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Ein hartes Leben
ОглавлениеShanidar Nr. 1 lebte und starb vor etwa 50.000 Jahren im kurdischen Irak. Für einen Neandertaler ist er ziemlich berühmt: Nicht nur, dass sein Skelett unter Paläoanthropologen als eines der am vollständigsten erhaltenen Neandertalerskelette gilt – er führt zudem ein literarisches Eigenleben, als Vorbild für die Figur Creb in Jean M. Auels Roman Ayla und der Clan des Bären. Der Roman beruht weitgehend auf den Details der persönlichen Biografie von Shanidar Nr. 1, denn er führte ein hartes Leben. Das wissen wir durch seine Knochen. Ähnlich wie die glanzvollen forensischen Anthropologen in beliebten TV-Dramen sind Paläoanthropologen tatsächlich in der Lage, die Details der Lebensgeschichte eines fossilisierten Individuums zu rekonstruieren. Viele dieser Details sind banal: wie alt die Person war, welches Geschlecht sie hatte, wie groß sie war, wie schwer usw. Das Becken von Shanidar Nr. 1 teilt uns mit, dass er männlich war (es ist schmaler als ein weibliches Becken), dort, wo die Knochen des Schädels zusammengewachsen sind, erfahren wir, dass er zwischen 30 und 40 Jahre alt war, als er starb (eher Richtung 40), und seine Arm- und Beinknochen zeigen an, dass er ungefähr 1,72 m groß war – einer der größten bekannten Neandertaler. Das ist alles natürlich nicht besonders exotisch. Aber Paläoanthropologen, in diesem Fall Erik Trinkaus, können an Knochen physische Traumata erkennen – zu Lebzeiten aufgetretene Verletzungen oder Krankheiten.16
Und Shanidar Nr. 1 war ganz schön übel zugerichtet! Sein rechter Arm war schon mehrere Jahre vor seinem Tod vollkommen nutzlos, ja es scheint sogar, als habe er seinen gesamten Unterarm verloren: Keiner der Knochen des rechten Unterarms wurde beim Skelett gefunden, und der abgeheilte Stumpf des Oberarms (Humerus) weist auf eine Amputation knapp oberhalb des Ellenbogens hin, entweder durch eine direkte Verletzung oder vielleicht auch durch ein anderes Individuum, das den verstümmelten Unterarm entfernte. Auf der rechten Seite sind der Oberarm, das Schulterblatt und das Schlüsselbein etwa 10 % kleiner als auf der linken, und die oberen Knochenschichten sind viel dünner. Dies könnte an einer Unterbrechung des Wachstums liegen, z.B. durch Lähmung als Kind oder durch eine posttraumatische Knochenatrophie als Erwachsener. Ebenfalls von einer Verletzung betroffen waren sein rechter Fuß und sein rechtes Bein. Einer seiner Mittelfußknochen des rechten Fußes (derjenige, der zu seinem kleinen Zeh führte) war gebrochen, und die Fraktur hatte zu einer arthritischen Degeneration des rechten Knöchels geführt, wahrscheinlich, weil Shanidar Nr. 1 auch trotz des Bruchs weiterhin zu Fuß ging. Von der Arthritis war sogar das Knie betroffen, das eine schwerwiegende arthritische Degeneration aufweist. Links sind Fuß, Bein und Knie ganz normal. Offenbar muss Shanidar Nr. 1 auf der rechten Seite etwas Schlimmes widerfahren sein.
Und als ob eine fast nutzlose rechte Seite nicht genug wäre, hat Shanidar Nr. 1 einen heftigen Schlag gegen die linke Seite seines Gesichts erfahren – einen Schlag, der ihm den Augenhöhlenknochen brach (wodurch er wahrscheinlich auf diesem Auge erblindete) sowie das linke Jochbein und die linke Seite seines Schädels. Wie die Verletzung an seiner rechten Seite war dieses Gesichtstrauma ganz lange, bevor Shanidar Nr. 1 starb, ausgeheilt. Und dann hat er auch noch rechts am Kopf eine Schnittwunde erlitten, durch einen Schnitt, der so tief war, dass er bis in den Knochen ging. Auch diese hat er überlebt.
