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Die Konsolidierung der «Alpenfestung» (1940–1980)
ОглавлениеWährend des Zweiten Weltkriegs wurden die Abwehrmechanismen gegenüber Ausländern weiter verstärkt. Dieser Prozess setzte sich auch während des Kalten Kriegs fort, nicht zuletzt, weil sich die Unternehmen vor dem Ost-West-Konflikt zu schützen suchten. Die Schweizer Eliten befürchteten, dass im Fall einer kriegerischen Eskalation die internationalen Tätigkeiten ihrer Firmen erneut bedroht würden.
Während der zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Argumente für die Beibehaltung der Vinkulierung angepasst. Die protektionistische Politik richtete sich von nun an auch gegen andere Aktionärskategorien als Ausländer. Deutlich wurde dies etwa in einem 1961 zwischen der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) und den börsenkotierten Grossunternehmen beschlossenen Gentlemen’s Agreement. In diesem verpflichteten sich die Banken dazu, gewisse Aktienkategorien nicht mehr an Neuaktionäre zu übertragen, die den von der Firma formulierten Bedingungen nicht entsprachen. Mit diesem Schritt richteten die Bankeliten ihre Position – auf Kosten ihrer unmittelbaren finanziellen Interessen und im Namen des «übergeordneten nationalen Interesses» – auf diejenige der industriellen Eliten aus. Die Vinkulierung wurde nicht mehr ausschliesslich als ein Kampfmittel gegen ausländische Investoren, sondern gegen alle unerwünschten Aktionäre eingesetzt – ob Schweizer oder Ausländer. Sie ermöglichte es insbesondere den Gründerfamilien, die Kontrolle über ihr Unternehmen zu behalten und ist ein Grund für die ausgeprägte Beständigkeit des Familienkapitalismus in der Schweiz (Kapitel 3).
Auch wenn die Schweizer Wirtschaftseliten den ausländischen Einfluss in ihren Betrieben einschränkten, führten sie den internationalen Austausch durchaus weiter – während des Kriegs nicht zuletzt mit Nazideutschland.10 Die Aussenorientierung der Schweizer Wirtschaft verstärkte sich im Kalten Krieg noch.
So setzten die Schweizer Firmen zwischen 1918 und 1980 zwar ihre internationale Expansion fort, schränkten aber gleichzeitig die ausländische Teilhabe am Eigentum an und der Verfügungsgewalt über ihre Unternehmen drastisch ein. Erst unter dem Druck der wirtschaftlichen Globalisierung am Ende des 20. Jahrhunderts öffneten sich die Unternehmen erneut für Ausländer, und das noch viel stärker als zu Beginn des Jahrhunderts.