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Prolog Montag, erster Tag nach Beendigung der Herbstferien
ОглавлениеKonrad Mayer saß in seinem Stuhl und grübelte. Nervös drehte er seinen dunkelblauen Füllfederhalter zwischen den Fingern hin und her, während sein starrer Blick nach draußen auf die graue Straße schweifte. Seit heute Morgen nur Regen, soweit das Auge reichte. Die Autos fuhren durch die Pfützen, die sich auf der Fahrbahn ausgebreitet hatten. Die patschenden Laute drangen trotz des geschlossenen Fensters an Mayers Ohr. Aber er nahm sie nicht wahr, sondern stierte geistesabwesend ins Freie.
Was war nur in sie gefahren, einfach nicht mehr in der Schule zu erscheinen? War ihr etwas zugestoßen? Warum meldete sie sich nicht? Und was sollte er jetzt mit den Klassen und Kursen machen, die auf ihre Lehrerin warteten?
Mayer stand auf, ging zum Ausgang und riss die Tür seines Büros auf. Die Sekretärin zuckte zusammen. »Huch«, entfuhr es ihr. Entgeistert blickte sie den Schulleiter aus weit aufgerissenen Augen an.
»Frau Teichert«, sagte er aufgewühlt, »hat sich Frau Peters inzwischen gemeldet?« Die Sekretärin schüttelte den Kopf. »Sie würde doch anrufen, wenn sie krank wäre«, murmelte Mayer vor sich hin und umgriff die Halterung der Tür. Sollte er etwa jeden Kollegen einzeln befragen, um herauszubekommen, wo seine Mitarbeiterin geblieben war? Vielleicht wusste Robert etwas?
»Suchen Sie die Nummer des städtischen Polizeireviers heraus«, bat Mayer die Sekretärin und verschwand in seinem Büro hinter dem Schreibtisch. Keine zwei Minuten später hatte Frau Teichert eine Telefonverbindung hergestellt. Ein jung klingender Mann nahm am anderen Ende der Leitung ab. »Hier ist Konrad Mayer, der Direktor des Sportgymnasiums.«
»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?«
Mayer klopfte mit dem Füller, den er wieder zur Hand genommen hatte, mehrfach auf die Schreibtischunterlage. Sie erzitterte unter den dumpfen Schlägen.
»Eine meiner Mitarbeiterinnen, Rebecca Peters, ist heute Morgen nicht zum Unterricht erschienen. Sie ist sehr zuverlässig und meldet sich immer ab. Aber heute ist sie seltsamerweise nicht in die Schule gekommen. Nicht, dass etwas passiert ist.«
Eine kurze Pause am anderen Ende der Leitung entstand, während Mayer tief durchatmete.
»Heute ist doch der erste Tag nach den Herbstferien, richtig?«, fragte der Polizist.
Mayer bejahte.
»Vielleicht ist sie noch im Urlaub und kann aus dem Ausland heraus keinen Kontakt zur Schule herstellen?«
Der Direktor überlegte. Sollte sie tatsächlich allein weggefahren sein? Soweit er wusste, war sie seit geraumer Zeit Single. Aber in Wahrheit kannte er seine Mitarbeiterin dafür nicht gut genug. Nur die Tatsache, dass sie stets vertrauenswürdig war, ließ ihn an der Frage des Polizisten zweifeln.
»Sie hätte sicherlich eine E-Mail oder SMS geschrieben. Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass sich Frau Peters gemeldet hätte. Selbst, wenn sie nicht vor Ort wäre.«
Wieder sagte niemand der beiden ein Wort. Dann erklang die warme Stimme des Polizisten: »Herr Mayer, ich kann Ihre Besorgnis nachvollziehen. Allerdings lassen wir immer achtundvierzig Stunden verstreichen, bis wir Vermisstenanzeigen nachgehen.«
Mist! Das hatte er befürchtet.
»Also werden Sie erst am Mittwoch bei Frau Peters vorbeischauen, wenn sie sich bis dahin nicht bei uns gemeldet hat, richtig?«, fragte der Schulleiter.
»Genau.«
Mayer wechselte noch zwei drei Worte mit dem Polizisten, dann ließ er den Hörer in die Verankerung zurücksinken. Was war nur in sie gefahren?