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Wie Sie Ihre optimale Zuglänge erreichen

Die meisten Schwimmer sind sich nicht bewusst, dass praktisch alles, was im Training passiert, einen Einfluss auf die Zuglänge hat – wie lang die Serien sind, die man schwimmt, oder wie viele Pausen man zwischen den einzelnen Wiederholungen macht. Und den größten Einfluss hat, mit welcher Intensität, also mit welchem Maß an Anstrengung, Sie schwimmen. In herkömmlichen Trainingsprogrammen orientiert sich die Bestimmung dieser Größen an generischen Formeln, die sich auf den Energieverbrauch der Muskeln beziehen. Bei Total Immersion hingegen betrachtet man bei der Trainingsgestaltung alles vornehmlich unter dem Gesichtspunkt, welchen Einfluss es auf die Zugeffizienz hat. Der Aufbau der körperlichen Fitness und Kraft wird nicht außer Acht gelassen, aber man konzentriert sich niemals exklusiv darauf.

Der Hauptunterschied zwischen Total Immersion und »traditionellem« Training besteht darin, dass man bei TI ständig die Zugzahl (also die Züge pro Länge, kurz ZpL) im Auge behält. Wenn Sie neue Fertigkeiten erlernen, gibt Ihnen das stetige Prüfen der Zugzahl einen Hinweis, ob Sie in alte Gewohnheiten zurückfallen und womöglich in Ihren Bemühungen, die Effizienz zu erhöhen, nachlassen. Wenn Sie nach den Leitlinien von TI trainieren möchten, bedeutet das für Sie, dass Sie anfangen müssen, a) immer die Anzahl der Züge zu zählen und b) diese Information zu nutzen, um Ihr Training sinnvoll zu gestalten (wie weit und wie schnell Sie schwimmen, wie viele Pausen Sie machen etc.).

Als TI-Schwimmer bestimmen Sie jeweils im Voraus für jede Länge die Zugzahl, die Sie möglichst schwimmen wollen. Vielleicht erreichen Sie die gewünschte Zugzahl nicht immer, aber das ist nicht schlimm. Denn in diesem Fall können Sie womöglich etwas Wichtiges lernen, indem Sie hinterfragen und bewerten, was nicht gut genug gelaufen ist. Das ist der Schlüssel, um mit jeder Länge, die Sie im Training schwimmen, die Kontrolle und Konsistenz Ihres Schwimmstils weiter zu verbessern.

Der größte Vorteil des kontinuierlichen Zügezählens ist, dass es Ihnen ein verlässliches Maß für die Effizienz liefert. Wenn Sie merken, dass Sie an Effizienz verlieren, können Sie die Distanzen der einzelnen Wiederholungen verkürzen, die Schwimmgeschwindigkeit drosseln, die Pausen ausdehnen … oder einfach eine Weile ruhig und entspannt schwimmen.

Wie aber zählen Sie am besten Ihre Züge? Am einfachsten ist es, wenn Sie beim Freistil- und Rückenschwimmen jedes Mal zählen, wenn Sie mit einer Hand eintauchen, und beim Schmetterlings- und Brustschwimmen, wenn Sie beide Arme nach vorne führen. Sie werden bald merken: Indem Sie zählen, wie viele Züge pro Länge Sie benötigen, schwimmen Sie viel bewusster. Schwimmen ohne ein Zählen der Züge ist hingegen wie Autofahren ohne Tachometer. Aus meiner langjährigen Erfahrung heraus kann ich sagen: Für die meisten Menschen – und speziell für alle unerfahreneren Schwimmer – ist die Zugzahl wichtiger als die geschwommene Zeit.

Was ist Ihr persönlicher Zugzahlbereich?

Jeder Schwimmer sollte mit seinem optimalen persönlichen Zugzahlbereich für unterschiedliche Situationen vertraut sein. Der wichtigste Faktor für die Bestimmung dieses individuellen Effizienzbereichs ist dabei die Körpergröße. Eliteschwimmer legen im Freistil pro Zug zwischen 55 und 70 Prozent ihrer Körpergröße zurück.

Das Diagramm auf der folgenden Seite liefert Ihnen für das Freistilschwimmen die empfohlenen Zugzahlbereiche in einem 25-Meter-Becken. Dabei sind die Werte jeweils in Abhängigkeit von der jeweiligen Körpergröße angegeben: Der untere Wert entspricht einer Zuglänge von ca. 70 Prozent der Körpergröße, der obere von ca. 55 Prozent.

Ein Schwimmer von 1,50 Meter Größe sollte also im 25-Meter-Becken im Zugzahlbereich von 19 bis 24 Zügen pro Länge (ZpL) bleiben. Für einen 2,00 Meter großen Schwimmer liegt der Bereich zwischen 14 und 18 ZpL. Damit legt man jeweils 20 Meter zurück, d.h. die ersten fünf Meter werden durch Abstoßen und Beinschlag unter Wasser überwunden.


