augen gehaltenen Armen versuchten die beiden etwas zu erkennen. Jemand stieg die Treppe herunter und kam näher.

„Hallo Denniz Adamson, freut mich, dass du mit deiner kleinen Freundin meiner Einladung gefolgt bis!“ hörten sie eine Stimme und dann sahen sie einen grossgewachsenen, älteren Mann, der den Scheinwerfer nach oben richtete und ihn auf den Boden stellte, so dass er den ganzen Raum ausleuchtete.

Als er sein Gesicht erkennen konnte, wurde Denniz Gesicht düster. Er schloss die Lippen, drückte die Augenlieder zusammen und schaute ihm mit eisigem Ausdruck in die Augen.

„Du siehst aus, als wüsstest du wer ich bin!“ sagte der Mann.

„Ja, das tue ich!“

„Wunderbar, dann muss ich euch ja nicht mehr erklären, WARUM das hier passiert, sondern nur noch, WAS genau passieren wird.“

Ein weiteren Mann, der nach dem Ersten ebenfalls die Treppe runtergekommen war, hielt drohend ein Maschinengewehr auf die beiden gerichtet.

Der erste kam noch ein Stück näher, kniete direkt vor den beiden nieder und fasste Jennifer brutal am Kinn, als würde er sie wie eine Ware begutachten.

„Lass deine Finger von ihr!“ rief Denniz und versuchte seine Hand wegzuschlagen, doch der Begleiter, schien sein Leibwächter zu sein, hielt ihm den Lauf vor die Brust.

Denniz schaute nach oben und lehnte sich wiederwillig wieder an die Wand zurück.

Der ältere Mann mustere Jennifer von oben bis unten.

„Hübsch!“ meinte er schliesslich: „Es wird mir Spass machen, mich ein bisschen mit ihr zu beschäftigen und ich hoffe, dir wird es Spass machen, dabei zuzusehen!“ er wandte sich an Denniz und hielt ihm eine Pistole an den Kopf. „Du wirst sterben, du kleiner finnischer Bastard!“ sagte er hasserfüllt. „Doch zuerst will ich dich leiden sehen!“

Denniz spürte, wie ihm schlecht wurde während er den Worten zuhörte. Er schluckte, erwiderte aber weiter seinen durchdringenden Blick in die Augen. Er wusste er musste tapfer sein und durfte sich keine Angst anmerken lassen.

„Ich will, dass du zusiehst, wie ich mit ihr Spass habe und ich sie dann umbringe! Ich will den Schmerz in deinen Augen sehen.“ Er machte eine Pause und lies seine Worte wirken.

Denniz sah ihn abschätzig mit wutentbrannten Augen an. Sein Blick blieb eisern, doch in seinem Kopf kreisten tausende Gedanken.

„Ich rufe ausserdem deine Mutter an. Ich werde sie an einen abgelegenen Ort rufen. Die Polizei soll sie aus dem Spiel lassen und sie soll auch deine kleine Schwester mitbringen. Mit ihnen werde ich dasselbe machen! Auch da wirst du zusehen!“

Denniz schüttelte den Kopf: „Sie wird nicht kommen!“

„Ich werde ihr sagen, dass es ihre letzte Gelegenheit ist, ihren Sohn lebend zu sehen. Wenn du kleiner Bastard deiner Schlampe von Mutter genug wert bist, wird sie kommen!“

Denniz wusste ganz genau, dass er recht hatte.

„Was hab ich dir getan? Du bist besessen! Das alles ist Jahre her!“ Denniz schüttelte verständnislos den Kopf und rang nach Worten: „Ok, vielleicht krieg ich es noch hin, deinen Hass auf mich zu verstehen, aber lass bitte wenigstens sie aus dem Spiel und lass sie gehen! Sie hat überhaupt nichts damit zu tun!“ flehte er und deutete auf Jennifer.

„Den einzigen Fehler, den sie gemacht hat, war sich mit einem Stück Dreck wie dir einzulassen. Die Rolle, die sie hier jetzt spielt, ist lediglich, dass sie dir wichtig ist und es dir weh tun wird, sie sterben zu sehen!“

Denniz holte Luft und setze an, um etwas sagen zu wollen, atmete dann aber wieder aus und blickte zu Boden, da er einsah, dass es sinnlos war.

