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Beispiel: »Denn sie wissen nicht, was sie tun«

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In dem Film »Rebel Without a Cause« (dt. »Denn sie wissen nicht, was sie tun«) spielt James Dean einen um Liebe und Anerkennung ringenden Rebellen. Unter anderem nimmt er an einer Mutprobe teil, dem sog. »Chicken Game«. Dabei tritt er gegen seinen Widersacher Buzz an. Beide rasen mit gestohlenen Autos auf eine Klippe zu. Wer zuerst vor der Klippe ausweicht, ist der Feigling; wer zuletzt ausweicht, ist der Gewinner. In dem Film springt Jim (gespielt von James Dean) kurz vor der Klippe aus seinem Auto, während Buzz an dem Türgriff hängen bleibt und zu Tode in die Tiefe stürzt.

Die spieltheoretische Modellierung dieses »Chicken Games« geht davon aus, dass beide Spieler:innen zwei Handlungsoptionen haben: Ausweichen oder Weiterfahren. Was Spieler:in 1 tut, ist abhängig davon, was Spieler:in 2 tut und umgekehrt. Denn wenn z. B. Spieler:in 1 sehr früh ausweicht, dann hat Spieler:in 2 gewonnen und kann risikolos den Sieg wortwörtlich einfahren. Da dies simultan für beide Spieler:innen gilt und beide gewinnen wollen, gilt für die Option des Ausweichens, dass diese so spät wie möglich umgesetzt werden muss. Auch dies gilt allerdings für beide Spieler:innen. Daraus nimmt das Spiel seinen Reiz: Es gewinnt jene:r Spieler:in, der/die weiterfährt, während der/die andere ausweicht. Weichen beide zugleich aus, hat niemand gewonnen. Zugleich ist der Schaden gering, weil auch niemand verloren hat. Fahren beide weiter, stürzen beide die Klippe hinunter und es gibt nicht nur keine:n Sieger:in, sondern auch noch den größtmöglichen Schaden für beide.

Üblicherweise wird diese Situation in eine Matrix übertragen. Darin wird für jedes Ergebnis eine fiktive »Auszahlung« eingetragen. Der größte Nutzen wird hier mit einer Auszahlung von 6 gerechnet. Wenn das Gegenüber zugleich ausweicht, bedeutet dies eine Auszahlung von 2 (man hat verloren, aber überlebt). Weichen beide zugleich aus, haben beide überlebt und sind zugleich keine Verlierer:innen, das Spiel hat quasi unentschieden geendet. Allerdings hat auch niemand gewonnen, weshalb beide Spieler:innen eine Auszahlung von 4 erhalten. Die niedrigste Auszahlung von 0 erhalten beide, wenn sie beide weiterfahren und niemand ausweicht, weil dann beide sterben und zugleich niemand gewinnt ( Abb. 2).


Abb. 2: Chicken Game

Wir erkennen deutlich: Das Gesamtergebnis ist abhängig von dem Zusammenwirken beider Handlungen. Vor dem Hintergrund des Ziels beider Beteiligten (in dem Chicken Game ist es wohl das Bedürfnis nach Anerkennung, denn in dem Film wollen beide Männer einer Frau imponieren) könnte man nun überlegen, welche Strategien aus der Sicht der einzelnen Spieler:innen die beste ist. Doch dieser konkrete Inhalt soll uns hier nicht weiter beschäftigen. Wichtig ist uns ja die Antwort auf die Frage, wie Handlungen zusammenwirken. Wir halten fest: Handeln wirkt zusammen, indem die beteiligten Menschen sich an anderen Menschen in ihrem Handeln orientieren, das jeweils darauf ausgerichtet ist, den individuell höchsten Nutzen zu erlangen. Allerdings können Sie sich merken, dass damit noch nicht klar ist, was die Beteiligten konkret tun sollten.

In ähnlicher Weise kann auch das kollektive Ergebnis der Einhaltung oder Nicht-Einhaltung von Regeln als ein Spiel modelliert werden. Hierzu können wir z. B. das sog. »Absicherungsspiel« verwenden, das mit der Parabel der Hirschjagd verdeutlicht wird, die auf Jean-Jacques Rousseau zurückgeht.

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