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2 Ein Einhorn im Wald

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Zunächst war die Gegend nicht anders, als die, die Elijana schon kannte. Doch umso weiter

sie ritt, umso weniger Häuser und Menschen passierte sie, und als sich der Wald in geringer

Entfernung schwer und schwarz vor ihr zeigte, hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben das

Gefühl, wirklich alleine zu sein. Elija durchführ ein angenehmer Schauer. Um von anderen

Menschen, die möglicherweise daher kommen würden, nicht gleich als Prinzessin Elijana

erkannt zu werden, zog sie die Kapuze ihres dunklen Mantels über ihren in unzähligen Farben

zwischen goldblond und kastanienbraun gesträhnten Locken tief ins Gesicht. Sie gab ihrer

eleganten Fuchsstute Mari die Zügel frei und trieb sie in einen zügigen Galopp. Das Pferd

schnaubte erfreut und schien bester Dinge auf den Wald zuzugaloppieren.

Elija wusste, dass sie sich auf die Instinkte ihres Pferdes verlassen konnte – kein Pferd würde

freiwillig in eine Gefahr rennen, beruhigte sie sich und genoss den verbotenen Ritt.

Viel schneller als sie es erwartet hatte, erreichte sie den Wald und umso näher sie gekommen

war, umso weniger bedrohlich wirkte er. Die gigantischen Bäume, alte und weise Geschöpfe,

standen weit auseinander und ließen ihrer Stute genug Platz um problemlos galoppieren zu

können. Ehe Elija den Waldrand aus den Augen verlor, hatte sie bereits einen kleinen Weg

gefunden, dem sie ein Stück folgte.

Die Natur war atemberaubend. Winzige Tautropfen glitzerten auf jeden grünen Blatt,

Sonnenstrahlen durchleuchteten die Baumkronen und schienen im darunter liegenden

Schatten fangen zu spielen. Ab und an kreuzte ein kleines Waldtier Elijas Weg, das größte

Tier, dem sie begegnete, war ein junger Fuchs, der sie aus runden Augen ehrfurchtsvoll

anstarrte, als sie in einigen Metern vorbei ritt.

Nur langsam schien der Wald finsterer zu werden, die Bäume standen enger und ihre Kronen

wurden dichter und ließen weniger Licht und Wärme hindurch. Doch erst als sie erste

Nebelschwaden durchritt, die sich wie Geisterscharen langsam und ohne einen Windhauch

bewegten, konnte Elija verstehen, warum die Menschen diesen Wald als unheimlich

bezeichneten. Doch immer noch führte der gut bereitbare Weg tiefer hinein und ihre Stute

trabte ohne zu zögern weiter, und so genoss das Mädchen den sanften Schauder ihrer leichten

Nervosität und ritt weiter bis sie an eine Gablung kam, wo der Weg sich teilte. Ohne lange

darüber nachzudenken wählte sie den linken Weg, als käme der andere für ihren Ausritt

überhaupt nicht in Frage.

Elija wunderte sich ein wenig über ihr Verhalten. Sie war immer schon wankelmütig

gewesen, und konnte sich nie leicht entscheiden. Immer nagten Zweifel an ihr – wenn sie den

einen Weg wählte, könnte der andere nicht etwas Interessanteres für sie bereithalten? Dieser

linke Weg schien fast nach ihr zu rufen, es gab scheinbar gar keine Alternative.

Der Wald schien sich zu verändern. Waren die Bäume vor einigen Metern noch

moosbewachsen und feucht, wurde der Boden plötzlich knochentrocken und die

Baumstämme schienen verdörrt und schimmerten silbrig, als wären sie von einer dünnen

Schicht flüssigem Metall übergossen. Elija sah nach oben. Das dichte Geäst schien ein festes

Dach zu bilden, die Zweige sich zu umarmen und ineinander zu flechten. Doch an diesem Ort

hatte kein Baum mehr ein Blatt, dabei war es fast Sommer und jeder andere Baum, den Elija

kannte und an dem sie vorbei geritten war, stand in voller Blüte. Elija hatte das Gefühl, die

silbernen Monde würden den Wald schwach beleuchten, dabei schien über diesem Dach aus

Geäst eindeutig die Sonne - doch kein Lichtschein fand hindurch, und allein die

schimmernden Bäume schienen unnatürliches Licht zu spenden. Das Zwielicht schien zudem

noch zu verblassen, es wurde immer dunkler.

