Читать книгу Die toxische Gedankenspirale - Tanja Knecht - Страница 9
Mobbing oder extreme Familienverhältnisse können auch eine Depression auslösen. Hier schreibe ich ein paar Berichte von Betroffenen.
ОглавлениеBerichte von betroffen Freundinnen:
Luise Maier, 41 Jahre
So erlebte ich Burn-out und eine Depression
Mein ganzes Leben habe ich mir nie Gedanken über Burn-out oder Depressionen gemacht. Ich habe mich auch nie wirklich dafür interessiert. Doch als ich selbst davon betroffen war, ändert sich alles schlagartig.
Dies ist meine Geschichte.
Ich arbeitete in einer mittelgroßen Firma im Schichtdienst. Alles war perfekt und geordnet, bis eines Tages die Stelle zur Stellvertretung der Abteilungsleitung frei wurde. Da man intern für die Stelle suchte, fiel auch ich in die Wahl, obwohl ich mich gar nicht dafür beworben hatte. Meine Kollegien fanden mich allerdings passend - jung und lernfähig. Also mache ich wenige Wochen später diverse Schulungen und Seminare mit, um dem Job gerecht zu werden. Ich arbeitete wie eine Besessene, um mich zu qualifizieren. Blieb länger. Kam früher. Und sorgte so dafür, dass ich, ohne es zu merken immer weiter abrutschte. Meine Laune veränderte sich, was ich auf den Schlafmangel und den Alltagsstress schob. Ich war gereizt, man konnte mich morgens zeitweise nicht mal mehr grüßen ohne dass ich aggressiv reagierte, was auch den Tag über nicht besser wurde. Kleinste Fehler und da bin ich oben raus wie eine Rakete gegangen. Ich dachte mir nichts dabei. Zuhause das gleiche Spiel. Kleinste Anmerkungen und ich wurde wütend, flippte aus und zog mich innerlich zusammen. Meine Fröhlichkeit und mein Lachen waren binnen Monaten verschwunden.
Und dann passierte es ...
Ich hatte morgens keine Motivation mehr zur Arbeit zu fahren, hatte Tränen in den Augen, wenn ich nur daran dachte und ich machte mir auf dem Weg zur Arbeit das erste Mal Gedanken über den Tod. Während ich so über die Landstraße fuhr, suchte ich mir einen Baum aus, in den ich am Nachmittag fahren wollte. Stellte mir vor, wie es wäre, wenn ich einfach loslassen würde oder was passieren würde, wenn ich über den Brückenpfeiler klettern würde. Ich spürte, dass irgendwas mit mir nicht in Ordnung war, doch wahrhaben wollte ich es auch nicht.
Meine Beziehung litt in der dieser Zeit sehr unter der Situation, was zur Folge hatte, dass mein Partner mich vor vollendete Tatsachen stellte. Entweder ich ginge jetzt endlich zum Arzt und lasse mir helfen oder ich wäre allein. Allein! Das wollte ich dann doch nicht sein, also ging ich zum Arzt.
„Frau Maier, wie kann ich Ihnen helfen?“ Eine ganz normale Frage, die das Fass zum Überlaufen brachte. Ich brach zusammen. Weinend und schluchzend erzählte ich meinem Arzt, was ich fühle und was ich denke.
Diagnose: Burn-out, Depression mit Selbstmordgedanken
Sofortige Krankschreibung auf unbestimmte Zeit, Überweisung zum Psychologen, ggf. in die Psychiatrie und die Verschreibung von Antidepressiva - Hammer Tabletten die einem binnen Stunden die Lichter ausknipsen. Ich kann mich noch an einen Anruf der Krankenkasse erinnern, da ich ja nie länger als eine Woche krank war ... vor allem nie mit so einer Diagnose. Doch alles was danach kam, ist weg. Einfach ausradiert, ausgelöscht. Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Mein Körper und mein Geist wurden abgeschaltet. Wochen fehlen mir. Ich kann nur von Erzählungen meiner Familie daraus schließen, was passiert ist in der Zeit. Gespräche mit Psychologen brachten hervor, dass ich mein Leben ändern muss. Anderer Job, nichts mehr an mich heranlassen und reden. Ich muss lernen, mich jemandem anzuvertrauen. Ich sollte nichts mehr in mich hineinfressen. Was ich auch tat. Ich habe gekündigt, arbeite nicht mehr im Schichtdienst und auch nicht mehr in einer Führungsposition.
