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Keine Frage, das Warten hatte sich gelohnt. Das Sparen auch. Elisabeth lag neben ihrem Mann im Bett und fasste zärtlich seine Hand. Jens Kleibrink wusste jetzt, dass er alles richtig gemacht hatte. iSimangaliso war vielleicht nicht der berühmteste Nationalpark Südafrikas, aber vermutlich der schönste. Der Tipp seines Arbeitskollegen Volker erwies sich als goldrichtig. Elisabeth schaute selig lächelnd Richtung Fenster. Ihre Unterkunft war, legte man westeuropäische Standards zugrunde, eher spartanisch. Eine bessere Lehmhütte, lediglich mit dem Nötigsten ausgestattet. Kein Fernseher, kein WLAN, dafür aber eine zuverlässige Klimaanlage, die bei den vorherrschenden Temperaturen unverzichtbar war.

Elisabeth seufzte und begann, Jens’ Arm zu streicheln. Er kannte diese Art des Streichelns und frohlockte. Auf einmal begann der Boden zu beben. Erst leicht, kaum wahrnehmbar, dann immer stärker. Elisabeth klammerte sich wie ein ängstliches Kind an ihren Mann. Jens spürte, wie sich sein Hals zuschnürte, versuchte aber, die aufsteigende Panik vor seiner Frau zu verbergen. Das durfte jetzt nicht sein. Sie hatten sich diesen Urlaub verdammt noch mal verdient. Und nun bebte die Erde. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Jens sprang aus dem Bett und zog Elisabeth hinter sich her.

„Wir müssen hier raus!“, befahl er. „Wenn das wirklich ein Erdbeben ist, sind wir in dieser Hütte nicht sicher.“

Zögerlich folgte Elisabeth ihrem Mann, nahezu gelähmt vor Entsetzen. Alles Mögliche schoss ihr durch den Kopf, vor allem eins: Was würde mit Benny passieren, wenn ihnen nun etwas zustieße? Ihr Sohn verbrachte die Tage bei Elisabeths bester und ältester Freundin Camilla. Verwandte gab es nicht mehr. Nicht auszudenken, wenn … Plötzlich hielt sie inne. Jens stand im Türrahmen und stammelte: „Jetzt sieh dir das an. Das ist ja Wahnsinn!“

Elisabeth war einen guten Kopf kleiner als ihr Mann und lugte, immer noch ängstlich, unter seinem angewinkelten Arm in Richtung Straße. Im Licht der Laternen konnten sie den Grund für das vermeintliche Erdbeben sehen: Eine Herde Flusspferde polterte durch das Dorf. Ein gutes Dutzend musste das sein. Elisabeth und Jens standen wie angewurzelt und mit offenem Mund da. So ein Naturschauspiel bekam man definitiv nur hier, im iSimangaliso, geboten. Nirgendwo sonst auf der Welt gab es eine größere Flusspferdpopulation, nirgendwo sonst konnte man die riesigen Tiere durch die Straßen laufen sehen. Dabei sei es außerordentlich wichtig, so hatte es ihnen ein Wildhüter nach ihrer Ankunft erklärt, dass man die Tiere in Ruhe ließ. Hippos sehen zwar drollig aus, sind aber brandgefährlich und trotz ihrer Körperfülle sehr schnell. Stellte man sich ihnen in den Weg, riskierte man unweigerlich sein Leben.

Das ganze Spektakel dauerte keine Minute. Die Erde hörte wieder auf zu beben, Elisabeths und Jens’ Puls beruhigte sich aber nur ganz allmählich.

„Ich brauche jetzt erst mal etwas Starkes zu trinken“, meinte Jens.

„Ich brauche auch etwas Starkes“, erwiderte Elisabeth lächelnd, nahm seinen Arm und zog ihn zu sich.

Totkehlchen

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