An jeder dieser Verletzungen, mit Ausnahme des gebrochenen Fußes vielleicht, hätte Shanidar Nr. 1 sterben können, aber er hat sie überlebt. Doch wie kamen sie zustande? Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Trinkaus hat hierzu, in dem ihm eigenen vorsichtig-wissenschaftlichen Stil, drei mögliche Szenarien vorgeschlagen:
1. Shanidar Nr. 1 hatte einen Unfall. Vielleicht gab es in der Shanidar-Höhle einen Steinschlag, der zu den Verletzungen an seiner rechten Seite führte und eventuell auch sein Gesicht in Mitleidenschaft zog.
2. Der vermeintliche Schlag ins Gesicht und an seinen Kopf verletzte den linken Motorkortex des Gehirns, der die rechte Seite des Körpers steuert. Dieser neuronale Schaden führte zu einer Lähmung der rechten Körperhälfte und schließlich zur Atrophie des Arms. (Wir halten dies eher für unwahrscheinlich. Ein Schlag auf die linke Seite des Kopfes führt nämlich durch den sogenannten Contre-coup-Effekt eher zu Schäden an der rechten Seite des Gehirns, da es dabei gegen die rechte Schädelwand prallt.)
3. Shanidar Nr. 1 erfuhr eine Verletzung an der rechten Schulter, bei der der Arm aus dem Gelenk gerissen wurde, was eine Lähmung der Schulter und des Arms mit nachfolgender Atrophie zur Folge gehabt hätte. Die Verletzungen am rechten Fuß und der linken Gesichtshälfte hatten demnach nichts miteinander zu tun.
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis ist, dass Shanidar Nr. 1 überlebt hat, und zwar nicht nur ein paar Tage lang, sondern mehrere Jahre. Und das kann er allein niemals geschafft haben. Jemand pflegte ihn gesund, und nach seiner Genesung nahm er wieder am Leben der anderen Neandertaler teil. Dies ist unser erster wirklicher Hinweis auf die Funktionsweise des Geistes der Neandertaler. Wahrscheinlich rühren die Blessuren der rechten Seite daher, dass Shanidar Nr. 1 einen Unfall hatte. Die Verletzungen in seinem Gesicht sind jedoch weniger deutlich als Folge eines Unfalls auszumachen, und in der Tat könnten sie daher stammen, dass ihm jemand einen heftigen Schlag ins Gesicht verpasst hat.
Paläoanthropologen schreiben prähistorischen Menschen nur ungern und sehr zögerlich zwischenmenschliche Gewalt zu, es sei denn, es gibt klare Beweise dafür; aber hier können wir fast sicher sein, dass es dazu kam. Immerhin ist eine gewalttätige Interaktion kein ausschließliches Merkmal des modernen Menschen, sondern auch bei vielen modernen Primaten zu finden, unter anderem bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen. Es wäre ein Fehler, zwischenmenschliche Gewalt bei Neandertalern auszuschließen, nur weil sie einem etwas unglücklichen Stereotyp entspricht. Falls Shanidar Nr. 1 tatsächlich bei einer körperlichen Auseinandersetzung verletzt wurde, steht er damit nicht alleine da. Shanidar Nr. 3 wurde ermordet.