Mein Leben ist wieder geordnet, ich lache wieder und bin fröhlich. Und auch meine Beziehung hat das überstanden, denn ich Wirklichkeit hat mein Partner mir geholfen, wieder „ich selbst“ zu werden.
Luise ist glücklich mit ihrem neuen Job. Ihre Partnerschaft ist aufgeblüht. Sie ist endlich in ihrer Mitte.
Rosi, 53 Jahre
Mein Name ist Rosi, bin 53 Jahre alt. Seit 1988 geschieden und Mutter von 3 Kindern, die alle erwachsen sind und ihre eigenen Leben haben. Wenigstens „DAS“ habe ich geschafft.
Ich glaube, ich war ein glückliches Kind, bis ich 4 Jahre alt war. Dann kamen meine Schwestern zur Welt (Zwillinge auch noch) und ich wurde ad hoc zur „großen Schwester“ gemacht. Nun ja. Für meinen Vater war ich immer nur „DIE“ oder „EH DU“ oder „DIE GROSSE“... Es gab Prügel jeden Tag, und damit meine ich nicht Ohrfeigen, sondern richtige Prügel. Mit Händen, die groß waren, wie Kohlenschaufeln, mit Glasfiberstöcken (das Pfeifen, wenn die durch die Luft sausen, höre ich immer noch), mit Seilen, Schnüren, Bambusstöcken, Teppichklopfer usw... Alles, was sich zum Schlagen eignete, wurde benutzt.
In der ersten Zeit habe ich meiner Mutter immer davon erzählt, es hat ja weh getan und ich konnte nicht sitzen, liegen, hatte mit dem Gehen Schwierigkeiten, und sie wollte wissen, was los war. Also erzählt man das. Mit dem Ergebnis, dass auch sie verprügelt wurde, wenn sie meinen Vater drauf angesprochen hatte. Irgendwann habe ich schon mit meinen damals 5 Jahren beschlossen, meiner Mutter nichts mehr zu erzählen, weil ich nicht wollte, dass ihr weh getan wurde. Ich wurde sehr still und habe mich meist aus der Schusslinie gehalten. Das hat natürlich nie geholfen. Wenn meine kleinen Schwestern was angestellt haben, gab es Schläge, ich sollte ja auf sie aufpassen. Pech gehabt, Kleine ...
Mein Vater hatte einen Freund, „Onkel Heinz“. Der hatte eine Tochter in meinem Alter, ein Pferd, eine Kuh und ein Kinderfahrrad ... Ich war „5“. Morgens bin ich immer mit einem Milchkännchen auf die Weide gegangen, wenn er die Kuh gemolken hatte. Die Milch kam also frisch aus der Kuh und den Deckel von der Milchkanne hat er immer nur für mich vollgefüllt. Den durfte ich ganz allein direkt auf der Weide trinken. Und dann durfte ich auf dem Ackergaul reiten. Ich war glücklich in den Momenten. Ich war „5“!
Kurz, bevor ich zur Schule kam, durfte ich zu Onkel Heinz nach Hause, seine Tochter wollte mit mir spielen. Hey, sie hatte ein Fahrrad! Ich wollte auch damit fahren. Die Kaninchen hatten gerade Junge bekommen, es hatte alles gepasst. Also bin ich zu Neli, habe mich auf ihr Fahrrad gesetzt und bin mit hoher Geschwindigkeit erst durch das Gebüsch und dann voll in den Zaun gebrettert. Ich war „5“. Onkel Heinz hatte mich weinen gehört und kam natürlich, um nachzusehen. Er hatte mich aufgehoben und in die Scheune gebracht, in der die Kaninchen mit ihren Babys waren. Onkel Heinz hatte immer einen kalten Zigarrenstumpen in seinem linken Mundwinkel und das Ding hat fürchterlich gestunken. Als wir in der Scheune waren, hat er mir ein Kaninchenbaby auf die Hand gesetzt. Das war so klein und so niedlich. Dann sagte er: „Gib Onkel Heinz ´nen *säuten*“... Ich komm von der Küste, *säuten* hieß Küsschen. Dann tat es nur noch weh. Er hatte mich missbraucht. Auch jetzt fange ich immer noch an zu zittern und zu heulen, wenn ich daran zurückdenke. Ich konnte nicht mehr gehen, stehen und sitzen ... Das Kaninchenbaby habe ich in meiner Hand zerdrückt, es war keine Absicht! Er hatte mich nach Hause gebracht und unterwegs zu mir gesagt: „Wenn du deinem Vati etwas davon sagst, sage ich ihm, dass du das Kaninchen totgemacht hast, dann bekommst du Schläge“... Ich habe nie gepetzt ... Ich war „5“, verdammt nochmal!!!!! Ich bin nie wieder zu Neli gegangen. Ich saß nur noch zu Hause. Meine Eltern haben natürlich gefragt, was mit mir los ist. Ich habe geschwiegen. Onkel Heinz hatte ihnen, einen für ihn, besseren Grund geliefert. Er meinte zu meinen Eltern, dass ich von Rad gefallen war und dabei in den Zaun gefahren bin. Deshalb war alles voller Blut. Aber er hätte sich um mich gekümmert ...
