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Struktureller Ausschluss der Frauen

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Unzählige Studien belegen die Ausgrenzung von Frauen aus Machtpositionen. Bis heute bleibt sie im Bereich der Wirtschaft besonders stark: 2010 waren durchschnittlich 12,2 Prozent der Verwaltungsratsmitglieder der grössten europäischen Firmen Frauen – mit grossen Unterschieden zwischen den Ländern.11 Um zu verstehen, warum die Frauen in den Machtpositionen der Grossunternehmen kaum präsent sind, ist zu untersuchen, wie die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung entstanden ist. Die Industrialisierung, die Mitte des 18. Jahrhunderts in England begann, dehnte sich ab dem folgenden Jahrhundert auf die sogenannt entwickelten Länder aus. Sie ist zentral für die Herausbildung der Arbeits- und Rollenteilung zwischen Frau und Mann. Ersteren wurde zunehmend die unbezahlte Hausarbeit zugewiesen, während die bezahlte Arbeit zur Männerangelegenheit wurde.12 Die Hausfrauenrolle kristallisierte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts heraus: Nicht zuletzt die (männlichen) bürgerlichen Eliten beschränkten den Wirkungskreis von Frauen zunehmend auf den häuslichen Bereich. Dem weiblichen Geschlecht sprachen sie spezifische Eigenschaften zu und andere ab: So galten etwa Empathie und Fürsorge viel stärker als weibliche Qualitäten wie Intelligenz. Betont wurden die biologischen Faktoren, die die Frau zur Mutter machen. Trotz der kontinuierlichen Zunahme der Präsenz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nach dem Zweiten Weltkrieg, hielt sich die im vorherigen Jahrhundert errichtete geschlechtsspezifische Arbeitsteilung weiter. Die Frauen, die beruflich tätig wurden, arbeiteten hauptsächlich in gewissen, als «weiblich» angesehenen Wirtschaftszweigen und Berufen, oder sie fanden sich auf den unteren Hierarchiestufen wieder.

Diesen generellen Tendenzen entging auch die Schweiz nicht: 1910 waren nicht einmal ein Prozent der Wirtschaftseliten Frauen (Tabelle 2). Nur vier Frauen sassen in einem der Verwaltungsräte der 110 grössten Unternehmen, und keine einzige übte eine der obersten Leitungsfunktionen aus (Verwaltungsratspräsidium oder Generaldirektion). Ihre Lage verbesserte sich in den folgenden Jahrzehnten nur unmerklich. In den vier erfassten Stichjahren 1910, 1937, 1957 und 1980 stehen 35 Frauen 3266 Männern gegenüber. Über den gesamten Zeitraum blieben Frauen von den leitenden Organen der wichtigsten Spitzenverbände der Unternehmerschaft (SHIV, ZSAO, SGV und SBVg) ausgeschlossen.

Tabelle 2

Frauenanteil unter den Spitzenmanagern der 110 grössten Schweizer Unternehmen, 1910–1980 (in Prozenten)

1910(N=809) 1937(N=739) 1957(N=828) 1980(N=887)
0,5 0,8 0,6 2,2

Stichprobe: Verwaltungsratsmitglieder und Generaldirektoren.

Neben Faktoren, die in allen europäischen Ländern wirksam waren, trugen auch einige spezifische Merkmale der Schweizer Eliten zum starken Ausschluss von Frauen bei. So ist etwa der Offiziersgrad in der Schweizer Armee ein Kriterium, das Männer bevorteilt, da der Militärdienst nur für sie obligatorisch ist (Kapitel 4). Die Rekrutierung von Verwaltungsratsmitgliedern über ein Kooptationssystem – bei dem schon amtierende die neuen Mitglieder bestimmen – ist ebenfalls ein Hindernis für Frauen. Dieses System stützt sich auf eine «Club-Logik»: Die Bisherigen wählen Personen aus, die denselben sozialen Kategorien angehören wie sie selbst. Frauen, aber auch Personen aus sozial bescheideneren Verhältnissen sind dabei benachteiligt. Nicht zuletzt war auch der bis in die frühen 1970er-Jahre währende Ausschluss von der politischen Mitbestimmung ein Grund, weshalb der Aktionsradius der Frauen auf die häusliche Sphäre begrenzt war.

Schweizer Wirtschaftseliten 1910-2010

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