Das Skelett von Shanidar Nr. 3, der kein direkter Zeitgenosse von Nr. 1 war, ist insgesamt nicht so gut erhalten, aber sein Brustkorb schon, und dieser würde mit dem, was er einem Forensiker verrät, glatt in eine Folge von CSI passen. Die obere Kante der neunten Rippe links (wenn man von oben herunterzählt) weist eine tiefe Kerbe auf, die den Knochen beinahe in der Mitte durchtrennt. Das einzige Objekt im Leben der Neandertaler, das in der Lage gewesen wäre, ihm eine entsprechende Wunde beizubringen, war ein Werkzeug aus Stein – entweder die Kante eines Messers oder, was wahrscheinlicher ist, die Spitze eines Speers. Die Ränder der Wunde hatten bereits begonnen zu heilen, aber Shanidar Nr. 3 starb, bevor die Heilung abgeschlossen war. Beim verletzten Knochen hatte jedoch noch keine Heilung eingesetzt, was darauf hindeutet, dass die Speerspitze in der Wunde verblieb, bis Shanidar Nr. 3 starb. Trinkaus schätzt, dass Shanidar Nr. 3 noch mehrere Wochen gelebt haben könnte, bevor er an seiner Wunde starb, vielleicht aufgrund einer starken Infektion. Die Speerspitze hatte wahrscheinlich das Lungenfell durchstoßen, und obwohl eine solche Wunde nicht notwendigerweise tödlich sein musste, war sie es in diesem Fall. Einige (vielleicht eher pazifistisch angehauchte) Anthropologen haben vorgeschlagen, Shanidar Nr. 3 könnte ein wenig ungeschickt gewesen und auf seinen Speer gefallen sein, wie eine Art Inspektor Clouseau der Neandertaler. Das erscheint uns dann doch allzu weit hergeholt. Viel wahrscheinlicher ist, dass ihn jemand mit dem Speer getötet hat. Aber wer? Steven Churchill hat vor Kurzem diese inzwischen berühmt gewordene neunte Rippe noch einmal untersucht und festgestellt, dass die Wunde durch einen Wurfspeer entstanden sein muss und nicht durch den üblichen Speer der Neandertaler, der gestoßen wurde.17 Churchill führte dazu ein Experiment durch, mit toten Schweinen (diese ähneln in Größe und Muskulatur dem menschlichen Brustkorb) und rekonstruierten Neandertaler-Stoßspeeren. Dabei richteten die Speere einen weitaus größeren Schaden an den Rippen der Schweine an, als man ihn bei Shanidar Nr. 3 findet. Aber als Churchill einen Speerwerfer einen modernen Speer werfen ließ, ähnelte das Ergebnis stark der Wunde von Shanidar Nr. 3. Soweit wir wissen, haben die Neandertaler jedoch niemals Wurfspeere verwendet. Shanidar Nr. 3 wurde also nicht nur getötet, es könnte sogar sein, dass er durch einen Homo sapiens sapiens getötet wurde. Archäologische Funde legen nahe, dass der moderne Mensch sich zum ersten Mal vor 50.000 Jahren oder etwas später im Nahen Osten niederließ (es gibt keine Skelette aus dieser Zeit), somit wäre dieses Szenario zumindest nicht unmöglich; allerdings haben viele Anthropologen hier Einwände und vermeiden es lieber, die Existenz von Aggressionen zwischen Neandertalern und modernen Menschen auf der Basis eines einzigen (zumal rätselhaften) Beispiels zu konstatieren. Dennoch wirft es die unvermeidliche Frage auf: Wie lange schon töten die Menschen im Nahen Osten einander aufgrund unüberbrückbarer Differenzen?
So melodramatisch dieses Szenario auch ist, es dient hier in erster Linie dazu, das Thema, mit dem wir uns gerade beschäftigen, zu illustrieren. Die Neandertaler aus der Höhle Shanidar führten ein hartes, gefährliches Leben, im Laufe dessen sie schwere Verletzungen erwarteten oder solche Verletzungen zumindest nicht unüblich waren. Von den sechs einigermaßen vollständig erhaltenen Skeletten erwachsener Neandertaler, die in der Höhle Shanidar ausgegraben wurden, wiesen vier schwere Verletzungen auf, die sie überlebten. Alle älteren Neandertaler (älter heißt hier 35 bis 40) hatten Verletzungen erlitten. Verletzungen waren einfach ein Teil ihres Lebens. Ebenso litten alle erwachsenen Neandertaler von Shanidar an degenerativen Gelenkerkrankungen – betroffen davon waren ihre Knie, Schultern, Ellbogen, Sprunggelenke, Füße und Rücken.
