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Der Morgen ist klüger als der Abend

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Wie Minkin nach Hause gekommen war? Ein Rätsel. Dass er wieder aufwachte? Wunder geschehen, ich hab’s gesehen. Alter Hit, hatten wir schon Mal verbraten an anderer Stelle. Aber solange Nena am Stuttgarter Flughafen vor parkenden Autos 99 Luftballons sang, ich meine hey, da war die Welt noch nicht völlig den Bach runter.

Als Minkin am nächsten Tag aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Genauer gesagt, es dämmerte bereits. Sollte man besser sagen – schon? Es war nicht der Morgen. Obwohl der ja bekanntermaßen klüger war als der Abend. Es war der Abend, der sich anschlich. Minkin war nass bis auf die Haut. Das Laken feucht, im Mund ein Gefühl, als ob ein ungewaschener Iltis seine Notdurft darin verrichtet hätte. Minkin schleppte sich in Richtung Küche, bog an der Toilette ab. Nahm einen Schluck Wasser aus dem Hahn. Schleppte sich zurück ins Bett. Schlief erneut ein. Träumte schlecht, aber vergaß zum Glück, was er träumte.

Mitten in der Nacht wachte er auf. Es war fünf Uhr. Schwierige Phase. Zu früh, um aufzustehen, zu spät für alles andere. Er nahm eine heiße Dusche und versengte sich den Rücken. Fühlte er sich besser? Marginal. Versuchte es mit Kaffee, fand nur den löslichen. Es war wie früher in der Disco nach zwei Uhr nachts, man musste nehmen, was man kriegen konnte. Eine dieser Weisheiten, die nach Street Credibility klingen sollte. Minkin hatte sich diese Credits nie erworben, gab aber gern damit an. Was ihm nie einer abkaufte.

Es war kurz nach sieben Uhr morgens, als Minkin seine Bleibe am Feuerbacher Wilhelm-Geiger-Platz verließ. Konnte sich nicht erinnern, den Platz jemals schon zu einer solchen Uhrzeit gesehen zu haben. Sagen wir so, das Morgenkleid steht ihm genauso wenig wie alle anderen Gewänder des Tages. Obwohl man einräumen musste, Feuerbach schickte sich an, kulturell wertvoll zu werden. Ein paar Enthusiasten hatten am Hirschbrunnen beim Dolce Far Niente einen Bücherschrank aufgestellt. Man hatte schon dümmere Sachen versucht in Feuerbach.

Minkin steuerte die Bar an, ein spröder Ort, der nach Feuerbach passte, will heißen: kein Schicki-Micki-Scheiß. Machten einen hervorragenden kleinen Schwarzen. Wenn der dir nicht bei der Bewältigung des Katers half, dann warst du ernsthaft im Arsch.

Minkin versuchte, den gestrigen Abend in Cannstatt Paroli ziehen zu lassen. Warum endete es immer auf die eine oder andere Weise im »Off«, wenn Minkin mit dem Saarländer unterwegs war? The answer, my friend, ach scheiß drauf, der Wind weiß es doch auch nicht besser. Um noch mal die Schwemme zu zitieren: Klug war es nicht, aber geil.

Goldberg und der unsichtbare Feind

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