Читать книгу Die Gilde der Rose -Engelsmagie- - Talira Tal - Страница 13

K A P I T E L 8

Оглавление

Dortmund, Anno Domini 1561

Mit einem verschmitzten Lächeln drehte sich meine Urgroßmutter zu mir um. »Natürlich weiß ich, dass dieser Weg nicht zu den Dryaden führt. Das habe ich nur gesagt, damit Axara es glaubt. Ich sehe im Moment einzig die Möglichkeit, bei dem Ritter von Schönburg unterzuschlüpfen, schließlich bot er uns seine Hilfe an.«

Ich nickte geistesgegenwärtig und musste ihr zustimmen. Sich bei dem Ritter zu verstecken, war sinnvoll, und wenn uns niemand beobachtete, rechnete dort auch keiner mit uns. Ich lief hinter Hekate quer durch den Wald, stolperte über Wurzeln, die sich aus der Erde gruben, und verhedderte mich mehrmals in dornigen Büschen mit meinem Kleid. Die Seitenstiche, die mich schon eine ganze Weile quälten, brachten mich fast um. Es schmerzte immer mehr. »Hekate?«, fragte ich völlig außer Puste. »Wann sind wir denn endlich bei dem Jagdhaus des Ritters?«

Unvermittelt blieb meine Ahnin stehen, sodass ich aufpassen musste, nicht in sie hineinzulaufen.

Hekate keuchte ebenfalls, und zufrieden erkannte ich an ihrem Mienenspiel, das sie genau wie ich unter dem eiligen Lauf litt.

»Ich versichere dir, dass es nicht mehr weit ist. Ich möchte keine Rast einlegen. Hier, nimm das.« Sie hielt mir ein Stück Brot entgegen.

Ich schüttelte den Kopf, denn ich verspürte überhaupt keinen Hunger. »Wasser wäre mir lieber.«

»Freyja, wir haben jetzt keine Zeit für großartige Erklärungen. Iss das Brot, es ist von den Dryaden.«

Während sie mich aufforderte, aß sie selbst eine Scheibe.

Seufzend nahm ich das Brot und biss hinein. Es war weich und süßlich. Sofort durchströmte mich neue Stärke und Energie, mit der ich nicht gerechnet hatte.

»Du hättest uns früher das Brot geben sollen«, rügte ich sie. Augenblicklich besaß ich mehr Energie und überholte sie mit Leichtigkeit.

Meine Urgroßmutter beschleunigte ebenfalls ihre Schritte. Sie schnalzte genervt mit der Zunge.

»Was machst du nur schon wieder für dumme Sachen? Woher willst du den Weg zum Jagdhaus des Ritters kennen? Bleib gefälligst hinter mir! Ich führe uns sicher.« Hekates Stimme klang gereizt, und auch ihr Ausdruck war alles andere als herzlich.

Ich hielt an und beobachtete meine Ahnin, wie sie mich mit schnellen Schritten überholte. Manchmal ist sie schon sehr merkwürdig. Ich hatte aber keine Lust, weiter mit ihr zu streiten. Die Kraft brauchte ich für unsere Flucht vor der Gorgone und dem Dämon. Ohne weitere Widerworte folgte ich meiner Ahnin, bis mir der Duft von Kaminholz in die Nase stieg.

»Wir sind da«, klärte sie mich auf.

Ich war immer noch sauer und musste mich zügeln, damit mir nicht ein freches »Ach nee« über die Lippen rutschte. Ich verstand ihr Verhalten manchmal nicht, und Hekate war auch nicht der Typ, der solche Kommunikationsschwierigkeiten aus der Welt räumen konnte. Sie schwieg derartige Streitigkeiten lieber tot, was mich schon manches Mal wahnsinnig gemacht hatte.

Meine Urgroßmutter trat an die Tür und klopfte dreimal. Sofort wurde die Tür aufgerissen, und ein Schwert zeigte auf meine überraschte Ahnin. »Wer da?«, fragte eine tiefe Männerstimme.

Hekate wich zurück, taumelte und sicherlich wäre sie gestürzt, wenn ich nicht rechtzeitig ihren Arm ergriffen und sie gehalten hätte.

