Читать книгу Buddhas achtsamer Weg aus der Krise - Thomas Hohensee - Страница 13
ОглавлениеWie in Grimms Märchen?
In den Märchen der Gebrüder Grimm heißt es am Schluss oft: »… und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.« Nachdem die HeldInnen ihre aufregende Suche nach dem Goldschatz erfolgreich beendet haben, dürfen wir aufgrund dieses Schlusssatzes annehmen, dass sich ihre Probleme für immer in Wohlgefallen aufgelöst haben und keine neuen mehr entstanden. Uns wird suggeriert, dass es für die Märchenfiguren nie wieder irgendwelche Beschwernisse gab.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde gerne mehr davon hören, wie dieses glückliche Leben konkret aussah. Gab es wirklich nie wieder Probleme, oder hatten unsere HeldInnen aufgrund ihrer erfolgreich bestandenen Abenteuer nur gelernt, mit sämtlichen Widrigkeiten des Lebens umzugehen und diese nicht mehr zu fürchten?
Ein Leben ohne äußere Probleme ist kaum vorstellbar. Mag sein, dass Märchenprinzen und -prinzessinnen nicht altern, nie krank werden und ein ewiges Leben besitzen. Dagegen spricht allerdings, dass sehr wohl vom Ende ihrer Tage die Rede ist. Wahrscheinlich sind sie auch vor Krankheit, Altersbeschwerden und anderen Komplikationen nicht geschützt. Umso interessanter wäre es, zu erfahren, wie sie es trotzdem schafften, ihr gefundenes Glück ein Leben lang zu bewahren. Leider sind es nur Volksmärchen. Die Menschen, die sie von Generation zu Generation weitererzählten, hatten offenbar keine Vorstellung davon, wie so ein unverbrüchliches Glück zu erlangen sei. Sie brachten nur eine Sehnsucht zum Ausdruck, für die es im wahren Leben keine Entsprechung gab. Es waren eben Märchen, nicht die Realität.
Anders verhält es sich mit den Überlieferungen, die Buddhas Leben und Lehre schildern. Diese enden nicht mit Buddhas Erleuchtung, sondern geben auch über die folgenden fünfundvierzig Jahre Auskunft. Außerdem enthalten sie konkrete Anleitungen, wie man so glücklich wie Buddha werden kann.
Daher wissen wir, dass Buddha tatsächlich glücklich bis ans Ende seiner Tage lebte, nachdem er herausgefunden hatte, wie man mit den Grundtatsachen des Lebens am besten umgeht. Wir wissen aber auch, dass sein weiterer Weg nicht frei von äußeren Problemen und Schwierigkeiten war. Umso besser, denn nur so kann Buddha ein Vorbild für uns sein. Ein Mensch, der vor keinen Herausforderungen mehr steht: Das taugt wirklich nur für Märchen.
Wir brauchen keine illusionären Versprechungen. Davon gibt es ohnehin genug. Nein, das Einzige, was uns wirklich weiterhelfen kann, sind wirksame Hilfen bei realen Beeinträchtigungen. Diese hören niemals auf, egal ob man erleuchtet ist oder nicht.
Nachdem er den Königshof verlassen hatte, lebte Buddha für den Rest seines Lebens als Wandermönch. Man kann sich vorstellen, dass das kein bequemes Leben war. Da tun einem schon mal die Füße oder der Rücken weh, selbst wenn man berücksichtigt, dass Waldboden sehr weich sein kann. Buddha schlief jedenfalls nicht in einem Komfortbett.
Er war dem Wechsel dem Jahreszeiten ausgesetzt, was bedeutete, dass es im Sommer sehr heiß und in der Regenzeit wochenlang sehr nass war. Zwar stellten reiche Gönner den Mönchen später Unterkünfte zur Verfügung, aber diese wurden nur vorübergehend genutzt, wenn die Wege unpassierbar waren.
In den Überlieferungen ist die Rede davon, dass Buddha von feindseligen Menschen verleumdet wurde und sein Vetter einen Mordanschlag auf ihn plante. Zwei seiner Lieblingsmönche, denen er die Weiterführung des Ordens nach seinem Tod anvertrauen wollte, starben vor ihm. Es ging ihm also äußerlich gesehen nicht besser, sondern eher schlechter als den meisten von uns.
Wir leben in Komfortwohnungen mit Bad und Zentralheizung, fahren in klimatisierten Autos und können aus dem reichen Angebot der Supermärkte wählen, was wir essen und trinken möchten, während Buddha durch die Dörfer zog und sich einmal am Tag eine Mahlzeit erbat.
So ein Leben ohne festes Einkommen und ohne eine eigene Bleibe, wäre für die große Mehrheit der Menschen mit Ängsten, Depressionen und einer Menge Ärgernissen verbunden. Auch damals wählten nur vergleichsweise wenige diesen Lebensstil.
Umso erstaunlicher scheint es, dass Buddha – anders als in der Rolle eines Prinzen – sich so frei und glücklich fühlte.
Was war sein Geheimnis?