Als ich dann lesen konnte, habe ich mich in Büchern vergraben. Ich habe sämtliche Aufgaben zu Hause erledigt und wurde weiter verprügelt ... Ich bekam wenig zu essen. Egal, ich hatte sowieso keinen Hunger mehr nach der Sache mit Onkel Heinz. Mein Vater war Alkoholiker. Meine Mutter und ich hatten ihm immer einen Kasten Bier am Wochenende holen müssen und flaschenweise Schnaps ... Mit winzigen Händen und nicht gerade groß, war das gar nicht einfach. Aber wir haben es geschafft. Jede Woche.
Das Schlimmste an der ganzen Sache war, ich habe einen Mann geheiratet, der GENAU wie mein Vater war. Der Psychologe sagte mir, dass es normal wäre, weil ich ja wusste, wie ich mit gewalttätigen Alkoholikern umgehen musste.
Was es aus mir gemacht hat? Ich entschuldige mich für alles, suche die Schuld nie bei anderen. Ich mache mich kleiner, als ich bin. Mit fünf Jahren, war ich auf mich allein gestellt und musste lernen, erwachsen zu sein.
Der Psychologe hat bei mir mit 42 Jahren festgestellt, dass ich Depressionen habe. Nach etwa fünf Jahren, kannten wir die Ursache meiner Depressionen. Sie hatte mit dem damaligen Vorfall meines Onkels Heinz zu tun. Was genau damals vorgefallen war, weiß ich nicht mehr. Dieses Geheimnis behält mein Gedächtnis für sich. Mein Psychologe hält das für eine ganz normale Schutzfunktion. Seitdem habe ich das "körperdismorphe Syndrom". Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich eine fette, hässliche alte Frau. Auch wenn andere Menschen mir Komplimente machen, ich kann sie nicht glauben und finde mich hässlich im Spiegel.
Depressionen können in jedem Alter beginnen. Wenn sie rechtzeitig erkannt werden, besteht eine Heilungschance. Ich bekomme oft den Satz zu hören, stelle dich nicht so an und gib dir einfach mehr Mühe! Andere schaffen das auch!
Seit ich eine Selbsthilfegruppe kennenlernen durfte, hat sich vieles getan in meinem Leben. Im letzten Jahr war es ja auch nicht so rosig bei mir. Nachdem meine „Schwestern“ mich angelogen haben wegen der Schwangerschaft einer meiner Töchter, habe ich mich erstmal wieder in mein Schneckenhaus verkrochen. Eingeigelt sozusagen.
