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5. Materielles ausländisches Recht a) Anwendung und Auslegung
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Materielles ausländisches Recht wird wohl in jeder universitären Schwerpunktprüfung mitgeteilt; bei Masterstudiengängen kommt es darauf an, ob ggf materiellrechtliche Kenntnisse einer bestimmten ausländischen Rechtsordnung zum Curriculum gehören. Selbst wenn man für seine bevorstehende Prüfung danach von der Mitteilung ausländischer Normen ausgehen darf, lohnt sich das rechtsvergleichende Studium. Durchaus erwartet werden kann nämlich ein vernünftiges Verständnis einer mitgeteilten ausländischen Regelung, das nicht selten systematische und dogmatische Grundkenntnisse voraussetzt. Wer eine legítima als Pflichtteil behandelt, im französischen Sachenrecht das Abstraktionsprinzip sucht, das domicile für den ins Englische übersetzten Wohnsitz hält und die mailbox theory noch nie gegen die Zugangstheorie abgegrenzt hat, hat es sicher schwerer, grundlegende auslandsrechtliche Zusammenhänge zu erfassen. Die oft gestellte Frage, „wie viel und welche Rechtsvergleichung zu lernen“ sei, lässt sich schwer beantworten.
Sich hier ein Fundament von Kenntnissen zu schaffen, ist in systematischer Weise mit dem wegweisenden und leider nicht neu verlegten Werk von Zweigert/Kötz[1] möglich, gewiss auch mit Leitfäden oder dicken Lehrbüchern zur Rechtsvergleichung jüngeren Datums. Die Faszination ausländischen Rechts, dessen Studium in historischem und sozialem Kontext auch Verständnis der fremden Kultur fördert, entsteht freilich nur, wenn man es nicht bei der Methodenlehre der Rechtsvergleichung belässt, der sich manche Werke nach dem eher praktisch orientierten Geschmack des Verfassers etwas zu breit widmen: Die in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreich publizierten kleinen Lehrbücher zur Einführung in dieses und jenes Recht sind zwar nicht immer im methodischen Sinn Rechtsvergleichung, also Spiegelung des eigenen Rechtsverständnisses am fremden Recht; aber sie bieten beste Einstiege in die unbegrenzte spannende Welt der Verschiedenheit von Recht, Gesellschaft und Kultur. Vieles, was sich beim Nachschlagen der dort gefundenen Rechtsbegriffe (Sprachkenntnisse vorausgesetzt) bei Wikipedia findet – auch wenn diese Quelle nicht wissenschaftlich zitationsfähig ist – ist jedenfalls in den größeren Rechtsordnungen (USA, UK, Frankreich, Italien, Spanien) von durchaus ordentlicher Qualität. Überhaupt hat das Internet die rechtsvergleichenden Erkenntnisquellen revolutioniert und Studenten sollten sich in der Kunst der Quellen- und Entscheidungssuche üben. Nicht zuletzt die aus der gerichtlichen Praxis im Familien- bzw Erbrecht nicht wegzudenkenden Nachschlagewerke Bergmann/Ferid und Ferid/Firsching sollten jedenfalls bei der Falllösung im Seminar vertraut sein.
Schließlich sollten entsprechende Vorlesungen besucht werden, zumal wenn sie von muttersprachlichen Juristen aus der behandelten Rechtsordnung angeboten werden, auch wenn kein unmittelbarer Zwang dazu besteht. Es macht aber bei aller Breite dieses Studiums einen ganz besonderen Reiz der hier behandelten Fächer aus, dass man, ob im Studium oder später als Praktiker, immer wieder vor neuen Phänomenen steht.