Der Mann stand auf, schaute von oben herab auf die beiden hinunter: „ Ich komme bald wieder. Vorfreude ist ja schliesslich die schönste Freude.“

Mit dieser Aussage stieg er die Treppe hoch und schloss die Kellertür hinter sich ab. Jennifer atmete aufgebracht und sah Denniz ängstlich an: „Ist das..?“

„Ja, das ist er, Karl Stewart! Er hat meinen Vater getötet!“ Denniz blickte starr in eine Ecke und schüttelte den Kopf als wollte er sagen, er habe es immer kommen sehen.

„Was tun wir jetzt?“ fragte Jennifer und wirkte dabei naiv.

„Ich weiss es nicht. Ihn davon zu überzeugen, dass er dich gehen lassen soll, scheint nichts zu bringen, habe ich auch nicht zu hoffen gewagt. Ich überlege, aber wir kommen hier wohl nicht raus.“

„Ich will auch nicht ohne dich hier raus!“ sagte Jennifer eindringlich und schaute Denniz dabei tief in die Augen: „Du meinst vielleicht ich habe nichts mit dieser Situation zu tun, aber du kannst ja genauso wenig dafür wer dein Vater war!“

„Aber es ist meine Schuld, dass wir hier sind! Es ist meine Schuld, dass DU hier bist!“

„ Es ist nicht deine Schuld, es ist die Schuld dieses Spinners! Und jetzt verwendest du deine Energie lieber darauf, wie wir hier wieder rauskommen, anstatt für deine Schuldgefühle!“

„Wir kommen hier aber nicht mehr raus, verstehst du? Sieh dich doch um, wir sind in einem Keller, der einzige Ausgang ist dort oben und der ist bewacht! Wenn meine Mutter kommt und womöglich sogar noch meine Schwester mitbringt“ Denniz unterbrach den Satz, schüttelte verzweifelt den Kopf und blickte mit tränenüberströmten Augen nach oben. „Er wird uns alle umbringen!“

Jennifer sah ihn nur traurig an und rutschte etwas näher an ihn ran und umarmte ihn. So sassen sie eine Weile da und versuchten dann etwas zu schlafen. In diesem dunklen Keller hatten sie überhaupt kein Zeitgefühl. Ihre CU‘s wurden ihnen abgenommen und Uhren tragen sie keine. Sie wussten nicht, welche Uhrzeit es war, nicht mal ob es Tag oder Nacht war. Zwischendurch kam einer der Handlanger von Stewart vorbei und brachte ihnen etwas Wasser und trockenes Brot.

Im modernen Zeitalter, wo sich die Ingenieure hauptsächlich der Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten widmen konnten, gab es keine Handys mehr. Sie sahen zwar nach wie vor ähnlich aus, aber sie waren weit mehr als das. Die Geräte, die man jetzt bei sich trug, nannten sich sogenannte Communication Units. Sie liessen sich durch Gehirnströme steuern, man benötigte keine Tastatur mehr. Beim Kauf wurde die individuelle Gehirnfrequenz gespeichert so dass das Gerät nur auf die klar formulierten Gedanken des neuen Besitzers reagierte. Das funktionierte jedoch nur aus nächster Nähe zuverlässig. Denniz machte es sich lange Zeit zum Hobby, zu versuchen, das CU auch weiter entfernt zu steuern, zum Beispiel wenn es einige Meter von ihm weg im Flur lag. Er hatte dies bereits ziemlich gut im Griff. Nun wusste er nicht, wo die Männer ihre CU's aufbewahrten, nachdem sie sie an sich genommen hatten. Es waren sicher mehrere Wände dazwischen. Vielleicht, wenn sie clever waren und über die neuen Technologien genügend Bescheid wussten, hatten sie sie ausgeschalten. Denniz war es dennoch einen verzweifelten Versuch wert. Jennifer war nach wie vor an ihn geschmiegt und döste übermannt von der durchgemachten Nacht ein. Er verbrachte die ganze Nacht damit, verzweifelt mit seinen Gedanken SMS an seine Mutter zu schreiben. Es war eigentlich hoffungslos, zu glauben, dass das klappen könnte über diese Entfernung, aber schlafen konnte er ohnehin nicht.

Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit ging die Kellertüre erneut auf und Karl schickte seine Marionetten mit Sturmgewehren bewaffnet voraus. Einer fuchtelte mit dem Lauf auf Jennifer und Denniz gerichtet vor ihnen herum, der andere befahl ihnen aufzustehen und schubste sie in Richtung Treppe.