Kurze Rückschau: Ich kam aus einem anderen Bundesland hierher und war seitdem gut 600 km von meiner „Familie“ entfernt. Die Kinder konnten nicht plötzlich vor meiner Tür stehen und die Hand für Geld aufhalten mit den Worten: Du bekommst es ganz bestimmt zurück, Mama, versprochen!!!! Nun ja. Mit der Rückzahlung habe ich sowieso nicht gerechnet. Diese Möglichkeit stand für meine ERWACHSENEN Kinder also nicht mehr zur Debatte. Jeder von ihnen hat einen Job und somit Einkommen. Nicht falsch verstehen!!! Ich habe immer gerne gegeben, wenn ich konnte. Auch, wenn ich mich dann noch mehr einschränken musste. Kein Problem. Meine „Schwestern“ haben schon immer dagegen geschossen. Auch kein Problem. Wenn „die Eine“ anrief und in der Gaststätte Hilfe brauchte, bin ich halt nach meiner regulären Arbeit hingefahren und hab geholfen. Macht man ja so in der „Familie“ und wurde mir auch so „reingeprügelt“. „Es sind deine Schwestern, du bist die Älteste, kümmere dich um sie!!!“ Auch kein Problem. Ein eigenes Leben hatte ich nie. Auch das kein allzu großes Problem. Bis zu dem Tag, an dem ich weggezogen bin. Wir hatten vorher ALLE ZUSAMMEN einen echt schönen Nachmittag und ich hatte mich schon gefreut, dass wir uns im Guten getrennt haben.......Pustekuchen. Sobald ich die Stadtgrenzen hinter mir gelassen hatte, hatte ich keine Familie mehr. Meine Nachrichten wurden nicht mehr beantwortet, telefonisch habe ich auch niemanden erreichen können; und wenn, wurde ich ganz fix abgewürgt. Da wird man schon stutzig. Zuerst schob ich es darauf, dass sie traurig sind, weil ich nicht mehr in der Nähe bin. Nach einem halben Jahr schob ich es darauf, dass sie sauer sind, weil ich gegangen bin. Nach einem Jahr sah ich, dass eine meiner Schwestern bei Facebook öffentlich unter einem echt süßen Strampler geschrieben hatte (mit namentlicher Erwähnung der Anderen): Guck mal, nehmen wir den in Hellblau oder doch lieber in Rosa? Die andere Schwester kommentierte mit: Das wissen wir erst am Donnerstag, da kommen die Bilder. Keine meiner Schwestern konnte aus gesundheitlichen Gründen ein Baby bekommen. Somit konnte nur eines meiner Kinder schwanger sein. Auf meine Nachfrage: Oh cool, ein Baby in der Familie, wer ist denn die glückliche Bald-Mama? ...war die Antwort: „DAS geht dich einen Scheißdreck an!!! DU hast deine Kinder und deine Familie in Stich gelassen!!!! DU hast hier gar nix mehr zu melden,
Verpiss dich aus unserem Leben! “Schluck, das hatte gesessen!! War ich wirklich so ein Monster, das seine Kinder und Schwestern alleine sitzen lässt und sich aus dem Staub macht? Die erwachsenen Kinder mit eigener Familie, die erwachsenen Schwestern mit eigener Familie? Himmel noch mal, ich habe einmal an MICH gedacht, habe einmal das getan, was ich für mich machen wollte. Zu meinem Freund ziehen, damit ich Wochenende nicht immer hunderte Kilometer fahren muss. War wohl ein Fehler. Wie ich von meiner Ex-Schwägerin erfahren habe, hat meine älteste Tochter 4 Tage vor meinem Geburtstag eine Tochter geboren. Mama und Kind geht es gut! Das ist die Hauptsache. Nachdem ich meiner Tochter gratuliert und ihnen alles Glück gewünscht habe, kam auch darauf keine Antwort. Also musste ich mich damit abfinden. Das war vor einem Jahr. Vor 3 Wochen habe ich von meiner Schwester ein süßes Bildchen bekommen mit einem knuffigen Hund und ganz vielen Herzchen... sofort danach kam die Nachricht: Entschuldigung, das war falsch, wird nie wieder vorkommen! Wie bitte???? Nach dem Nervenzusammenbruch habe ich mich durchgerungen, alles von meiner ehemaligen Familie zu löschen. Die Bilder, die ich von den Kindern hatte, habe ich zu meiner „Schwester“ geschickt. Absenderadresse habe ich keine aufgeschrieben, die interessiert niemanden. Dann habe ich nur noch geheult. Ich glaube, ich bin jetzt sozusagen „verwaist“. Mein Lebensgefährte ist mir nicht wirklich eine Hilfe, damit kann er nicht umgehen. Kein Problem. Ich mache es mit mir selbst aus. Ich bin auch heute noch, einfach durch den Wind. Sie sind immer noch da, die Depressionen. Mal mehr, mal weniger stark. Allerdings nicht mehr so extrem, um mit dem Gedanken zu spielen, mich umzubringen.
