Читать книгу Den Pferden zuhören - Tanja von Salzen-Märkert - Страница 9
Den Alltag hinter sich lassen
ОглавлениеStellen oder setzen Sie sich am besten vor der Begegnung mit Ihrem Pferd eine Weile an einen Ort, an dem Sie gut zu sich kommen können. Das kann drinnen oder draußen sein, noch zu Hause, auf der Arbeit oder schon beim Pferd. Machen Sie sich bewusst, was JETZT IST, und dadurch wissen Sie auch, was JETZT NICHT IST. Wenn Sie beginnen, auf diese Art und Weise Ihren Alltag abzuschütteln, nehmen Sie Ihre Gedankenfülle als Anregung und als Information über sich selbst mit. Dann wissen Sie schon mal, ob Sie heute innerlich eher ruhig oder eher aufgewühlt sind, ob Ihre eigene Konzentrationsspanne heute taugt, um mit Ihrem Pferd inhaltlich größere Themen anzusteuern, oder ob Sie klugerweise davon heute Abstand nehmen sollten, weil vielleicht SIE diejenige/derjenige sind, die/der sich nicht sammeln kann und vielleicht der Erholung bedarf. Sie wissen dann schon mal, was Sie selbst für Bedürfnisse haben, und haben den allerersten und wichtigsten Schritt schon hinter sich: Sie haben sich bemerkt und sich ernst genommen und Ihre Sinne können Sie nun nicht mehr so leicht trügen. Immer, wenn eine nicht zur Situation passende Emotion in Ihnen aufsteigt, wissen Sie von nun an: Das ist nur eine Erinnerung von gestern oder eine Sorge gegenüber morgen – und damit NICHT JETZT. Was haben Sie davon, dort tiefer einzusteigen? Nichts. Es bringt Sie nur aus dem JETZT. Es nimmt Ihnen die Offenheit für den Moment und nimmt Ihnen die Möglichkeit auf innere Freiheit, Erholung, Freude und Wunder. Wenn Sie dies verstanden haben, haben Sie die Basis hergestellt, um ungefärbt von Alltagsgeschichten Ihrem Pferd wahrhaftig begegnen und zuhören zu können.
Sich die Zeit und den Raum zu nehmen, im Hier und Jetzt anzukommen, schafft die Basis einer echten und freiwilligen Begegnung.
Dann bemerke ich manchmal, wie sich Gedanken in meinen Kopf hineinschummeln und Kreise ziehen. Schöne und auch nicht so schöne. Doch wenn ich versuche, meine Gedanken mit meinen Sinnen zu erfassen, dann scheitere ich, denn das sind ja eben nur Gedanken. Unsere Sinne können mit unseren Gedanken überhaupt nichts anfangen. Sie können sie nicht greifen und nicht begreifen. Ich vergleiche unsere Gedanken oft mit Seifenblasen, die ich als Kind zu fangen versuchte. Es ist schlichtweg unmöglich, und das Einzige, was bei dem Versuch immer größer wird, ist der Frust.
Bei meiner täglichen Übung versuche ich mich eine Weile an das zu halten, was wahrhaftig wahrnehmbar ist, und nutze meinen Körper dafür als Messinstrument. Das geht überall. Manchmal steigen Gedanken auf, die in meinem Körper einiges durcheinanderbringen. Dann wird mir plötzlich heiß oder kalt, ein Schauer läuft über den Rücken, irgendwo zwickt etwas oder Angst oder Wut steigen auf. Wenn Sie so etwas fühlen, können Sie sicher sein – Ihre Gedanken piesacken Sie gerade, um gesehen oder gehört zu werden. Aber mit JETZT und HIER hat das nichts zu tun! Die Gedanken, die Sie in eine Emotion lenken, sind nichts als alte Erinnerungen. Wirklich real ist nur, was Ihre Sinne berührt.