Читать книгу Fabeln und Parabeln - Tatjana Sindeeva-Burova - Страница 10

Der Truthahn prahlte vor der Pute…

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Den ganzen Tag prahlte ein Truthahn vor seiner Nachbarin, lief

wie ein vornehmer Herr, Mal schüttelte er mit den Federn… Mal

sträubte er das bunte Schwanzgefieder, seinen schweren Körper

aufblasend…

Mal schüttelte er vor ihren Augen mit seinem roten Bart, einen

durchdringenden Ton von sich gebend, Mal tanzte er ganz

komisch… als ob er einen Anfall hätte…

Die Pute schaute alle Konzerte schweigend an… sie hatte sich

schon an den komischen Nachbarn gewöhnt, sie beachtete ihn

nicht mehr… beschäftigte sich mit der Arbeit, die an der

Tagesordnung war…

Der Truthahn, die Gleichgültigkeit bemerkend, wollte mit der Pute

sprechen, wollte sie wissen lassen, dass es ihn nun in der Nähe

gab: «Nachbarin, schau mal, was für Federn ich habe!

Was für ein Schwanzgefieder, siehst du? Ich habe es den ganzen

Tag gekämmt und gewaschen… und mein Bart – schau, ist heller

wie die Sonne, und wie ich damit schütteln kann… Guck mal, das

ist ein Wunder!…

Wenn ich mit ihm schüttele, welche Töne ich von mir gebe! Und

meine Flügel, was für schöne Flügel… mit solchen Flügen bin ich

ein edler Truthahn!»

«Mit solchen Flügeln bist du wirklich ein edler Truthahn!

Und mit dem Bart schüttelst du, wie ein Ziegenbock…

Du hast das Schwanzgefieder ausgebreitet, versuchst den ganzen

Tag, mit ihm die Sonne in den Schatten zu stellen… der Frühling

hat dich stark beeinflusst!..

Nachbar, da du dich schon zur Schau vor mir stellst, zeigst du mir

vielleicht das Fliegen?

Das Fliegen der Seele… Zeig mir deinen Inhalt, dass ich deinen

Tanz des Lebens gerecht einschätzen kann…»


Der Truthahn wurde aufgeregt… vor Freude hatte er sogar den

Kopf verloren, das war’s… jetzt gehört sie mir, meine Nachbarin…

Was soll ich tun, wie kann ich mich im Fliegen zeigen? Was sagt sie

da? Ach, unwichtig, ich gehe fliegen!

Ich fliege hoch und zeige meinen tapferen Eifer! Vom Boden

fliegen kann ich wahrscheinlich nicht. Aber von einem Berg!

Vom Berg wird es leichter, ich nehme Anlauf und werde fliegen, da

überrasche ich aber die kluge Pute…

Und so lief der Truthahn an… ächzte, keuchte, kletterte auf den

Berg, aber er hatte nicht mehr die Kraft wie früher…

Er schlug mit den Flügeln, als ob er ein Adler im Himmel wäre…

und war kopfüber von dem Berg heruntergepurzelt, stachelige

Kletten mit seinem Bart gesammelt, und setzte sich auf seinen

dicken Hintern direkt vor die Nachbarin…


Wir schütteln… plustern uns voreinander auf… zeigen unseren

Körper und bunte Kleider…

Wir versuchen mit unserem Schauspiel… den Himmel… zu

überstrahlen… Wir haben es vollkommen vergessen, den Tanz der

Seele zu lernen…

2017


Fabeln und Parabeln

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