Eine Zeit lang haben wir die verschiedensten Medikationen getestet, aber nicht das richtige für mich gefunden. Es gibt Menschen, bei denen klappt es sehr schnell mit der Zusammenstellung; es gibt Menschen, bei denen dauert es etwas länger. Bei ganz wenigen ist man ewig auf der Suche. Ich gehöre zur letzten Gruppe. Die Tabletten und die Gesprächstherapie waren sehr wichtig!
Bitte, bitte lasst euch helfen!!!
Allein kann man aus diesem Teufelskreis nicht herausfinden!!!
Bei mir war es leider so, dass mein Psychologe nach 10 Jahren verstarb und seine „Nachfolgerin“ bei unserem ersten Kontakt innerhalb von 10 Minuten feststellte, dass ich keine Depression habe und mich ohne Medikamente aus der Praxis komplimentierte. Bitte, bitte, sucht euch in dem Fall (wenn es denn so kommen sollte) ganz schnell eine andere Praxis!!! Die Medikamente dürfen nicht einfach so abgesetzt, sondern müssen ausgeschlichen werden!!!! In dem ersten Jahr hatte ich Suizidgedanken ohne Ende. Da hat mir glücklicherweise der Stress mit Job, Familie und pendeln zwischen 2 Bundesländern geholfen. Bitte, lasst euch helfen!!! Ich war seitdem bei keinem Psychologen mehr. Ich kämpfe jeden Tag gegen meine Dämonen! Es ist schwer, so verdammt schwer!!! Aber auch bei mir gibt es gute Tage! Ich habe Freunde!!! Und ich liebe jeden Einzelnen! Egal, ob Männchen oder Weibchen!!! Sie haben mir so oft den Arsch gerettet, ohne es zu wissen! Mein Leben lässt sich ganz leicht mit lieben Worten, Umarmungen, gaaaanz viel Kaffee, Horrorfilmen, Musik und gutem Essen retten. Und mit verdammt guten Gesprächen!!! *hüstel ... Manchmal auch mit einem symbolischen Tritt in den Allerwertesten.
Mein Psychologe hatte die passende Erklärung für meine Vorliebe zu Horrorfilmen. Da man ja nicht jeden Menschen, der einen verletzt hat, umbringen kann, machen es die Filme für einen. Man stellt sich einfach die entsprechende Person vor.
Ich finde zurück ins Leben!!!! Es ist nur sehr schwer. Ich kann mich kindisch über Kleinigkeiten freuen: Sonne, Regen, Schnee, Blumen, wenn mir jemand etwas Nettes sagt, so viele Kleinigkeiten, die das Leben wieder ins rechte Lot rücken können!!! Das war mir lange Zeit nicht möglich. Ein Tipp für die Angehörigen und Freunde von Depressiven: Bitte nervt nicht mit Sätzen wie: „Geh doch raus, die Sonne scheint!“ oder: „Streng dich an, gib dir Mühe, räum doch endlich mal auf!!!“ und dergleichen. Damit werden wir immer wieder daran erinnert, wozu wir gerade nicht in der Lage sind. Hilfreicher wäre es, wenn ihr bei einem Besuch bei uns Blumen und eine Vase mitbringt und beim Verlassen der Wohnung den vollen Müllsack mit nach draußen nehmt, ohne uns darauf hinzuweisen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr uns das hilft und wie dankbar wir dafür sind!
Rosi ist gerade erst wieder umgezogen, um ihr Leben erneut zu ordnen. Aber sie fühlt sich endlich verstanden. Sie hat einen neuen Freund, mit dem sie wieder eine Fernbeziehung führt. Sie hat entschieden, ganz von vorne anzufangen, um ihr Glück zu finden. Sie ist inzwischen auf einem guten Weg der Besserung. Mit der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit hat sie längst begonnen. Sie hat dadurch einen Weg gefunden, mit ihrer Vergangenheit ins Reine zu kommen und hat Frieden mit sich selbst und der schrecklichen vergangenen Zeit gefunden. Sie hat außerdem gelernt „nein“ zu sagen und es geht ihr sehr gut damit. Der Weg ist zwar weiter noch sehr lang und sicher nicht immer einfach. Da sie aber keine Lust mehr hat, ständig mit ihren Depressionen zu „leben“, hat sie sich entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen und es geht ihr von Tag zu Tag ein bisschen besser.
