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Von frustrierenden Erfahrungen zu kontinuierlicher Verbesserung

Der Begriff Kaizen steht im Japanischen für »kontinuierliche Verbesserung«. Er wurde zuerst in den internationalen Sprachgebrauch übernommen, um Effizienzsteigerungen durch den Einsatz statistischer Analysen in Produktionsprozessen zu beschreiben. Als ich zum ersten Mal davon hörte, dachte ich, dass man diese Philosophie, dass Verbesserung ein fortwährender Prozess ist und nie endet, auch auf das Schwimmen übertragen sollte.

Wie ich in diesem Buch ausführen werde, sollte es tatsächlich jedem Schwimmer möglich sein, seine Fertigkeiten und sein Können nach und nach kontinuierlich zu verbessern – selbst noch nach Jahren und Jahrzehnten. In der Praxis jedoch sind andere Dinge leider viel häufiger anzutreffen: Frustration und Stagnation. Es ist ein weitverbreitetes Phänomen unter Schwimmern, dass sie sich trotz großen Trainingsaufwands nicht verbessern oder nur geringfügig steigern können.

Das Schwimmen liegt uns halt nicht in den Genen. Im Gegensatz dazu können die meisten von uns mit ein wenig Aufwand lernen, effizient und ökonomisch zu laufen, indem wir einfach das tun, was uns natürlich erscheint. Denn als Landsportart ist das Laufen für uns Menschen eine ganz natürliche und geradezu ureigene Tätigkeit. Anders ist es beim Schwimmen. Um über ein rudimentäres Niveau hinauszukommen und uns eine effiziente Fortbewegungsweise im Wasser anzueignen, brauchen wir die Anleitung von Experten. Diese Möglichkeit aber fehlt den meisten von uns.

All jene, denen nie gezeigt und beigebracht wurde, wie sie sich als Schwimmer wirklich ökonomisch fortbewegen, kämpfen in aller Regel mit einer ganzen Reihe typischer frustrierender Erfahrungen:

Athleten, die mühelos kilometerweit laufen können, kommen nach einer Länge im Schwimmbad völlig ausgepumpt auf der anderen Seite an und fragen sich, ob es fürs Schwimmen eine spezielle Art der Ausdauer braucht. (Die braucht es nicht!)
Erfahrene Schwimmer, die einen Kilometer oder mehr schwimmen können, trainieren jahrelang und verbessern sich dennoch nur wenig oder gar nicht. Und wenn sie um Hilfe bitten, erhalten sie Ratschläge, die sie kaum umsetzen können und die ihnen somit kaum helfen.
Viele Wettkampfschwimmer verlieren die Lust am Schwimmen, wenn sie sich vom Wettkampfsport zurückziehen. Wenn die Trainer glauben, dass man sein Bestes nur erreichen kann, indem man bis zur Erschöpfung trainiert, entwickelt sich das Schwimmen früher oder später von einem unbekümmerten Spiel zu einer mühsamen Routine. Auch mir ist es so ergangen. Als Folge davon bin ich zwischen meinem 20. und 40. Lebensjahr kaum noch aktiv geschwommen.

Als Schulkind spielte ich in den Ferien jeden Morgen Ball, und am Nachmittag »spielte« ich im Schwimmbad. Ich lernte die »Schwerelosigkeit« im Wasser zu erleben, und es war mir egal, ob ich schnell war oder fit wurde. Ich habe einfach spontan gelernt, mich durchs Wasser zu bewegen. Ich war vielleicht nicht effizient, was meine Bewegungsabläufe betraf, aber allein die Tatsache, dass ich lernte, mich im Wasser sicher und wohl zu fühlen, war bereits eine außerordentlich wertvolle Erfahrung.

