Читать книгу Wenn Arbeit Belohnung genug ist - Thorsten Giersch - Страница 7
Weil die Motivationswirkung nur kurzzeitig anhält
ОглавлениеEs war die genialste Idee, die der Hotel-Manager je hatte: Um mehr Gäste in sein Haus zu locken, bot er ihnen ungewöhnliche Zusatzleistungen an. Im ersten Jahr war es eine kostenlose Autowäsche; die Kunden waren begeistert. Doch als dieselben Gäste zum zweiten und dritten Mal kamen, schwand plötzlich ihre Begeisterung. Sie hatten sich an den Service gewöhnt. So erfand der Hotel-Manager eine weitere Nettigkeit, die Hotels ihren Gästen üblicherweise nicht anbietet, und im nächsten Jahr noch eine. Doch als er aus Kostengründen die Autowäsche abschaffen wollte, liefen die Kunden dagegen Sturm.
Die kleine, übrigens reale Episode zeigt, warum Boni bei Mitarbeitern nur selten eine anhaltend positive Motivationswirkung entfalten, und auch nur dann, wenn man sie geschickt einsetzt: Der Gewöhnungseffekt macht alles kaputt. Die Folgen zeigen sich bei fast allen Firmen: Selbst bei Verlusten wird eine Gewinnbeteiligung ausbezahlt. Dabei sind die vollen 100 Prozent nicht außerordentlich, sondern selbstverständlich. Mitarbeiter, die trotz schwieriger Zeiten nur 90 Prozent ausgeschüttet bekommen, sind betrübt und fragen laut, wofür sie in den vergangenen zwölf Monaten denn bitte geschuftet hätten.
Neben diesem unangenehmen Gewöhnungseffekt ist Unzufriedenheit eine typische Folge monetärer Anreize. Durch die künstliche Erhöhung der Reizstärke wird die innere Antriebsenergie vieler Mitarbeiter nur noch geringfügig abgerufen. Selbst bei gleichbleibender Höhe der Zahlungen entsteht Enttäuschung. „Diese Undankbarkeit der Mitarbeiter ist verhaltensökonomisch nicht nur zwingend, sondern auch moralisch gerechtfertigt“, schreibt Vordenker Sprenger.