Читать книгу Joe 9/11 - Thomas Antonic - Страница 20
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ОглавлениеMartty: »Woher wusstest du, dass ich auf Zimmer 207 bin?«
J: »Die Leute an der Rezeption können oft ein kleines Zusatzeinkommen brauchen.«
Martty: »Wer bist du?«
J: »Ich? Ein Tourist.«
Martty: »Und wie heißt du?«
J: »Ich heiße John.« … »Ich bin Jack.« … »Mein Name ist Janne.« … »J …«
Martty führt diese imaginäre Konversation, während er nach unten geht, um das Hotel zu verlassen. Beim Verfasser der Nachricht handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Mann, der wie Burroughs aussieht. Vor zwei Tagen noch wollte Martty mit diesem Fremden ein Glas Rotwein trinken. Aber die Nachricht war etwas seltsam. Ist er schwul? Er betritt das Café neben dem Hotel, und da sitzt er auch schon, in seinem grauen Anzug. Er sieht aus wie ein alter schwuler Junkie und betrachtet Martty beim Hereinkommen.
J: »Wollen wir gemeinsam ein Gläschen trinken?«
Martty: »Klar.«
J: »Schön! Nimm Platz, mein Freund.«
Martty setzt sich.
Martty: »Wie hast du die Nummer meines Zimmers herausgefunden?«
J: »Das ist recht unkompliziert in einem Hotel mit zehn Zimmern, von denen nur eines belegt ist.«
Martty: »Ich verstehe. Ich heiße übrigens Martty.«
J: »Martty. Schön, dich kennenzulernen. Ich bin Joseph. Du bist aus San Francisco, richtig?«
Martty: »Das ist richtig, ja.«
Joseph: »Tut mir leid, ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Ich kann mich nicht an jedes Detail unseres kurzen Gesprächs erinnern, das wir letztens führten … Wann war das? Vorgestern? Es liegt wohl an der Hitze. Vielleicht werde ich auch langsam alt …«
Martty: »Schon in Ordnung, das macht nichts.«
Der Mann, »Joseph«, hat eine dunkle, verrauchte Stimme und lächelt andauernd etwas seltsam. So kommt es zumindest Martty vor, der skeptisch ist. Die beiden führen ein wenig Small Talk. »Joseph« scheint ein kultivierter Zeitgenosse zu sein und hat zu allem etwas Kluges zu sagen. Sie unterhalten sich über Portugal, die politische Situation in den Vereinigten Staaten, Bücher, Wirtschaft … Er erzählt Martty von seiner Zeit in Marokko, wo er fünf Jahre lebte. Während er spricht, fragt Martty sich, wovon Joseph lebt. Vielleicht entstammt er einer wohlhabenden Familie und muss keinem Broterwerb nachgehen? Vielleicht ist er deshalb so gebildet? Jedenfalls vergeht die Zeit in Anwesenheit dieses angenehmen Gesprächspartners wie im Flug, und ehe er es bemerkt, ist es spätabends, und die beiden haben beinahe zwei Flaschen vorzüglichen Rotweins miteinander getrunken. Es ist bereits dunkel, ein wundervoll lauschiger Sommerabend, und Martty ist schon etwas betrunken, wie er eben bemerkt. Er wird zusehends entspannter und offenherziger, was auch Joseph auffällt.
»Sollten wir noch ein letztes Fläschchen bestellen?«
»Absolut!«
»Also, Martty, du bist hier nicht auf Urlaub, habe ich recht?«
»Wie hast du das herausgefunden?«
»Nun ja, ich habe dich noch nie am Strand liegen gesehen.«
»Das ist wahr. Ich bin auf Geschäftsreise hier … Naja, mehr oder weniger.«
»Geschäftsreise? Und welches Geschäft bringt dich nach Sagres?«
»Ermittlungen.«
Der Kellner kommt an ihren Tisch.
»Mais uma garrafa, por favor … Ermittlungen? Du bist aber kein Polizist, nicht wahr? Haben diese Ermittlungen etwas mit einem Versicherungsfall zu tun?«
»Hahaha! Nein, nein … Also, genau genommen ist das nicht mein Job. Ich stelle hier Ermittlungen für einen meiner Freunde an. Er ist Fotograf.«
»Okay? Und?«
Martty denkt, dass er vor Joseph keine Geheimnisse zu haben braucht. Er vertraut ihm, und wer weiß, vielleicht kann Joseph ihm nützliche Tipps geben.