»Wir, die Weiber des Geschlechts Rose«, entgegnete ich dem Edelmann und half Hekate, Haltung zu bewahren.

Das Schwert, das uns bedroht hatte, senkte sich augenblicklich. Der Ritter trat zur Seite, um uns einzulassen. Ich hielt Hekate immer noch, während ich mich umsah, ob wir verfolgt worden waren. Als ich nichts in unserer näheren Umgebung ausmachen konnte, schob ich meine Ahnin in die Wohnstube des gemütlichen Jagdhauses.

»Hekate, Alishia, dem Herrn sei Dank«, begrüßte er uns herzlich.

Sofort fiel mir ein, dass er meinen richtigen Namen noch nicht kannte. Aber es gab wichtigere Dinge als dieses zu besprechen, entschied ich.

Hekate trat sofort an das Krankenlager, um nach der Gemahlin des Ritters zu sehen. Diese saß, gestützt von einem Kissenberg, in ihrem Bett und lächelte uns melancholisch an.

»Wir grüßen Euch, edle Rittersfrau. Wie ist Euer heutiges Befinden?«, fragte meine Ahnin und tastete nach ihrem Puls.

»Besser, mir ist bereits viel wohler«, antwortete die Kranke.

Mir fiel auf, dass ihre Stimme immer noch brüchig klang. Auch wirkte ihre Haut wie Papier. Gesund sah anders aus. Aber im Moment schienen sie andere Dinge mehr als die eigene Befindlichkeit zu quälen.

»Mein Gatte …«, setzte sie an. Ihr Blick wanderte zu dem Ritter.

Von Schönburg erwiderte den Augenkontakt seiner Gemahlin, und in der Art, wie er es tat, spürte ich eine wohltuende Wärme durch meine Adern fließen.

»Sprich nicht so viel, Geliebte. Du bist noch schwach und …« Er war nun ebenfalls zu ihr getreten und hatte ihre andere Hand genommen. Seine Finger waren mit ihren innig verschlungen. Automatisch stieg die Erinnerung an Michel schmerzhaft in mir hoch. Jetzt nicht, ich schluckte meine aufkommenden Tränen hinunter. Auf keinen Fall wollte ich jetzt loszuheulen. Ich muss mich ablenken. So konzentrierte ich mich wieder auf meine Ahnin.

Hekate befühlte die Stirn der Rittersfrau, und dabei umspielte ein zufriedenes Lächeln ihre Lippen.

»Euer Fieber ist fort. Bald könnt Ihr Euer Krankenlager verlassen.«

»Das ist eine sehr gute Nachricht, Frau Rose.« Ein seliges Lächeln umspielte Schönburgs Mund. »Aber ich möchte …« Er beendete seinen Satz nicht, sondern ließ die Hand seiner Gattin los und trat unverzüglich auf mich zu.

Erschrocken wich ich vor ihm zurück. Aber ehe ich mich versah, hatte er meine Hände ergriffen. Seine Haut war alles andere als weich, und sein Griff war fest und unnachgiebig, so dass ich mich nur mit größerer Anstrengung befreien hätte können. Sein Blick bohrte sich in meinem.

»Nehmt meinen Dank aus tiefstem Herzen. Wie groß dieser Dank ist, kann nur Gott ermessen. Wenn Ihr nicht gewesen wärt, wäre meine Gemahlin bereits tot. Auch jetzt kommt Ihr wieder zur rechten Zeit, denn Ihr müsst auf Brunhilde Obacht geben.«

»Wohin wollt Ihr?«, kam in strengem Ton die Frage meiner Urgroßmutter.

»Der Brief da.« Der Ritter hatte eine meiner Hände freigegeben und auf ein Pergament gezeigt. Mir entging nicht, dass seine Hand zitterte. Gerne hätte ich die Nachricht, gelesen, doch von Schönburg hielt mich immer noch fest.

Hekate trat an den Tisch und griff das Pergament. Still studierte sie die Kunde. Mit Sorge beobachtete ich, wie sich auf ihrer sonst so glatten Stirn steile Falten bildeten. Was mag sie derart Bedrohliches lesen?

Die Gilde der Rose -Engelsmagie-

Подняться наверх