„Geht nach oben, na macht schon!“

Sie führten die beiden in eines der oberen Zimmer im Haus. Einer der Handlanger drängte Denniz in eine Ecke und hielt sein Gewehr auf ihn gerichtet. Währenddessen packte Stewart Jennifer am Arm und drückte sie gegen die Wand.

„Lass sie in Ruhe!“ Denniz war ausser sich vor Sorge. Doch der Gewehrlauf auf seiner Brust hielt ihn zurück und so flehte er nur: „Bitte!“

Stewart beachtete ihn nicht. Jennifer liess mich sich geschehen, sie war versteinert vor Angst. Er drückte sie gegen die Wand und begann sie am Hals zu küssen und betatschte ihre Brüste. Sie blickte nach oben, als ob sie nur hoffte, dass es bald vorbei war.

Dann zog er seinen Kopf zurück, sah ihr in die Augen: „Was findest du eigentlich an diesem kleinen Bastard? Ein hübsches Mädchen wie du, hätte doch was Besseres verdient?“

„Was Besseres? Etwa so ein Arschloch wie dich?“ gab Jennifer zickig und abschätzig zurück.

Er verpasste ihr eine Ohrfeige. Denniz zuckte. Er konnte seine Gedanken nicht kontrollieren, er hatte Angst. Angst um Jennifer, um seine Mutter. Überhaupt wünschte er sich, gar nicht geboren worden zu sein in diesem Augenblick.

„Was empfindest du für ihn?“ Stewart wollte es noch genauer wissen.

„Ich liebe ihn, er ist das Beste, was mir je passiert ist! Und auf jeden Fall ist er mehr Mensch und Mann als du es je sein wirst!“ Sie sah ihm mutig, aber mit Tränen in den Augen an.

„Du dummes Ding! Sehr hübsches, aber dummes Ding! Und dumme Dinger sterben nun mal früh!“ er fingerte weiter an ihr herum und begann ihre Bluse zu öffnen. Denniz wendete seinen Blick ab.

„Sieh hin!“ der Handlanger drückte den Lauf noch fester an seine Brust.

In dem Augenblick ging die Zimmertür auf. Der zweite Handlanger streckte seinen Kopf herein: „Sie kommen!“

Stewart liess ab von Jennifer: „Schade, meine Süsse! Aber wir machen später weiter!“

Stewarts Angstellte zwangen Jennifer und Denniz in Richtung Haustüre nach draussen und er blickte die beiden im Vorbeigehen hämisch an: „Es ist soweit! Wir haben deine Mutter vom vereinbarten Ort abgeholt und sie hergebracht. Jetzt kann es richtig losgehen!“

Denniz warf ihm nur einen abschätzigen Blick zu. Jennifer zögerte, ging aber als sie den Lauf im Rücken spürte ebenfalls weiter.

Es war hell, ein bewölkter Tag, aber die Sonnte blendete noch genug hindurch nach diesen vielen Stunden in der Dunkelheit. Jennifer und Denniz hielten sich zuerst die Unterarme vor die Augen, bevor sie langsam erkennen konnten, wo sie waren. Es war ein altes, verlassenes Bauernhaus. Weit und breit war keine Zivilisation zu erkennen. Hier würde man wohl auch niemanden schreien hören. Stewart hatte sich diesen Ort wohl deswegen ausgewählt und weil die Umgebung gut überschaubar war. Etwas weiter entfernt war ein Nebenhaus, wurde wohl früher als Stall benutzt. Kaum hatten sich ihre Augen einigermassen an die Helligkeit gewöhnt, sahen sie über den nahegelegenen Hügel auch schon ein Auto kommen. Als es näher kam, erkannte Denniz, dass es der schwarze Van war, der auch sie gestern mitgenommen hatte. Er spürte wie sein Herz schneller zu klopfen begann. Er wünschte sich, dass das alles nur ein böser Traum war und er jeden Moment aufwachen würde. Doch er wusste, dass es nicht so war und vor seinem inneren Auge spielten sich bereits all die schrecklichen Dinge ab, die jetzt vermutlich passieren würden.

Das Auto hielt ein Stück vom Haus entfernt an. Einer der Handlanger stieg aus, öffnete die Seitentür und drängte Ayleen mit vorgehaltener Waffe aus dem Wagen heraus. Er richtete weiterhin den Lauf auf die Frau, ein zweiter hielt das Gewehr währenddessen auf Jennifer und Denniz. Ayleen kam in schnellen Schritten näher und als sie in hörbarer Nähe war rief Stewart ihr hämisch zu: „Willkommen, du unwichtige kleine Hure von der Strasse! Schwanger von einem Freier!“ er schüttelte den Kopf und lachte abschätzig. Sie schaute ihn nur mit bösem Blick an, ging in die Richtung in der ihr Sohn stand und grüsste die beiden mit einem liebevollen Nicken, als wolle sie sagen, dass alles wieder gut wird.