Asmodina Tear, 36 Jahre
Mein Bericht zum Thema Mobbing. Mobbing stahl mir meine Jugend sowie einen Teil meiner Kindheit. Aus diesem Grund sortiere ich die einzelnen Abschnitte nach Alter.
0 -5 Jahre
Wie kann man ein Baby mobben, fragt ihr euch. Der Grund ist einfach: Ich bin anders. Schon seit meinem ersten Schrei. Ich bin nicht nur, infolge einer Frühgeburt, mit einer spastischen Lähmung geboren, sondern auch ein Adoptivkind. Jenes sorgte in dem kleinen Dorf, in dem ich bis heute lebe, für Gesprächsstoff. Außerdem wuchs ich in dem Bewusstsein auf, anders als die anderen zu sein. Die Kinder und sogar die Erzieherin unterstrichen dies noch, indem sie mich als Störfaktor sahen, und Experten hinzuzogen, welche meinen Eltern Ratschläge geben wollten. Zum Glück hörten sie nicht, die Therapien waren mühsam genug.
6- 10 Jahre
Ich komme auf eine Schule für körperliche behinderte Kinder. Dort bin ich unterfordert, aber glücklich. Zwar mag nicht jeder jeden, aber wir halten zusammen. Einfach, weil jeder behindert und anders ist. Doch leider bin ich zu intelligent und gegen meinen Willen wird eine normale Schule empfohlen. Der Wechsel reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Mir scheint es, als würde ich in einer komplett fremden Welt landen. Auf einmal bin ich nicht mehr „beliebt“, sondern wieder „anders.“ So sehen die anderen Kinder mich, auch wenn es fast niemand wagt, laut auszuspüren. Jedoch kommt es nach der Schule zu verletzten Aussagen und kleineren Angriffen. Es wird von mir verlangt, mich den normalen Kindern unterzuordnen. Warum ausgerechnet mir diese Rolle zugedacht wurde, verstehe ich bis heute nicht.
11-15 Jahre.
Nicht nur der Wechsel auf die Orientierungsstufe steht an, sondern auch die Pubertät. Meine Schwärmerei für einen Star verwirrt mich und ich ziehe mich zurück. Da die anderen meinen Geschmack nicht teilen, lachen sie mich aus. Außerdem wird eine schwere Hautkrankheit festgestellt, die für ein junges Mädchen sehr unangenehm ist. Da sie selten und unheilbar ist, folgt ein Ärzte-Marathon. Mit elf stehe ich auf der Brücke, will springen, gehe aber zurück. Meine Liebe zur klassischen Literatur, ich lese Bücher für Erwachsene und werde damit endgültig zum Außenseiter. Verbale und körperliche Attacken sind die Folge. Überall. Ob in der Schule oder im Konfirmanden-Unterricht. Nie habe ich meine Ruhe. Mein Übergewicht ist ein zusätzlicher Punkt. Mir wird beigebracht, mich selbst zu verachten.
15- 20 Jahre
Auf dem privaten Gymnasium habe ich zunächst Frieden. Doch als meine erste große Liebe schiefgeht, beginnt das Mobbing von Neuem. Keiner unternimmt etwas, ich bin allein und bekomme jeden Tag vermittelt, dass es ok ist, mir wehzutun. Aus Verzweiflung und Druck fange ich an, mir die Arme zu zerkratzen, was die Vermutung nahelegt, dass ich krank sei. Als ich mich dann auch noch mit einem Goth-Pärchen anfreunde und in die Szene kommt, vermutet man eine psychische Krankheit. Gegen meinen Willen werde ich zum Psychiater geschleift und soll dort normalisiert werden. Ich will aber nicht und sträube mich. Der Druck kostet Kraft, ich bin chronisch fertig und nach wie vor vogelfrei. Man versucht, mir den Umhang anzuzünden, unternommen wird nichts.
