Читать книгу Goldberg und der unsichtbare Feind - Thomas Lang - Страница 12
Brauer oder Pfarrer, Death or Glory, Wahrheit oder Pflicht
ОглавлениеListe ließe sich ewig fortsetzen. Immer diese Entscheidungen. Minkin wählte Werners Nummer auf dem Siemens.
Dauerte kaum ein Klingeln, bis Werner abnahm.
»Werner, ich bin es Minkin.«
»Minkin, lange nichts gehört, wie geht es?«
»Danke.«
Minkin fragte:
»Selbst?«
»Auch.«
»Sag mal, schnelles Bier? Müsste was zu Trappisten aufschnappen?«
Werner war ungewöhnlich reserviert.
»Minkin, gerne, immer auf eine Hopfenkaltschale, aber du weißt, wie die Zeiten sind?«
»What the hell do you talking about, Werner?«
Die letzte aktive Erinnerung war bei Minkin zwei Tage her. Schon da war sie nicht taufrisch und sie endete in Cannstatt. Und was in Cannstatt passiert, bleibt in Cannstatt. Oder war das Vegas?
»Na ja, die machen hier gerade die Gastro dicht. Müssen schauen, wie wir das alles hinkriegen.«
Gastro-Shutdown, da war was, der Saarländer hatte das erwähnt.
»In Böblingen auch?«
»Was meinst du?«
Minkin hatte das von Cannstatt gehört, dass die Merkel dort alles runterfahren wollte, Lockdown, Shutdown, das Böse hatte viele Namen. Aber das war Cannstatt, ich meine, nichts gegen die Kurstadt, aber gab Ecken dort, denen täte ein Lockdown forever ganz gut. Angefangen vom Wasen bis runter an den Wilhelmsplatz.
»In Cannstatt machen die das auch.«
»Was?«
»Shutdown.«
»Im Ernst jetzt, Minkin? Ich meine, die Leute reden über nichts anderes. Die Nachrichten sind voll davon. Die Seuche haut voll ein. Wir haben in der Brauerei einen hohen Gastroanteil, müssen uns was überlegen, keine Ahnung wohin mit dem ganzen Fassbier. Hab mir schon einen Durchlaufkühler auf meinen Balkon gestellt, ich tue, was ich kann, aber das wird nicht reichen.«
Da war er wieder, der Storyteller. Der Bierpapst aus Böblingen, machte einen auf mittelständischen Brauer. Minkin tat so, als ob er ihm die Geschichte abkaufte. Klar, Werner war ein Mann nach seinem Herzen. Aber Minkin war ihm auf die Schliche gekommen. Wusste, wer Werner wirklich war. Er war ein anderer, als der er vorgab, zu sein. Er war out of this planet.
Der Countdown läuft. Und dann hebt er ab. Völlig schwerlos. Eine außerirdische Zivilisation hatte Werner auf unseren Planeten geschickt mit einem einzigen Ziel. Er sollte ALLES über das Bierbrauen in Erfahrung bringen. Überall besuchte er Brauereien unter dem Vorwand, darüber zu schreiben. Was Unsinn war. Es war eine groß angelegte, interstellare Bierspionageaktion. Werner D. Die Initialen W. D. – Wieder Da. Wir, die Außerirdischen sind WIEDER DA. Für nichts anderes standen die Initialen. Minkin war das im Grunde egal, Werner war schwer in Ordnung, auch wenn er in Wahrheit vermutlich eine bierbrauende Echse war.
»Okay, wenn du meinst, Werner. Alles klar. Dann will ich dich mal nicht aufhalten bei deiner Mission.« Spoiler. »Hör mal, du bist doch viel rumgekommen auf deinen Reisen.« Spoiler, Spoiler. »Kannst du mir was über Trappisten erzählen?«
Werner machte eine rhetorische Pause. Musste er machen, hatten die Aliens ihm so eingepflanzt. Er hätte das auch einfach runterrattern können, aber das wäre weniger humanoid gewesen, deshalb ließ er sich Zeit.
»Die Trappisten sind ein Orden in der Katholischen Kirche. Gelten nicht gerade als locker. Sie leben nach den Regeln des Heiligen Benedikt. Einfachheit, Einsamkeit, dieses ganze Mönchsding eben.«
Klang nach dem, was man den Frauen in den Stadtteilzentren der Suburbs in Achtsamkeitscoachings verkaufte.
»Ein paar der Mönche haben sich in der westlich von Paris gelegenen Abtei La Trappe niedergelassen. Von diesem Ort leitet sich der gängige Begriff Trappisten ab«, fuhr Werner fort. »Trappistenklöster gibt es weltweit, ein Dutzend davon braut Bier. Sechs der Klöster stehen in Belgien, zwei in den Niederlanden, der Rest in England, Amerika, Österreich und Italien.«
»Woher weißt du das alles?«, fragte Minkin, obwohl er die Antwort kannte. Der Typ war eine Maschine.
»Nun ja, ich habe einige davon besucht, den Rest habe ich mir angelesen, du weißt ja, ich mache gelegentlich diese Tastings, da kommt ein bisschen Hintergrundwissen abseits des Bieres gut an, zumindest, solange die Zuhörer noch einigermaßen nüchtern sind.«
Klang gut für den Außenstehenden. Die Wahrheit war natürlich eine ganz andere.
»Da wäre noch eine Sache, Minkin.«
»Was?«
»Nimm dich vor ihrem Bier in Acht.«
Minkin war irritiert:
»Warum das denn?«
»Lauter Wahnsinnige dort. Hauen sich Sonntagmorgens nach der Messe ihr Starkbier rein, als ob es kein Morgen gäbe. Was ich damit sagen will, ist: Fahr hin, trink das Rochefort, aber dann mach gefälligst, dass du wieder wegkommst.«
Seltsamer Tipp von einem Brauer.
»Okay, danke.«
»Mann sieht sich, Minkin.«
»Auf jeden.«
Minkin legte auf. Schlauer als vorher? Auslegungssache.