Versuchen Sie, die untere Zugzahl zu erreichen, wenn Sie locker schwimmen und an der Zugeffizienz arbeiten, und die obere, wenn Sie die Geschwindigkeit erhöhen wollen. Wenn Sie Ihre Ausdauer trainieren oder eine bestimmte Geschwindigkeit halten wollen, sollten Sie jeweils darauf achten, dass die Zugzahl während einer kompletten Serie innerhalb einer Bandbreite von drei Zügen bleibt. Wenn Sie also zum Beispiel mit 17 ZpL beginnen, sollten Sie es sich zum Ziel setzen, bis zum Ende der Serie auf keiner Länge mehr als 19 Züge zu benötigen.

Halten Sie sich an diese Tabelle und zählen Sie Ihre Züge regelmäßig. Dann haben Sie die nötige Information, um Ihr Training zu optimieren: Wenn sich die Zugzahl vergrößert, sobald Sie über längere Distanzen oder schneller schwimmen, sollten Sie sich sofort fragen, ob dies der richtige Weg ist, und versuchen, die entsprechende Serie das nächste Mal effizienter zu gestalten. In jedem Fall gilt: Indem Sie kontinuierlich die Anzahl der Züge zählen, haben Sie auf jeder Länge ein Ziel und Sie schwimmen bewusster.

Meine persönliche Freistil-Zugzahl im 25-Meter-Becken liegt laut dem obigen Kurvendiagramm zwischen 15 und 19 Zügen. Wenn ich möchte, gelingt es mir, die Zugzahl zu Beginn einer Serie auch auf 13 oder 14 Züge zu reduzieren. Aber ich muss schon sehr aufmerksam, bewusst und locker schwimmen, um das zu erreichen. Wenn ich mich zwinge, auf Dauer bzw. bei längeren Wiederholungen mit einer so geringen Zugzahl zu schwimmen, leidet auch bei mir irgendwann die Geschmeidigkeit und Gleichmäßigkeit meiner Züge. Es ist auch nicht gut, mit einer künstlich tiefen Zugzahl schnell schwimmen zu wollen. In der Regel verbraucht man so mehr Energie, als man dauerhaft einsetzen kann.

Am oberen Ende des Spektrums versuche ich, die 19 Züge wirklich nur für die schnellsten Längen zu verwenden. Wenn ich für meine Lieblingsdistanzen (1.500 bis 3.000 Meter im Freiwasser) trainiere und dabei eine schnelle Grundgeschwindigkeit erreichen möchte, plane ich das Training so, dass ich mit einer bestimmten Zugzahl beginne und diese auf der zweiten Hälfte der Strecke um ein bis zwei ZpL erhöhe, um sie auf diese Weise mit höherer Geschwindigkeit zu beenden.

Sie können sich auch bei den anderen drei Lagen an Ihrem persönlichen Zugzahlbereich für das Freistilschwimmen (bei mir 15 bis 19 ZpL) orientieren. Beim Rückenschwimmen räume ich mir einen oder zwei zusätzliche Züge pro Länge ein (17 bis 21 ZpL). Beim Brustschwimmen versuche ich, halb so viele Züge zu benötigen wie bei der Rückenlage (8 bis 10 ZpL), und beim Schmetterlingsschwimmen nutze ich die obere Grenze des Zugzahlbereichs im Brustschwimmen als Vorgabe (10 ZpL).

Die Zugzahlen fallen in den beiden Lagen Brust und Schmetterling kleiner aus, weil Sie hier mit beiden Armen gleichzeitig ziehen. Der Rhythmus ist beim Schmetterlingsschwimmen so wichtig, dass es hier schwierig ist, die Zugzahl zu variieren und trotzdem effizient zu bleiben. Darauf werde ich in den Kapiteln zu den einzelnen Lagen noch im Detail eingehen.

Was, wenn das Reduzieren der Zugzahl Sie langsamer macht?

Wenn Sie bisher über Monate oder Jahre mit einer höheren Zugzahl als der empfohlenen geschwommen sind, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie durch das Reduzieren der Zugzahl langsamer werden, zumindest am Anfang. Vorsicht: Wenn Sie sich in dieser Situation nun zu stark darauf konzentrieren, die Geschwindigkeit wieder zu erhöhen, werden Sie vermutlich tatsächlich vorübergehend schneller, aber es wird Sie auch schnell erschöpfen. Zudem erhöht sich so auch das Verletzungsrisiko.

Ich rate Ihnen deshalb dringend, zunächst mit geringeren Geschwindigkeiten zu beginnen und sich dabei voll und ganz auf die Effizienz Ihrer Schwimmtechnik zu konzentrieren. So schaffen Sie die Grundlage, um langfristig Ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. Unterschätzen Sie aber nicht, wie anspruchsvoll ein solches Training ist: Kontinuierlich jenes Maß an Achtsamkeit und Disziplin aufzubringen, um eine längere Distanz (200 bis 800 Meter) oder eine längere Serie von 100-Meter-Wiederholungen mit einer tiefen Zugzahl zu schwimmen, kann Sie genauso fordern wie das schnelle Schwimmen mit einer hohen Zugzahl.