Und es war ruhig, unheimlich ruhig.

So sehr Elija sich umsah und lauschte, sie konnte an diesem Ort keine Spur eines Tieres

erkennen, keinen Vogel, nicht einmal Insekten. Nichts außer dem Hufschlag Maris auf dem

trockenen Boden war zu hören.

„Wollen wir lieber umkehren?“, fragte sie ihre Stute, und erschrak, weil ihre Stimme viel

lauter war, als sie es beabsichtigt hatte. Doch Mari schnaubte nur leise und trabte unbeirrbar

weiter geradeaus, als würde sie zielstrebig auf ihren Stall zulaufen.

„Mir gefällt es hier nicht, lass uns umkehren!“, forderte Elija sie fast flüsternd auf und

versuchte zu wenden, doch sie hatte keine Chance, das sonst so folgsame Pferd lief einfach

weiter und störte sich nicht an ihrer Reiterin, so sehr diese auch an den Zügeln zog und sie in

entgegen gesetzte Richtung zu treiben versuchte. Elija wurde von einer Panik ergriffen, die

sie nicht verstehen konnte – fast wäre sie vom Pferd abgesprungen und weggerannt.

Mit einem Mal wurde der Weg vor ihr wieder heller und Elija gab nach und ließ Mari laufen.

Nur wenige Meter führte der Pfad noch zwischen diesen gespenstischen Bäumen hindurch,

dann fand sich Elija plötzlich von der Sonne geblendet auf einer Lichtung wieder. Staunend

ließ sie ihre Stute anhalten und sah sich um.

Eine derart wundersame Lichtung hatte sie noch nie gesehen. Sie war fast kreisrund und klein,

nur etwa 20 Schritte im Durchmesser, und der merkwürdige, silbrige Wald umschloss sie

komplett, wie die festen Mauern das Schloss umgaben, in dem sie lebte. Der Boden war von

jungem, weichen Gras und unauffälligen, kleinen Blüten verschiedener Farben bewachsen

und die Sonne schien völlig schattenlos im Zenit dieser Lichtung und wärmte Elijas Körper,

so dass sie sofort das Bedürfnis verspürte, ihren Mantel abzulegen.

Elija war sich ziemlich sicher, dass dies ein besonderer, vielleicht sogar heiliger Ort war und

sie stieg ehrfurchtsvoll ab und deutete eine Verbeugung an, auch wenn ihr nicht klar war, vor

wem oder was. Sie hätte einen Schrein erwartet, einen Tempel, oder zumindest eine Statue

der Götter – doch da war nichts als das Gras, umschlossen von den, bis auf den Pfad, der

hinein führte, scheinbar undurchdringlichen Baummauern.

Sie spürte einen seltsamen Respekt vor diesem Ort und fühlte sich, als würde sie beobachtet

werden. Was auch immer hier war, es hatte eine gewisse Macht, war deutlich bemerkbar, aber

es machte ihr keine Angst.

Es war bedrohlich, aber nicht akut gefährlich – zumindest nicht für sie und nicht in diesem

Moment.

Elija erinnerte sich daran, dass sie das gleiche Gefühl schon einmal verspürt hatte. Damals

war sie mit ihrem Pony ihrem Begleiter ausgerissen und war an einem harmlosen kleinen

Wäldchen einem großen Rudel Wölfen begegnet. Sie war erst acht Jahre alt gewesen, und

hätte mit ihrem Pony keine Chance gegen die Raubtiere gehabt. Doch das Rudel war satt, es

hatte kein Interesse an einer Jagd auf das Kind. Sie hatten sie nur beobachtet. Neugierig und

interessiert, und Elija hatte fasziniert und voller Ehrfurcht vor dem Augenblick zurück in

gelbe Augen gesehen.

