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2.4 Zonen verdichteter Bellizität

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Aus der überbordenden Masse an Kriegsgeschehen im Europa der Frühen Neuzeit werden hier nur drei verdichtete Zonen ausgewählt, die einerseits die Zeitgenossen tief verstört und im kollektiven Gedächtnis lang gewirkt haben; die andererseits auch starke Impulse in Richtung Staatsbildung gaben, in je unterschiedliche Richtungen. Kennzeichnend an diesen Kriegsepochen (die man sich nicht als kontinuierliche Kriegsgeschehen vorstellen darf) war die Breite an einbezogenen Akteuren: Nicht nur Monarchen, sondern auch große und kleine private Kriegsunternehmer wie auch die adligen Herrschaftsschichten (die sich in England im Parlament fanden, im Reich in den Reichsständen) waren beteiligt und suchten zu profitieren. Wir haben es fast immer mit einer Überkreuzung von inneren und äußeren Auseinandersetzungen zu tun. Muster des religiösen Konflikts, regionale Bestrebungen um Unabhängigkeit und die Kämpfe zwischen Monarchen und anderen Mächtigen vermischten sich und sind in der Fülle der Ereignisse, der Diskussionen darum, auch der Mythen, die darum gesponnen wurden, schwer auseinanderzuhalten. Ein Teil unserer Schwierigkeiten, diese Zeit zu verstehen, liegt auch darin, dass wir die eminente Bedeutung der Religion für das Staatswesen nicht mehr nachvollziehen können. Die Gewaltsamkeit war enorm, die Zerstörung von Gesellschaft, Ökonomie und Kultur zwangsläufig auch. Diese Kriege dauerten sehr lang und in unterschiedlicher Weise führten sie alle zu einer Zunahme an staatlichen Kapazitäten. Zum Beispiel bedingte die periodische Aushebung von Soldaten, dass der Staat besser Buch führte über seine Untertanen, dass Einwohnerschaft, Steuerzahlung und Religionszugehörigkeit genauer registriert wurden. Der katastrophische Eindruck, den man aus der Schilderung dieser langen Kriegsepochen gewinnt, täuscht insofern: Der Staat ging meist gestärkt daraus hervor.

Staat und Staatlichkeit in der europäischen Moderne

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