Zumeist waren diese wohl nicht sonderlich hinderlich, außer in Fällen wie Shanidar Nr. 1, bei dem diese Erkrankungen eine indirekte Folge äußerer Verletzungen waren. Aber sie waren schmerzhaft. Die Shanidar-Neandertaler bekamen die Arthritis in ihren Gelenken aufgrund konstanter, schwerer Belastung. Und sie wurden nicht älter als 45. Um ihr Leben waren die Neandertaler wahrlich nicht zu beneiden.
Die Shanidar-Neandertaler waren keine Ausnahme. Das Muster von Verletzungen und degenerativen Gelenkerkrankungen, das ihre Skelette aufweisen, wiederholt sich überall dort, wo Neandertaler gefunden werden. Der Alte Mann von La Chapelle-aux-Saints, vielleicht der berühmteste Neandertaler überhaupt, litt ebenfalls an schwerer Arthritis, hatte eine degenerative Hüftpfanne und eine ausgeheilte gebrochene Rippe; außerdem verlor er die meisten seiner Zähne, einschließlich aller Zähne, die er zum Kauen benötigte. Und als er vor etwa 50.000 Jahren starb, war er auch nicht sehr alt, wahrscheinlich zwischen 30 und 40 Jahre. Die Verletzungen, der Zahnverlust und die degenerativen Erkrankungen beeinflussten seine Anatomie so stark, dass sie sogar einer genauen Rekonstruktion im Weg standen. 1910 beschrieb der französische Anatom Marcellin Boule den Alten Mann von La Chapelle-aux-Saints und seinen gebückten Gang und seine Beine, die er nicht durchstrecken konnte – ein Bild, das sich umgehender Beliebtheit erfreute und weitgehend für das falsche Bild verantwortlich ist, das die meisten Menschen heute vom Neandertaler in ihrem Kopf mit sich herumtragen.
Ein neueres Bild vom Neandertaler ist realistischer, wenn auch durchaus verblüffend: der Neandertaler als Rodeo-Cowboy. Erik Trinkaus ist seit Langem vom Muster der Verletzungen, die sich an den Skeletten der Neandertaler finden, fasziniert (das verwundert jetzt nicht weiter, bedenkt man seine detaillierte Untersuchung der Skelette von Shanidar). In den frühen 1990er Jahren machten er und Thomas Berger sich daran, nachzuforschen, ob sie bei Skeletten moderner Menschen ähnliche Muster finden konnten.
Sie untersuchten sieben Gruppen von Skeletten: drei mit Skeletten moderner Menschen, drei mit archäologischen Funden prähistorischer Menschen und eine Gruppe mit Sportverletzungen unter Rodeo-Cowboys. Wenn Sie schon einmal ein Rodeo gesehen haben oder bei einem vor Ort waren, wissen Sie, dass die Cowboys dort gegen wirklich große Tiere antreten: Pferde, Rinder und, am gefährlichsten von allen, Stiere. Diese Tiere werden eigens für ihre Fähigkeit gezüchtet, junge Männer abzuwerfen, die versuchen, auf ihnen zu reiten. Verletzungen sind hier so allgegenwärtig, dass die Professional Rodeo Cowboys Association, die zwischen 1981 und 1990 alle von ihren Mitgliedern erlittenen Verletzungen verzeichnet hat, auf 2.593 Verletzungen kommt. Es waren die Skelette solcher Rodeo-Cowboys, die Berger und Trinkaus die Augen öffneten.18 Das bei den Neandertalerskeletten entdeckte Verletzungsmuster war dem der Rodeo-Reiter sehr ähnlich: „Es gibt lediglich unwesentliche Unterschiede zwischen den diversen Läsionstabellen der Neandertaler und denen der Rodeo-Reiter.“ Bei beiden gab es einen extrem hohen Anteil an Kopf- und Halsverletzungen, doppelt so hoch wie bei den normalen Skeletten. Berger und Trinkaus kamen zu dem Schluss, dass der Neandertaler „viele unschöne Begegnungen“ mit großen Tieren gehabt haben muss. Die meisten Verletzungen scheinen aufgetreten zu sein, während die Neandertaler „in ihren besten Jahren“ waren, soll heißen: junge Erwachsene. Und 87 % der Kopf- und Halsverletzungen der Neandertaler kamen bei männlichen Exemplaren vor – eine Tatsache, auf die wir in einem späteren Kapitel noch zurückkommen werden. Wir nehmen zwar nicht an, dass die Neandertaler Stiere ritten oder Willie Nelson hörten, während sie in zerbeulten alten Pickup-Trucks herumfuhren. Vielmehr sind wir der Meinung, dass ein fester Bestandteil ihres Lebens eine ziemlich brutale Art der Jagd war – gefährlich genug, dass diejenigen, die lange genug überlebten, um das Erwachsenenalter zu erreichen, damit rechnen mussten, sich schwere körperliche Verletzung zuzuziehen.