Um eine Zugfrequenz von 16 Zügen pro Länge über Distanzen von 500 oder 800 Metern aufrechtzuerhalten, muss ich jede Wende, jedes Abstoßen, jeden Atemzug und jeden Armzug genau richtig machen, sonst kann ich die vorgegebene ZpL nicht erreichen. Diese Art des Trainings hat viele Vorteile:

1. Es fördert die Konzentration – denn sobald Sie in der Konzentration nachlassen, verlieren Sie gleich an Effizienz.

2. Es prägt die effizienten Bewegungsmuster in Ihrem Nervensystem ein.

3. Wenn Sie 25 Minuten oder länger auf diese Weise trainieren, verbessern Sie Ihre Fitness nicht nur allgemein, sondern stilspezifisch. Mit Hilfe längerer Serien, die Sie mit einer ZpL nahe am unteren Ende Ihres individuellen Zugzahlbereichs schwimmen, stärken Sie die Kreislaufkapazität genau derjenigen Muskeln, die benötigt werden, um effiziente Schwimmbewegungen umzusetzen.

4. Schließlich entscheidet – wie ich bereits in Kapitel 4 dargelegt habe – insbesondere am Ende eines Rennens die kleinere Zugzahl häufig über Sieg oder Niederlage. Deshalb ist der kontinuierliche Fokus auf die Zugzahl schon im Training die Grundlage für dauerhafte Effizienz im Wettkampf.

Wie ich die ZpL nutze, um mein schwimmerisches Potenzial auszuschöpfen

Sobald Sie erst mal die Basis für effizientes Schwimmen gelegt haben, können Sie die ZpL in Ihrem Training immer mal wieder bewusst erhöhen, um schneller zu schwimmen – und vor allem, um zu üben, wie Sie dies auf effiziente Weise bewerkstelligen können. Ich gehe dabei wie folgt vor:

Ich schwimme etwa acht Monate pro Jahr mit Zugzahlen zwischen 15 und 17. Das begrenzt die Geschwindigkeit, die ich beim Schwimmen erreichen kann. Aber das macht nichts. Ein oder zwei Mal pro Woche versuche ich, mit wenigen Zügen möglichst schnell zu schwimmen. Diese ausgedehnten Trainingsphasen mit geringer ZpL verankern effizientes Schwimmen als eine starke Gewohnheit.
In den vier Monaten im Sommer, wenn ich viel im Freiwasser schwimme, also in Seen, Flüssen oder im Meer, absolviere ich mehr Serien mit höheren Zugzahlen und Herzfrequenzen. Dabei erlaube ich mir 17 bis 19 Züge pro Länge. Auf diese Weise werde ich deutlich schneller, fühle mich aber immer noch wohl und kann kontrolliert schwimmen.
Wenn ich die Zugzahl im Training erhöhe, versuche ich, die Bewegungen weiterhin sehr geschmeidig zu halten. Ineffiziente Schwimmer können nur schneller werden, indem sie sich stärker anstrengen. Ich hingegen kann meine Geschwindigkeit ohne große zusätzliche Anstrengung erhöhen, indem ich einfach die Zugzahl von 16 auf 17, 18 oder 19 Züge erhöhe. Das Augenmerk liegt darauf, die Geschwindigkeit zu erhöhen, indem ich den zeitlichen Ablauf meiner Züge ändere, und nicht durch größeren körperlichen Einsatz.
Indem ich so trainiere, kann ich bei Freiwasserschwimmen mit anderen Athleten mithalten, die 20 oder 30 Jahre jünger sind als ich.

Zusammengefasst heißt das: Schwimmen Sie keinen Zug gedankenlos. Achten Sie immer auf Ihre Zugzahl und versuchen Sie, bei jedem Zug so effizient wie möglich zu schwimmen. Wählen Sie die Zugzahl, die Sie anstreben, stets mit Bedacht (siehe dazu die Anleitung auf der folgenden Seite).

Die Zugzahl sinnvoll auswählen

Hier ein paar einfache Regeln, die Sie im Hinterkopf behalten sollten, um mit weniger Zügen besser zu schwimmen.

Schwimmen mit Ihrer kleinsten Zugzahl sollte:

sich fast mühelos anfühlen,
geschmeidig und ruhig sein,
mit einem lockeren Beinschlag ausgeführt werden.

Dennoch sollte es einiges an Konzentration und Aufmerksamkeit erfordern, diese Zugzahl über mehr als eine oder zwei Bahnen beizubehalten.

Wenn Sie am unteren Ende Ihres Zugzahlbereiches schwimmen, hat dies viele Vorteile:

Längere Züge werden zur Gewohnheit.
Es trägt dazu bei, auch bei höheren Geschwindigkeiten effizient zu bleiben.
Es hilft, über längere Distanzen effizient zu bleiben.

Wenn Sie die Zugzahl erhöhen, um schneller zu schwimmen, sollte es so sein, dass Sie:

weiterhin kontrolliert und geschmeidig schwimmen.
die Geschwindigkeit mit einem geringfügigen Mehr an körperlichem Einsatz erhöhen können.
die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, flott und zügig zu schwimmen (und sich dabei noch geschmeidig und ruhig zu bewegen), ohne an Ihre körperlichen Grenzen gehen zu müssen.
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