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Die Rückkehr zu starken Marken

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In den 1920er-Jahren blieb die Situation auf den Kondensmilchmärkten angespannt. Zahlreiche Unternehmen kämpften mit Überkapazitäten und stiessen diese zu günstigen Konditionen ab. In diesem wettbewerbsintensiven Umfeld gewann die Vermarktung zunehmend an Bedeutung.250

Um die Profitabilität des Unternehmens auf dem Gebiet der Kondensmilch wieder herzustellen, zog Nestlé 1922 alle Kampfmarken aus dem englischen Markt zurück und konzentrierte seine gesamten Mittel auf die beiden Qualitätsmarken Milkmaid für gezuckerte und Ideal für ungezuckerte Kondensmilch.251 Dabei wurden die Preise von Nestlés Marken bewusst über denjenigen der Konkurrenz gehalten, um die erstklassige Qualität der Produkte herauszuheben.252 Im Gegensatz zur bisherigen Geschäftspolitik, deren Erfolg auf der Massenproduktion von Kondensmilch bei geringen Margen lag, baute Nestlé in Grossbritannien nun wieder bewusst die Qualitätsmarken Milkmaid und Ideal auf. Zudem wurde eine erste rudimentäre Marktforschung aufgezogen und der Vertrieb über firmeneigene Verkaufsgesellschaften, der sich in den europäischen Kolonien sehr bewährt hatte, auch in Europa vorangetrieben.253 Diese erlaubte es der Verkaufszentrale in Paris, erstmals erfolgreiche Werbekampagnen in andere europäische Länder zu übertragen, wobei Nestlé ihre Werbung stets den besonderen Verhältnissen in den jeweiligen Ländern anpasste.254 Die Reorganisation in den 1920er-Jahren kann daher als eine entscheidende Weichenstellung von einer quantitativen Mengen- zu einer qualitativen Markenorientierung gesehen werden. Ähnliche Tendenzen lassen sich auch bei anderen Schweizer Lebensmittelunternehmen wie Chocolat Tobler beobachten, wo die Werbeanstrengungen in den 1920er-Jahren auf einige Hauptmarken wie die Toblerone fokussiert wurden.255

Die neue Vermarktungsstrategie konnte allerdings nicht verhindern, dass Milkmaid und Ideal ab Mitte der 1920er-Jahre durch Billigmarken immer stärker unter Druck gerieten.256 Die Schweizer Dauermilch war von der Qualität her der Konkurrenz zwar überlegen. Bei der Kondensmilch-Herstellung liessen sich allerdings nicht grosse Qualitätsunterschiede erzielen,257 welche die Abwanderung einer wirtschaftlich gebeutelten Bevölkerung zu billigeren Marken verhindert hätten. Durch die Wirtschaftskrise in der Weimarer Republik und die Kohlearbeiterstreiks in Grossbritannien war die Kaufkraft der Arbeiterschaft in jenen Ländern dermassen gesunken, dass sie sich teure Markenprodukte wie Milkmaid nicht mehr leisten konnte.258 Schliesslich verlor Nestlé durch den Markteintritt von US-Unternehmen während der Weltwirtschaftskrise ihre bisherige Vormachtstellung im britischen Kondensmilchgeschäft. Die Marge der evaporierten Ideal-Milch sank dadurch so stark, dass sich in diesem Markt keine Gewinne mehr erzielen liessen. In Europa stellte sich mit Verzögerung also dieselbe Marktsituation wie in Nordamerika ein.259

Einzig in den europäischen Kolonien blieb Nestlés Kondensmilch profitabel.260 1925 war es Nestlé gelungen, mit Borden ein «Foreign Markets Agreement» abzuschliessen, welches dem US-Unternehmen verbot, ausserhalb der nordamerikanischen und europäischen Märkte Kondensmilch zu produzieren oder zu verkaufen. Eine spezielle Regelung galt für die sogenannten «Inselmärkte» Kuba, Panama, Philippinen, Hawaii, Guam und Puerto Rico, wo Nestlé das Recht hatte, sich für eine festgelegte Summe von minimal 150 000 US-Dollar das exklusive Verkaufsrecht bei Borden für ein Jahr zu erkaufen.261

Mit den Verträgen von 1925 konnte sich Nestlé weiterhin die Vorherrschaft auf den Kondensmilchmärkten in Afrika, Asien und Lateinamerika sichern. 1928 wurde aus der Schweiz fast ebenso viel Dosenmilch exportiert wie vor dem Ersten Weltkrieg, wobei über die Hälfte davon nach Südostasien (insbesondere Malaysia, Holländisch Indien und Indochina) geliefert wurde.262 In diesen Märkten hatte die Schweizer Dosenmilch dank ihrer Qualität grosses Ansehen erlangt und wurde vor allem von den dort ansässigen Europäern getrunken, während sich die ärmere Bevölkerung mit zweitklassiger australischer Milch begnügen musste. Da Nestlé ihre Milch von Australien her wesentlich günstiger anbieten konnte als andere Schweizer Unternehmen, gelang es ihr, diese in den südostasiatischen Märkten zurückzudrängen.263 Dadurch zählten die Exportmärkte in den Tropen Ende der 1920er-Jahre wieder zu den wichtigsten Absatzgebieten von Nestlés Kondensmilch.264

Flagschiff Nescafé - Nestlés Aufstieg zum grössten Lebensmittelkonzern der Welt

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