„Wo ist denn die kleine Schwester?“ fragte Stewart.

„Du armseliges Schwein denkst doch nicht ernsthaft, dass ich auch noch meine Tochter in Gefahr bringe! Du hast meinen Sohn, deswegen bin ich hier, mehr kriegst du nicht!“

Stewart lachte verachtend: „Na gut, dann werde ich mich halt mit euch etwas länger beschäftigen und deinen kleinen Bastard zusehen lassen, bevor ich ihn umbringe, wie ich es damals mit seinem Dreckskerl von Vater gemacht habe. Hätte ich damals gewusst, wer du bist, würdet ihr heute nicht hier stehen. Aber eigentlich gefällt es mir ganz gut so. Dein Sohn ist ihm wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten. Jetzt, wo man das so gut sieht, wird es viel mehr Spass machen, ihn abzuknallen.“

„Hast du deinen Gehilfen auch ordentlich bestraft, dass er mich damals nicht erschossen hatte?“

„Davon kannst du ausgehen, Schlampe!“ er deute auf einer der beiden, man erkannte eine breite Narbe quer über sein Gesicht.

„Du bist krank!“

„Ich bin krank? Nun ja, vielleicht bin ich das, aber es macht Spass und es befriedigt mich! Und jetzt will ich, dass ihr alle wieder ins Haus geht, dann ist eine nach der anderen von euch dran! Geniess die Zeit, es wird die letzte sein, die du mit deinem Sohn verbringen kannst.“

„Ja, du bist krank, aber du scheinst dich nicht besonders mit der modernen Technik auszukennen!“

Verwundert sah Stewart sie an.

„Denkst du wirklich, ich komme hierher ohne irgendeinen Plan? Du hast ja schliesslich angekündigt was du vorhast, dann komm ich doch nicht und lass mich von dir einfach vergewaltigen und umbringen, damit mein Sohn zusehen kann!“

Denniz schaute seine Mutter erwartungsvoll an. Plötzlich schöpfte er neue Hoffnung. Hatte sie tatsächlich eines seiner SMS bekommen und einen Plan, wie sie hier wegkämen?

Da hörte man auch schon von nicht allzu weit her über Polizeilautsprecher eine Stimme: „Mister Karl Stewart, lassen Sie sofort Ihre Waffe fallen. Mehrere Scharfschützen haben Sie im Visier, es ist vorbei! Lassen Sie die Leute gehen!“

Mit grossen, hasserfüllten Augen sah Stewart Ayleen fragend an.

Sie deutete nur mit dem Kopf in Richtung Scheune: „Sie warten bereits seit ich an den vereinbarten Ort gefahren bin. Das GPS von Denniz CU wurde eingeschalten und so konnte wir es orten.“

Stewart wusste nicht was er tun sollte. Damit, dass sie die Polizei informiert, hatte er nicht gerechnet. Selbst wenn hatte er ihr ja absichtlich einen anderen Treffpunkt genannt. Er blickte verwirrt um sich herum und sah aus, als würde er innerlich explodieren.

Seine Handlanger legten währenddessen ihre Waffen auf den Boden. Jennifer, die von einem der beiden festgehalten wurde, er genoss dieses Gefühl offensichtlich, wurde losgelassen und trat verängstigt leicht nach hinten.

Dann schüttelte Stewart plötzlich energisch den Kopf: „Nein, so nicht! So wird das nicht enden!“

Unkontrolliert hob er die Waffe und richtete sie auf Denniz. Er drückte ab. Ayleen hatte das beobachtet und stürzte sich in ihrer Mutterliebe im Affekt vor ihn. Sie bekam die Kugel ab und fiel Denniz in die Arme.

Er fing sie auf. Aufgewühlt, im Bewusstsein, dass soeben seine Mutter erschossen wurde, stand er einen kurzen Moment da und hielt sie einfach nur fest. Tränen stiegen ihm in die Augen.

Zeitgleich schoss einer der Scharfschützen in den Arm von Stewart, der die Waffe hielt. Er liess sie dadurch fallen und sie landete nur unweit weg vor ihm auf dem Boden. Er fiel ebenfalls hin und hielt sich mit der linken Hand die Wunde. Nach einem kurzen Stöhnen, drehte er sich aber bereits wieder um und spähte nach seiner Pistole.

