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Der Rückzug ins Nationale nach 1914

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Der Erste Weltkrieg bremste den Internationalisierungsprozess der Wirtschaftseliten. Waren Schweizer Industriebetriebe und Finanzgesellschaften Anfang des 20. Jahrhunderts noch stark grenzüberschreitend und vor allem nach Deutschland hin orientiert, führte der Krieg zu einem Rückzugsprozess und einer zunehmenden Autonomie dieser Firmen. Diese Entwicklung stand im Zusammenhang mit einer generellen Zunahme der Fremdenfeindlichkeit in der Schweiz: Der hohe Ausländeranteil – vor dem Krieg gelegentlich vage als «Ausländerfrage» thematisiert – wurde nach dem Kriegsausbruch klar mit der Angst vor einer «Überfremdung» verbunden. Zudem verdächtigten französische und britische Behörden gewisse Firmen der Kollaboration mit Deutschland, weil in ihren Verwaltungsräten Deutsche sassen.

Mit dem Ziel, Firmen vor ausländischen Investoren zu schützen, erliess der Bundesrat 1919 einen dringlichen Bundesbeschluss. In ihrem Bericht ans Parlament präzisierte die Regierung, sie beabsichtige, «nun die in der Schweiz niedergelassenen, nicht schweizerisch orientierten juristischen Personen auf den nationalen Weg zu führen oder doch ihm näher zu bringen, indem er ihre leitenden Organe nationalisiert».9 Fortan musste eine Mehrheit der Verwaltungsratsmitglieder einer Firma im Land wohnen, und mindestens ein Verwaltungsratsmitglied hatte Schweizer Staatsangehöriger zu sein. Weitere Schutzmassnahmen wurden getroffen oder verschärft, etwa die Vinkulierung; sie zielte darauf ab, die Übertragbarkeit von Namenaktien auf neue Anteilseigner einzuschränken. Diese Praxis war nicht neu, sie figurierte schon im Aktienrecht von 1881. Doch nach dem Ersten Weltkrieg griffen immer mehr Schweizer Industrielle aus Angst vor einer «Überfremdung» zum Mittel der Vinkulierung. Dabei weigerten sie sich insbesondere, ausländische Neueigentümer von Aktien ins Register einzutragen. Diese Massnahmen sollten mit der Revision des Aktienrechts von 1936 noch verstärkt werden.

Als Folge dieser rechtlichen Verschärfungen wurden in der Zwischenkriegszeit viele ausländische Verwaltungsräte durch Schweizer ersetzt. Weil gerade Ausländer oft nur dem Verwaltungsrat einer einzigen Schweizer Firma angehörten, trug dieser Ausschluss dazu bei, das Netz der über gemeinsame Verwaltungsratsmitglieder verbundenen Grossunternehmen zu verdichten (Kapitel 5).

Der Rückgang ausländischer Verwaltungsräte nach dem Ersten Weltkrieg war aber nicht allein eine Reaktion auf rechtliche Massnahmen. Die deutsche Niederlage und die Schwächung der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Deutschland und der Schweiz führten in der Elektrizitätswirtschaft zu einem Bruch der finanziellen Beziehungen mit den deutschen Elektrokonzernen. Die Schweizer Grossbanken übernahmen die finanzielle Reorganisation von Gesellschaften wie Elektrobank oder Motor und wurden ihre Hauptaktionäre. Generell fielen diese Jahre mit dem Aufstieg des schweizerischen Finanzplatzes zusammen. Dieser profitierte von der Stärke des Schweizer Frankens, der politischen Stabilität und Neutralität, tiefen Steuersätzen und dem 1934 mit dem Bankengesetz institutionalisierten Bankgeheimnis. Sein Wachstum führte dazu, dass sich die Verbindungen zwischen den Schweizer Grossbanken und den führenden Industriekonzernen intensivierten. Dies resultierte wiederum in einem deutlichen Rückgang der Anzahl Ausländer in den Verwaltungsräten der Industrie.

Schweizer Wirtschaftseliten 1910-2010

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