Nach meinem erweiterten Realschulabschluss stehe ich vor dem Nichts. Das Mobbing in der Schule ist vorbei. Dafür machen Eltern und Arbeitsamt weiter. Letzteres erwischt mich in Gothic Klamotten und will mich in eine psychiatrisch betreute Maßnahme stecken. Ich bin aber nicht krank… verdammt noch mal. Die Festivals sind mein Ausgleich.
20-25 Jahre
Ausbildung im Büro. Ich will nicht, aber ich beuge mich dem Willen meiner Eltern. Eine schreckliche Zeit, weil ich wieder gemobbt werde. Wieder bin ich anders, nur mein Ausbilder steht hinter mir und wünscht mir viel Spaß bei den Konzerten. Sie geben mir Halt, sonst hätte ich die Prüfung nicht geschafft.
25-30 Jahre
Zum Glück muss ich nicht mehr ins Büro, auch wenn die Eltern Druck machen. Aber das ist mein Job… niemals. Langsam beginnen die Narben zu heilen. Ich fange an, Sprachen zu lernen, und schaffe es sogar, 2015 mein erstes Buch zu veröffentlichen. Aber zu Ehrgeiz und Erfolg kamen auch die Neider und ich musste verdammt aufpassen, wem ich vertraue. Eine hässliche Trennung und Gerüchte machten mir das Leben schwer.
30-35 Jahre.
Mittlerweile gehöre ich zu denen, welche ihren Traum leben. Ich bin Autorin und ich denke, der Rest wird sich auch noch klären. Aber die Neider sind noch immer da und versuchen, mich zu stürzen. Über den Grund kann ich nur mutmaßen. Wahrscheinlich, weil es ihnen selbst nicht gut geht. Nur frage ich mich, wird die eigene Situation besser, wenn man andere niedermacht?
Asmodina schreibt heute Bücher und hat ihre Erfüllung gefunden.
Svenja, 48 Jahre
Eine Welt brach für mich zusammen. Es war wie ein Kartenhaus, aus dem man eine Karte herauszog. Es fiel in sich zusammen. Nichts passte mehr. Ich wollte eigentlich nicht mehr so weiterleben. Alles fing damit an, dass ich mich in meiner Ehe erdrückt fühlte. Es war nur noch eine Zweckgemeinschaft. Ich bekam in dieser Ehe keine Luft mehr. Alles was wir uns erschaffen hatte und mich damals glücklich stimmte, passte auf einmal nicht mehr zu mir. Ich wollte raus aus meinem goldenen Käfig. Ich wollte frei sein. Aber wie sollte ich das machen mit zwei kleinen Kindern? Unser Haus war noch nicht abbezahlt. Alles schien unmöglich. Irgendwann, viele Jahre später wagte ich doch diesen Schritt. Anfangs fühlte es sich gut an, richtig befreiend. Dann aber fehlte mir etwas. Freiheiten hatte ich jetzt, aber niemand hatte Zeit für mich. Alle Freundinnen waren an den Wochenenden mit ihren Ehemännern beschäftigt und ich musste zu Hause bei meinen Kindern bleiben. Ich war einsam, trotz meiner Kinder. Aber warum beschwerte ich mich. Ich wollte es doch so. Ich wurde depressiv, machte mir selbst Vorwürfe meine Ehe zerstört zu haben. Meine Lebensfreude war weg. Ich hatte mir selbst die Füße vom Boden gezogen. In meiner Kindheit fing es an, dass ich mich oftmals so fühlte, als würde ich nicht zu meiner Familie gehören. Als wäre ich nicht gut genug. Mir wurde immer zu wenig zugetraut. Ich hatte das Gefühl minderwertig zu sein. Dieses Gefühl hatte ich auch weiter in meinem Berufsleben. Mir wurde nie etwas zugetraut. Oder war es mein eigenes Gefühl? Ich hatte das, was ich als Kind schon vermittelt bekommen habe weiter mit in mein Leben genommen. Es passierten automatisch Fehler. Es waren Leichtsinnsfehler, weil ich mich nicht richtig konzentrieren konnte. Ich hielt mich selbst für einen wenig intelligenten Menschen. Aber all das wollte ich nicht mehr länger sein. Aber wie kommt man raus aus dieser Spirale? Wie soll man seine Einstellung ändern? Wie kann man an sich selbst glauben? Wie soll man sich plötzlich etwas zutrauen. Nach