Denniz wusste er musste handeln. Stewart würde nicht ruhen, bis auch er tot war. Er liess zügig, aber sanft seine Mutter auf den Boden gleiten und stürzte sich auf die Waffe.

Nur Sekundenbruchteile bevor Stewart sie erreicht hätte, schnappte er sie sich, lud sie und hielt sie Stewart an die Stirn.

Seine Mutter hatte ihm schon früh beigebracht mit einer Waffe umzugehen. Sie hoffte, dass er es nie brauchen werde, aber für alle Fälle wisse er wo sie versteckt sei und könne damit umgehen.

Stewart sah ihn an: „Das tust du nicht, du kleiner Bastard!“

„Du hast meine Eltern getötet. Und du kanntest meinen Vater! Du solltest wissen, dass ich es tue!“

Er drückte ab!

Das Blut spritze, er war so nahe, dass einige Spritzer auf seinem Gesicht landeten.

Denniz drehte sich zitternd auf den Rücken und atmete beinahe asthmatisch. Jennifer rannte zu ihm und versuchte ihn, selbst im Ausnahmezustand, zu beruhigen.

Sekunden später kam Jonathan hinter der Scheune hervor gerannt. Er hob Denniz hoch und nahm ihn in den Arm: „Es wird alles gut! Es ist vorbei, mein Junge!“

Denniz hob seinen Kopf, sah ihn erschüttert an: „Es wird alles gut? Er hat Mum erschossen?“

Jonathan sah ihm in die Augen und schüttelte den Kopf. Er deutete mit einer Geste in Richtung Ayleen. Denniz drehte sich verwundert um und sah, wie seine Mutter sich hochhob, die Bluse öffnete und dahinter eine schusssichere Weste hervor kam. Denniz stand hastig auf, rannte zu ihr und schrie empört: „Du hast mich fast zu Tode erschreckt!“

Sie nahm ihn in den Arm und hielt ihn fest: „Du mich auch, das kannst du mir glauben!“

Ein paar Polizisten, die sich hinter der Scheune versteckt hatten, waren inzwischen ebenfalls näher gekommen. Zwei nahmen die beiden Handlanger fest und führten sie in Richtung Polizeiwagen. Ein weiterer stellte sich hinter Denniz und zückte ebenfalls die Handschellen.

„Muss das jetzt sein, können wir das nicht anders lösen? Er ist ja nicht gemeingefährlich!“ versuchte Jonathan mit dem Mann zu verhandeln.

„Er hat soeben einen Menschen erschossen!“ gab der Polizist trocken zur Antwort und sah ihn bestimmt an.

„Das war kein Mensch!“ warf Ayleen trocken ein, es wirkte beinahe beiläufig.

Der Polizist zückte die Schultern, als wolle er sagen, dass das nicht seine Entscheidung sei. Auch Jennifer hatte sich wieder an Denniz geschmiegt und Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie realisierte, dass er ins Gefängnis muss.

„Ist schon in Ordnung, ich schaff das schon! Macht euch keine Sorgen!“ meinte Denniz zu ihr und seiner Mutter, nahm beide nochmal kurz in den Arm, nickte ihnen beruhigend zu.

Jennifer wollte seine Hand fast nicht loslassen, er musste sich losreissen und folgte dann den Anweisungen des Polizisten, der ihm die Handschellen anlegte und seine Rechte vorlas.

„Wir kümmern um uns einen guten Anwalt, wir holen dich da wieder raus!“ rief Jonathan ihm noch nach, dann wurde er ebenfalls zu einem der Polizeiwagen gezogen, in dem noch keiner sass und mit Polizeigriff auf dem Kopf auf den Hintersitz gedrückt.

„Wir wurden entführt und beinahe umgebracht, ganz zu schweigen davon, was der Typ noch alles mit uns anstellen wollte und die behandeln IHN als wäre er ein Schwerverbrecher?“ meinte Jennifer empört und aufgebracht, deutete auf den Polizeiwagen.

Ayleen packte sie an den Schultern und drückte sie seitlich an sich: „Das wird schon wieder!“ versuchte sie sie zu beruhigen, aber man hörte die Besorgnis auch in Ihrer Stimme. Sie sahen dem Polizeiauto traurig nach und schüttelten ungläubig den Kopf.



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