Elija hätte es nicht gewundert, wenn genau diese Wölfe plötzlich auf die Lichtung gekommen

wären. Doch sie war alleine mit ihrem Pferd, welches sich ebenfalls staunend umsah, und nur

zögerlich an dem zarten Gras zu knabbern begann. Völlig alleine, nicht einmal eine Biene

oder eine Ameise schien sich hierher zu verirren. Selbst Mücken, zu dieser Jahreszeit wirklich

überall anzutreffen, schien es an diesem Ort nicht zu geben.

Und dann trat plötzlich etwas aus dem Unterholz. Elija dachte zuerst an ein Reh, doch dann

erkannte sie mit Faszination und Erschrecken zugleich, dass es ein junges, dunkelgraues

Einhorn war. Im ersten Moment war sie versucht auf ihr Pferd zu springen und so schnell sie

konnte davon zu reiten. Einhörner konnten enorm gefährlich sein. So schön sie auch waren,

mit dem Körper eleganter, schlanker Pferde und ihrem silbrigen oder schwarzen Horn auf der

Stirn, sie waren im Gegensatz zu Pferden reine Fleischfresser und meist enorm hungrig.

Elija blieb im Gegensatz jeder Vernunft unbeweglich stehen. Ihr war selbst nicht klar, ob sie

starr vor Schreck oder gebannt vor Faszination war, sie schaute das Wesen nur an, wie es mit

nervös spielenden Ohren langsam auf die Lichtung trat und zu ihr zurück sah. Mari schnaufte

nervös, machte aber selbst keinen Fluchtversuch, auch sie schien einfach nur abzuwarten, was

nun passieren würde.

Elija wusste nicht viel über Einhörner (außer, dass man besser die Flucht antrat, sollte man je

einem begegnen), aber ihr war sofort klar, dass dieses Tier noch sehr jung war. Es war sehr

klein und hatte den staksigen Körper eines knapp halbjährigen Fohlens. Seine Augen waren

dunkel und groß, Schweif und Mähne schienen noch aus weichem Flaum zu bestehen und die

Beine wirkten überdimensional lang und zerbrechlich. Es schien selbst verunsichert was es

nun tun sollte. Misstrauisch blickte es Elija und ihre Stute an, wirkte jedoch nicht feindselig

oder gar aggressiv. Nach einer Weile der Unbeweglichkeit wurde es mutiger, trat ein paar

Schritte nach links und ein paar nach rechts, nicht ohne das Mädchen aus den Augen zu

lassen, immer bereit, die Flucht anzutreten.

Elija erinnerte es an ein hungriges, junges Pferd, dass auf seinen Stalljungen wartete, der das

Futter bringen würde. Sie griff in ihre Manteltasche und zog ein in Stoff gewickeltes

Schinkenbrot heraus, eine kleine Mahlzeit wie sie sie häufiger mitnahm, wenn sie länger

ausritt.

„Hast du Hunger?“, rief sie dem Einhornfüllen leise zu, nahm eine Brotscheibe ab und hielt

sie dem Wesen entgegen. Das Fohlen schnupperte, schnaubte und stampfte nervös mit den

Vorderhufen; unschlüssig was es nun tun sollte. Nach wenigen Augenblicken siegte offenbar

der Hunger über den Argwohn, es kam langsam und zögerlich näher, bis es nur noch den

Kopf ausstrecken musste, um die Brotscheibe in Elijas weit ausgestreckter Hand zu erreichen.

Mit geblähten Nüstern zog es den Geruch des Brotes ein, dann schoss es urplötzlich vor,

schnappte an ihrem Körper vorbei nach der anderen Hand und preschte mit dem Schinken im

Maul ein paar Meter davon.

Elija schlug das Herz bis zum Hals, sie war fest davon ausgegangen, von dem Einhorn

angegriffen, oder zumindest gebissen zu werden. Auch Mari hatte gescheut und war erst ein

paar Schritte weiter stehen geblieben. Erleichtert lachte sie auf, als ihr klar wurde, dass das

Fohlen sich lediglich den Schinken aus ihrer Hand geschnappt hatte.

„Oh nein wie dumm von mir“, schalt sie sich selber. „Du magst natürlich kein Brot, oder?“

Das Fohlen wieherte hell und wagte sich noch einmal näher.

„Ich habe nichts mehr für dich, nur noch das Brot“, erklärte Elija bedauernd und ließ das

junge Einhorn vorsichtig an ihren Handflächen schnuppern.