»Also die Sache ist die: Mein Freund war vor ein paar Wochen hier und besuchte dieses Café, dessen Besitzerin ermordet wurde. Du hast bestimmt davon gehört.«
»Natürlich. Schlimme Sache.«
»Wie lange bist du schon in Sagres?«
»Zwei Monate.«
»Wow. Wird dir hier nicht langweilig?«
»Nun ja, ich glaube, dass ich in naher Zukunft weiterziehen werde. Ich werde möglicherweise wieder einmal für einige Zeit in die Staaten reisen.«
»Verstehe. Aber, lass mich weitererzählen …«
»Selbstverständlich.«
»Peter, mein Freund, hat von dieser Frau ein Foto geschenkt bekommen. Es hat dort an der Wand gehangen. Es ist eine Abbildung der Klippen. Ein Polaroidfoto in Schwarz-Weiß, das mit einer raren Kamera gemacht wurde …«
Josephs Lächeln verschwindet für einen Augenblick aus seinem Gesicht, aber sogleich ist es wieder da.
»Ja?«
»Wieder zu Hause geht Peter in sein Studio, vergrößert das Bild und erkennt plötzlich ……………..«
Martty erzählt die ganze Story. Er hat bloß noch nichts von seiner heutigen Bootsfahrt erwähnt. Er wird zunehmend betrunkener, während Joseph noch immer nüchtern wirkt.
»Und dein Freund wird dieses Bild im September ausstellen?«
»Hoffentlich! Du musst wissen, dass Peter ein ziemlicher Hosenscheißer ist.«
»Glaubst du, es ist möglich, das Bild noch vor der Ausstellung zu sehen? Ich werde vielleicht nach meiner Rückkehr in die Staaten nach San Francisco reisen. Ich war dort das letzte Mal vor fünfundzwanzig Jahren.«
»Klar! Du musst uns unbedingt besuchen, Joe! Peter ist ein netter Kerl. Du wirst ihn mögen. Hier ist meine Karte. Ruf mich einfach an, wenn du in Kalifornien bist.«
»Danke.«
Er steckt die Karte in die Innentasche seines Sakkos.
»Und wird er das Bild verkaufen?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht nach der Ausstellung.«
»Um den Wert zu steigern.«
»Genau.«
»Nun, wenn das Bild so gut ist, wie du es beschrieben hast … Ich wäre durchaus bereit, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen.«
»Im Ernst?«
»Möglicherweise.«
»Naja, ich … hicks … Ich werde das Peter … Ich muss ihm das erzählen! Er wird sich freuen, das zu hören … Jaaa! Joe, du musst uns besuchen … Du kannst dir Peters Studio ansehen. Du wirst ihn mögen …«
»Das klingt gut. Ich freue mich schon.«
»Hey, Peter … oh, entschuldige … Ich meine natürlich Joe … Du hast erzählt, dass du einige Jahre in Marokko warst.«
»Das ist richtig.«
»Sprichst du Arabisch? Kannst du Arabisch lesen?«
»Nun ja, ein klein wenig. Die Sprache ist sehr schwierig zu erlernen. Zunächst musst du dir die Schrift aneignen, die um einiges schwieriger ist als Griechisch oder Kyrillisch …«
Martty zieht den Ring aus seiner Hosentasche, während Joe spricht. Unnötig hart knallt er den Ring mit der flachen Hand vor Joseph auf den Tisch.
»Kannst du lesen, was da innen drinnen steht?«
Joseph betrachtet den Ring vor ihm. Das Lächeln ist abermals verschwunden, kommt nun aber nicht wieder. Er richtet den Blick auf Martty, dann wieder auf den Ring. Er nimmt das Schmuckstück mit zwei seiner langen Finger und betrachtet seine Innenseite, wo er die arabischsprachige Gravur entdeckt. Er starrt Martty wieder stichgerade an.
»WO ZUM TEUFEL HAST DU DIESEN RING HER!!!???????«