Nicht nur, dass die Neandertaler ein gefährliches Leben mit einem hohen Maß an körperlicher Anstrengung führten, sie waren zudem einer regelmäßig wiederkehrenden Nahrungsmittelknappheit ausgesetzt. Auch dies verraten uns ihre Skelette, in diesem Fall die Zähne. Bleibende Zähne beginnen ihr Wachstum im Kiefer bereits kurz nach der Geburt. Dort, wo sich später die Zahnkrone befindet, wird Zahnschmelz abgelagert, wobei schließlich viele Zahnschmelzschichten übereinanderliegen, die älteste zuunterst. Falls ein Säugling in dem Zeitraum, in dem sich der Schmelz bildet, unter Mangelernährung leidet, wird die Zahnschmelzbildung gestört; solche Störungen sind später dauerhaft am erwachsenen Zahn zu erkennen, als Rillen oder Furchen, ein Zustand, den man Hypoplasie nennt. Es gab bereits mehrere Studien zu den Zähnen der Neandertaler, die nach Beweisen für eine solche Hypoplasie suchten, und alle wurden fündig, und zwar in signifikanten Frequenzen. Debbie Guatelli-Steinberg und ihre Kollegen identifizierten eine Zahn-Hypoplasie in 39 % der untersuchten Neandertaler, eine Zahl, die denen anderer Studien ähnelt. In anderen Worten: Fast 40 % der Neandertaler erfuhren als Säugling über längere Zeiträume hinweg eine mangelhafte Ernährung.19 Und da sie an diesem Punkt in ihrem Leben ziemlich sicher gestillt wurden, bedeutet das zugleich, dass ihre Mütter unter Stress litten; Hunger scheint an der Tagesordnung gewesen zu sein.
Aber wir müssen dies im größeren Zusammenhang sehen, bevor wir daraus schließen, dass die Neandertaler sich schlecht um ihre Angehörigen kümmerten. Als Guatelli-Steinberg dieselben Techniken auf die Kiefer von Inuit aus dem Norden Kanadas anwendete, die ein paar Hundert bis ein paar Tausend Jahre alt waren, wiesen diese fast dieselbe Zahl auf: 38 % trugen Anzeichen für Hypoplasie. Wir lernen daraus also nicht, dass die Neandertaler keine guten Jäger und Sammler waren, sondern vielmehr, dass das Jagen und Sammeln in kalter, feindlicher Umgebung immer eine riskante, unberechenbare Angelegenheit ist. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, waren die Neandertaler technologisch nicht so fortschrittlich wie die Inuit; dass sie es aber mit viel einfacheren Werkzeugen auf ein vergleichbares Ernährungsniveau brachten, ist ein Beweis für den Erfolg ihrer eher körperlichen Annäherung an das gefährliche tägliche Leben.