Читать книгу Recht des geistigen Eigentums - Thomas Ahrens - Страница 149
II. Vorbenutzungs- und WeiterbenutzungsrechtWeiterbenutzungsrecht 1. VorbenutzungsrechtVorbenutzungsrecht (vor Patentanmeldung)
ОглавлениеDurch § 12 PatG tritt die Wirkung eines Patents gegen den nicht ein, der zur Zeit der AnmeldungAnmeldungvor Patent- oder eines wirksam beanspruchten Prioritätstages (§ 12 Abs. 2 PatG) die Erfindung im Inland in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat. Handlungen im Ausland, auch innerhalb der EU genügen dafür nicht.1 Durch dieses VorbenutzungsrechtVorbenutzungsrecht2 soll aus Billigkeitsgründen der Besitzstand eines Vorbenutzers geschützt werden. Dabei soll jedoch nur der durch den Erfindungsbesitz untermauerte Besitzstand erhalten werden. Somit erwirbt derjenige kein Vorbenutzungsrecht, der bei der Vornahme der Benutzungshandlung oder der Veranstaltung zur Benutzung den Erfindungsgedanken nicht erkannt hat.3 Andererseits ist es nicht notwendig, dass dem Vorbenutzer ein (auf ParallelerfindungParallelerfindung beruhendes) eigenes Erfinderrecht zusteht. Stattdessen kann auch eine von einem Dritten4 gemachte Erfindung wirksam ausgeführt werden. Ein Vorbenutzungsrecht ist sogar selbst dann möglich, wenn die Erfindung durch den Patentanmelder oder seinen Rechtsvorgänger mitgeteilt und anschließend in Benutzung genommen wurde. In einem solchen Fall besteht jedoch kein Vorbenutzungsrecht, wenn ein Rechtevorbehalt gem. § 12 Abs. 1 S. 4 PatG vorliegt. Ein Vorbenutzungsrecht entsteht außerdem dann nicht, wenn es sich um eine widerrechtliche, unredliche Entnahme des benutzten Erfindungsgedankens handelt. Für einen redlichen Erwerb der Erfindung ist es auch erforderlich, dass der Erfindungsbesitz unabhängig von einem der Überlassung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis auf Dauer ausgeübt werden darf. Sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Erfinder und dem Benutzer vertraglich geregelt, fehlt es von vornherein an einer berechtigten Grundlage für eine solche Annahme, wenn sich aus dem Vertrag derartiges nicht ergibt.5
Als Benutzung i.S.v. § 12 PatG kommt jede in § 9 PatG (für eine unmittelbare) bzw. in § 10 PatG (für eine mittelbare) genannte Handlung in Betracht. Auf den Umfang der Benutzungshandlungen kommt es nicht an.6 Ein Vorbenutzungsrecht kann auch begründet werden, wenn lediglich die für eine Benutzung erforderlichen VeranstaltungVeranstaltungVorbenutzungVeranstaltungen getroffen wurden ohne die Benutzung selbst aufzunehmen (§ 12 S. 1, 2. Alt. PatG). Die Veranstaltungen müssen auf die Erfindung bezogen sein und auch den Entschluss, diese alsbald gewerbsmäßig zu benutzen, durch geeignete Vorbereitung erkennen lassen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Aufnahme der Benutzung bzw. entsprechender Veranstaltungen ist der Anmeldetag (§ 12 Abs. 1 S. 1 PatG) bzw. PrioritätPriorität-stagstag (§ 12 Abs. 2 PatG).
Zur Entstehung des Vorbenutzungsrechts braucht eine aufgenommene Benutzung nicht notwendig bis zum Anmelde-/Prioritätstag fortgesetzt zu werden. Eine vorübergehende UnterbrechungUnterbrechungUnterbrechungvorübergehende steht dem Vorbenutzungsrecht nicht entgegen.7 Dagegen müssen Veranstaltungen zur Benutzung (mindestens) bis zu dem Anmelde-/Prioritätstag im Inland fortdauern, und zwar ohne Unterbrechung.8
Das Vorbenutzungsrecht unterliegt keinen quantitativen Grenzen, soweit dessen Inhaber es für den eigenen Betrieb nutzt, wobei dieser beliebig erweitert9 und auch mit einem weiteren Betrieb verschmolzen werden darf.10 Der Berechtigte darf solche Tätigkeiten für seinen Betrieb auch in fremden Werkstätten durchführen lassen (verlängerte Werkbankverlängerte Werkbank); eine Lizenzierung hingegen ist nicht zulässig.11 Inwiefern von einer Benutzungsart (Herstellen, Anbieten, InverkehrbringenInverkehrbringen, Gebrauchen, EinführenEinführen, BesitzBesitzen) auf eine andere gewechselt werden darf, hängt vom Einzelfall ab und ist umstritten. Nur für den Hersteller gilt uneingeschränkt der Grundsatz, dass der Wechsel der Benutzungsart erlaubt ist und das Vorbenutzungsrecht alle Benutzungsarten umfasst, auch wenn er nur eine von ihnen vor der Anmeldung ausgeübt hat.12
Das Vorbenutzungsrecht kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden (§ 12 Abs. 1 S. 3 PatG). Es soll also eine Vervielfältigung des Rechts unterbleiben.