‚Mich wirst du hoffentlich nicht fressen wollen’, fügte sie in Gedanken hinzu.

Das Einhörnchen schien daran nicht zu denken, es schnupperte, wand sich dann leicht

enttäuscht ab, sah sich noch ein paar mal wie suchend um und trabte dann davon.

„Warte doch!“, rief Elija sanft, doch das Tier war bereits im Unterholz verschwunden.

Das Mädchen blieb für einen Moment regungslos zurück und konnte kaum glauben, was sie

erlebt hatte. Ein Einhorn hatte ihr aus der Hand gefressen. An diesem Ort schien das nicht

einmal ungewöhnlich. Mit leicht zitternden Knien kletterte sie in den Sattel ihrer Fuchsstute.

Es beunruhigte sie etwas, noch einmal durch den unheimlichen Wald reiten zu müssen, doch

wieder blieb Mari völlig gelassen und ruhig, und so riss Elija sich zusammen und versuchte,

sich einzubilden, dass das merkwürdige Aussehen der Bäume hier überhaupt nichts zu

bedeuten hätte.

Dennoch war sie erleichtert, als der Wald wieder normal auf sie wirkte. Ihr war, als würde

eine große Last von ihr abfallen. Völlig aufatmen vermochte sie aber erst, als sie auf das

Schloss ihrer Familie zuritt, und Mari mit nachhallendem Hufschlag über die offen stehende

Zugbrücke in den Innenhof trabte.

Schon im Stall hatte Elija jedes zweifelnde Gefühl der Angst schon wieder vergessen, und

nachdem sie ihre Stute gut versorgt hatte, flüsterte sie ihr zu:

„Was hältst du davon, wenn wir morgen noch mal hin reiten und schauen, ob das Fohlen

wieder kommt?“

Mit dem wie zustimmendem Schnauben der Stute war die Sache besiegelt.

Am Abend traf Elijana ihren Vater und ihren jüngsten Bruder im kleinen Speiseraum zum

Essen. Im Gegensatz zur prunkvollen Speisehalle, in der größere Essen mit Gästen und

offizielle Feste gegeben wurden, war der Speiseraum eher einfach gehalten. Außer einem

großen, mit Tüchern behangenem Tisch und den gut gepolsterten, aber schmucklosen Stühlen

standen keine Möbel in dem Raum, die Wände waren mit wenigen Gemälden der Familie

geschmückt.

Es war einer der wenigen Räume, in dem man nicht von kostbaren Erbstücken erdrückt

wurde; einer der wenigen Räume, in dem Elija und ihre Brüder sich als Kinder frei bewegen

konnten, ohne die Angst, etwas Wertvolles umzuwerfen. Einer der Räume, in denen der

König Vater war und weniger auf Etikette und mehr auf herzliches Miteinander achtete.

Viktor lebte wie Elija noch im heimatlichen Palast, wo er eine militärische Ausbildung

durchmachte, um in Kürze Befehlshaber der Wache zu werden.

Ihr älterer Bruder Frede hatte seine eigenen Ländereien, ein stattliches Herzogtum, welches er

regierte, bevor es an der Zeit für ihn war, das Erbe seines Vaters anzutreten.

Elijas Vater hatte an diesem Abend gute Nachrichten, er kündigte zwischen zwei Bissen

Braten an, dass Frede im Sommer zu Besuch kommen würde und auch seine Frau und seine

Tochter Anni, die im Winter erst geboren war, mitbringen würde.

Elija freute sich so, ihren ältesten Bruder und seine temperamentvolle, fröhliche Frau wieder

zu sehen und endlich ihre kleine Nichte kennen zu lernen, dass sie für eine Weile in

Gedanken mit den Planungen des Besuchs verweilte und gar nicht mithörte, wie ihr Vater und

Bruder wieder zu militärischen Belangen übergingen. Etwas, was Elija am Tisch nicht gern

hatte und häufig mit einem Schmollen quittierte, was zumindest ihren Vater zum Schweigen –

und ihren Bruder zum Schimpfen – brachte.

„Sind die Zeugenberichte glaubhaft?“

Elija wusste nicht, worum es im Gespräch ging, doch ihr Vater schien besorgt, eine tiefe

Mittelfurche teilte seine eh schon faltige Stirn.