meiner Trennung musste ich erst einmal mein Leben neu ordnen. Ich musste einen Weg finden, um glücklich zu werden. Ich suchte mir zuerst einen neuen Job. Es war nicht einfach mit zwei kleinen Kindern und einem Job. Anfangs nahm ich leichte Stimmungsaufheller und Schlafmittel. Ich griff immer öfter zu Alkohol und Zigaretten. Irgendwann erwischte ich mich, wie ich mich selbst über mich erschrocken habe. Das war doch nicht mehr ich. Wie konnte aus einer lustigen und fröhlichen Frau, ein Mensch werden, der überhaupt keinen Spaß mehr am Leben hatte? Ich nahm mir vor mir zu ändern, auch wegen meinen Kindern. Ich wollte ihnen ein gutes Vorbild sein. Ich fing an mit Sport und suchte mir einen neuen Freundeskreis. Irgendwann wurde es besser. Ich hatte wieder Spaß an Leben, konnte wieder lachen. Die Stimmungsaufheller brauchte ich nicht mehr. Dann lernte ich einen Mann kennen. In meiner schlechten Phase hätte ich ihn nie kennen lernen können. Er wäre erschrocken und ich hätte ihn schlichtweg übersehen. Heute bin ich glücklich. ich habe den Weg gewählt mich selbst aus meinem eigenen Gefängnis zu befreien. Die Gedanken waren mein persönlicher Knast. Zu einem Psychologen musste ich nicht gehen. Na ja, vielleicht hätte ich Hilfe gebraucht. Aber ich hatte auch gar keine Zeit gehabt. Irgendwann merkte ich, dass ich mich ganz allein in diese Lage gebracht habe, also musste ich mich auch wieder ganz alleine aus dieser Lage befreien. Ich habe eine Depression nur leicht angekratzt. Ich hatte Glück, dass ich es frühzeitig erkannt habe. Aber diese Hilflosigkeit, die ich dabei gefühlt habe, werde ich niemals vergessen. Dieser Druck auf der Brust, dieses schwere Gefühl. Die Nebelschwaden um mich herum. Das Bedürfnis nur schlafen zu wollen, immer müde zu sein ohne Power und Antrieb. Bevor ich mit dem Sport anfing, nahm ich immer weiter zu. Ich hatte keine Kraft. Ich hasste meinen Job, meine Kollegen und meinen Chef. Es wurde Zeit etwas zu ändern. Ich musste ausmisten. Alles was sich nicht mehr gut anfühle wegwerfen. Darunter fielen auch einige Freundschaften. Freunde, die mir Vorwürfe machten, dass ich selbst schuld war, dass ich so unglücklich war. Denn ich war es, die meine Ehe beendete. Sie hatten keine Zeit, wenn ich sie brauchte. Freunde sind wichtig. In so einer schweren Zeit erkennt man, wer wirklich deine Freunde sind. Wer für dich da ist und dir zuhört, wenn du reden möchtest. Irgendwann habe ich das alles erkannt. Ich bin froh darüber, dass ich jetzt richtige Freunde habe. Ein paar Freunde von damals sind mir noch geblieben. Schließt sich eine Türe, so öffnet sich eine neue. Es gibt den Zug des Lebens, da springen immer neue Menschen in den Zug. Einige verlassen den Zug wieder und wenige bleiben für immer. Das ist das Leben. Ich mache mir heute keine Gedanken mehr, wer zu mir passt und wer nicht. Ich bin wie ich bin. Ich möchte mich nicht mehr verstellen und verbiegen. Entweder mag man mich oder nicht. Mein Job macht mir inzwischen auch Spaß. Ich habe gekündigt und einfach etwas neues riskiert. Ich fühle mich pudelwohl und traue mir inzwischen einiges zu. Es hilft, denn ich bin inzwischen erfolgreich. Ich bin glücklich und endlich angekommen. Ich bin in meiner Mitte.
Alle Berichte sind sehr unterschiedlich, da Depressionen und Burn-out einfach viele verschiedene Auslöser haben kann. Dadurch, dass sie für sich ihren eigenen Weg gefunden haben, mit dieser Krankheit umzugehen, sind sie heute wieder glücklich. Alle vier Frauen haben über ihr persönliches Schicksal gesprochen. Reden hilft. Nur so kann man die notwendige Hilfe bekommen.