Mit 15 Jahren trat ich einem Schwimmteam bei und begann, schneller und härter zu trainieren. Ich liebte das Training und die Wettkämpfe – und das tue ich auch heute, viele Jahrzehnte später, noch immer –, aber ich verlor damals nach und nach den Spaß am früher sorglosen Spiel im Wasser. Die Zeit, in der ich mich steigern konnte, war kurz und flüchtig: Zwischen 15 und 18 verbesserte ich mich, aber dann stagnierte ich, obwohl ich härter trainierte als alle meine Teamkameraden. Mit 19 fingen meine Zeiten an, allmählich immer schlechter zu werden. Nachdem ich mich durch Schmerz und über tausende Längen gekämpft hatte, wurde das Schwimmen irgendwann zur lästigen Pflicht, und ich war froh, dass ich mich mit 21 vom aktiven Wettkampfsport zurückziehen konnte.

Damals begann ich, selbst Schwimmtraining zu geben, und ich entdeckte erstmals Möglichkeiten, das Schwimmen angenehmer und befriedigender zu gestalten, ohne die Aspekte Ausdauer und Geschwindigkeit zu vernachlässigen. Nach 20 Jahren ohne traditionelles Schwimmtraining nahm ich dann selbst das Wettkampfschwimmen wieder auf und trat mit rund 40 Jahren einem Masters-Team bei – nun wohlweislich ohne einen »Schleifer« am Beckenrand, der mir erschöpfende Serien vorgab. Indem ich mich voll und ganz auf meine Technik konzentrierte und nicht darauf, mich möglichst müde zu machen, begann ich, mich zu verbessern und das Wunder des Kaizen am eigenen Leib zu erfahren – kontinuierliche Verbesserung, die immer noch anhält.

In meinen Fünfzigern und Sechzigern widmete ich mich, wann immer ich selbst schwamm, vor allem dem Gefühl, mit dem Wasser verbunden zu sein. Ich bin begeistert, dass ich heute besser schwimme als je zuvor und mich von Jahr zu Jahr immer noch steigern kann. Schwimmen war früher nie so befriedigend. Heute machtjedes Training Freude und ist interessant. Jede Länge, die ich heute schwimme, ist geschmeidiger, zielgerichteter und harmonischer als die unzähligen Kilometer, die ich als College-Schwimmer abspulte. Ich kann inzwischen auf mehr als 20 Jahre zurückblicken, in denen ich meine Zugeffizienz und mein Wassergefühl fortwährend und stetig verbessert habe – ein Prozess, der immer noch nicht abgeschlossen ist.

Denn Schwimmen ist unter allen Sportarten in der Hinsicht einzigartig, dass man dem Alter trotzen und sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verbessern kann. Es braucht viele subtile Fertigkeiten, um einen menschlichen Körper effizient durchs Wasser zu bewegen. Aber mit Geduld, einem klaren Fokus und bewusstem Üben kann man jedes altersbedingte körperliche Nachlassen mehr als nur kompensieren. Ich hoffe, dass ich mich bis in meine Achtziger hinein weiter verbessern kann, und schwimme deshalb jede Länge mit der größtmöglichen Aufmerksamkeit.

In der Zwischenzeit haben auch Tausende andere Menschen die Erfahrung gemacht, wie befriedigend das Schwimmen doch sein kann, wenn man sich auf Entspannung im Wasser und auf das Gefühl des Flow konzentriert. Das ist der Grund, warum Total Immersion bei vielen die Leidenschaft für das Schwimmen (neu) geweckt hat. TI ist darauf ausgelegt, den Weg zu effizientem Schwimmen zu vereinfachen und das Ziel des Kaizen-Schwimmens (also der kontinuierlichen Verbesserung) Realität werden zu lassen. Das ist das Geheimnis dieses Ansatzes.

In Teil IV dieses Buch werde ich Ihnen erläutern, wie auch Sie stumpfsinniges Training durch aufmerksames Üben ersetzen können, um davon zu profitieren. Zunächst aber möchte ich Ihnen die Gründe darlegen, warum Schwimmen für Sie bisher womöglich vor allem mit frustrierenden Erfahrungen verbunden war. Und ich möchte Ihnen die einfachen, logischen Lösungen erläutern, die es auch Ihnen ermöglichen werden, den Weg der kontinuierlichen Verbesserung einzuschlagen.

Schwimmen für alle

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