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2.5 Ich-Analyse

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Sigmund Freud gilt gemeinhin nicht selbst als Vertreter der Ich-Psychologie, dafür ist sein Ich-Begriff zu uneinheitlich und unausgearbeitet und der Hauptakzent liegt deutlich auf einer »trieblogischen« Konzeption psychischer Vorgänge. Besonders seine Tochter Anna Freud und Heinz Hartmann gelten als diejenigen Psychoanalytikerinnen, die die Ich-Psychologie entwickelt und systematisiert haben. Nichtsdestoweniger nutzt S. Freud die Konzeption des Ichs im Instanzen-Modell in der Zeit zwischen 1920 und 1939 zur Grundlegung der späteren Ich-Psychologie.

So geht es Freud (1921c) beispielsweise in Massenpsychologie und Ich-Analyse um das Zusammenspiel von Identifizierung der Mitglieder einer »Masse« (als Beispiele nennt er Kirche oder Heer) untereinander und das Ersetzen des (individuellen) Ich-Ideals durch die Person eines Führers. Wie oben gezeigt versteht Freud Identifizierung als Teil der psychischen Entwicklung und zwar in zweierlei Weise: einmal im Kontext eines »Schattens des Objekts«, als des nun vorgestellten, weil in der Wahrnehmung abwesenden Objekts, und einmal im Kontext einer aufgegebenen Objektbesetzung, als Identifizierung mit derjenigen Person, die den Zugang zum Objekt verstellt oder reglementiert. Freud kontrastiert die Psychodynamik der Verliebtheit mit der Figur einer aufgegebenen Objektbesetzung und deren Folge der Identifizierung: In der Verliebtheit wird das Objekt (bzw. seine Besetzung) nicht aufgegeben, sondern »[d]as Objekt hat sich an die Stelle des Ichideals gesetzt« (1921c, S. 125; Sperrung aufgeh. TS). Massenpsychologisch betrachtet ist es für Freud daher die Liebe zum Führer, die dazu führt, dass Einzelne (in der Masse aber auf dieselbe Weise) ihren inneren Maßstab an Stolz oder Selbstwert an einem äußeren Objekt orientieren (und sekundär auch Moralität, Legitimation, Recht): Ziel ist es, vom Objekt/Führer geliebt zu werden, das heißt die eigene Liebe erwidert zu finden. In einem zweiten Begründungsschritt wird so Massenkohäsion begreifbar: Die Mitglieder einer Masse, die ihr Ich-Ideal durch die Figur des Führers ersetzt haben, identifizieren sich miteinander aufgrund dieser Ähnlichkeit: »Eine […] primäre Masse ist eine Anzahl von Individuen, die ein und dasselbe Objekt an die Stelle ihres Ichideals gesetzt und sich infolgedessen in ihrem Ich miteinander identifiziert haben.« (a. a. O., S. 128; Sperrung aufgeh. TS) Das Ich-Ideal (genauer Kap. 4.1) versteht Freud hier als »eine Stufe im Ich«, gleichsam als einen Teil, in dem zwischen dem Selbst- und einem Idealbild verglichen wird. Freud meint, die »Sonderung« zwischen Ich und Ich-Ideal sei »bei vielen Individuen nicht weit fortgeschritten […] das Ich hat sich oft die frühere narzißtische Selbstgefälligkeit bewahrt« (a. a. O., S. 144f.). Nebenbei taucht hier also auch die Figur auf, dass narzisstische Dysregulation Menschen anfälliger für massenpsychologische Dynamiken oder »Führerglauben« macht.

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