Viktor räusperte sich und spülte seinen letzten Bissen mit einem großen Schluck Wein

herunter. Er wirkte euphorisch, wie kurz vor einer aufregenden Jagd. Die Wangen glühten

erregt in seinem Gesicht.

Elija musterte ihn prüfend. Er hatte sich verändert in den letzten Monaten. Alles kindliche war

aus seinem Gesicht gewichen, seine ehemals rundlichen Züge waren nun scharf geschnitten

und seine blauen Augen waren ganz anders als die des Vaters geworden: Entschlossen und

kühl, ohne ein einziges Lachfältchen darum herum.

Elija fiel ein, dass Frede immer ihres Vaters Augen gehabt hatte – gutherzig und warm –und

auch von der gleichen wasserblauen Farbe. Ob diese Ähnlichkeit geblieben war? Oder hatte

auch er sich verändert?

„Sie häufen sich zumindest“, antwortete Vikor, nachdem er ausreichend Wein getrunken

hatte. „Letzte Woche sah eine Frau angeblich einen Elfen, fast noch ein Kind, sagte sie, dann

behaupteten Holzfäller, im Wald eine kleine Gruppe fragwürdiger Gestalten gesehen zu

haben. Gestern und vorgestern waren es dann ein Wanderer und ein Bauer. Letzterer

behauptet, drei oder vier junge Elfenkerle hätten ihm ein Brot und einige Rüben gestohlen. Er

sagt, er hätte sie gesehen. Seine Frau allerdings meint, er wäre einfach sternhagelvoll

gewesen.“

Viktor lachte und König Gerog schnaufte verärgert.

„Elfen, hier in dieser Gegend!“ Er schüttelte skeptisch den Kopf. „Niemals haben sich die

Teufel in diese Gegend gewagt – was sollten die auch hier wollen! Nirgends ist die Wache in

größerer Stärke aufgestellt.“

„Vielleicht geht es ihnen um die Gefangenen im Turm?“, fragte Viktor, doch sein Vater wank

ab.

„Auszuschließen. Darin sitzt keiner, der irgendwie von Bedeutung wäre. Und wenn es so

wäre, dann kämen sie mit einer Streitmacht und würden keine Knaben schicken.“

„Vielleicht“, brachte sich Elijana nachdenklich ins Gespräch ein, als sie unbehaglich an den

düsteren Turm dachte, der als Kerker diente, „ist jemand inhaftiert, der nur für einige Elfen

eine Bedeutung hat? Vielleicht ist es seine Familie oder Freunde, die ihn suchen?“

Der König schmunzelte und schüttelte den Kopf.

„Du sollst dir keine Gedanken über solche Belange machen, davon verstehst du nichts,

Kleines.“ Ein paar Sekunden verweilte sein Blick liebevoll auf seiner Tochter, ehe er fort

fuhr. „Du denkst, sie seien Menschen, die füreinander einstehen, die Liebe und Mitgefühl

empfinden. Aber so ist es nicht. Sie sind wie Tiere. Sie denken nur an sich und tun nichts, was

ihnen keinen Vorteil bringt.“

„Sie sehen halt fast so aus wie wir“, bemerkte Elija nachdenklich. „Da vergisst man dies

schon mal.“

„Ja, das tun sie. Aber sie sind primitiv und triebhaft, sie werden nur durch ihre eigenen

Bedürfnisse gelenkt und fühlen nichts als ihre blanke Gier.“

„Daher sollten wir die Sichtungen ernst nehmen, Vater“, sagte Viktor begeistert. „Lass mich

morgen mit ein paar Männern ausreiten und in den Dörfern noch einmal die Menschen

befragen. Vielleicht finden wir etwas heraus.“

„Natürlich, tu das. Ich glaube zwar nicht, dass es sich wirklich um Elfen handelt, aber es ist

natürlich gut, wenn wir jeden Hinweis ernst nehmen. Das gilt auch für dich Elija – sei

vorsichtig und reite nicht zu weit fort.“

„Bestimmt nicht, Vater!“, sagte Elija, und hoffte dabei nicht rot zu werden.

Halbblut

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