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III. Außenvertretungsrecht

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Problematisch ist das Außenvertretungsrecht des ersten Bürgermeisters aus Art. 38 Abs. 1 GO. Nach einer Ansicht handelt es sich hierbei um ein bloßes Vertretungsrecht formaler Natur, das aber keine entsprechende Vertretungsmacht einräumt (str.).[9] Angesichts der abweichenden Rechtsprechung von BGH und BAG, die von einer umfassenden Vertretungsmacht des Bürgermeisters aus Art. 38 Abs. 1 GO ausgehen, wurde mit ÄndG vom 22.3.2018 die Vorschrift des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GO eingefügt, die die Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters „auf seine Befugnisse“ beschränkt. Mit der Neuregelung wird klargestellt, dass dem ersten Bürgermeister durch Art. 38 Abs. 1 GO keine umfassende Vertretungsmacht eingeräumt wird, sondern die Vertretungsmacht auf seine Befugnisse – insbesondere auf die Bereiche seiner eigenen Zuständigkeit nach Art. 37 GO und den Vollzug von Beschlüssen des Gemeinderats nach Art. 36 GO – beschränkt ist. Art. 38 Abs. 1 GO schafft damit nur ein formales Vertretungsrecht im Außenverhältnis. Sofern also der erste Bürgermeister ein Geschäft tätigt, welches in den Kompetenzbereich des Gemeinderats fällt (Art. 29 GO), so handelt der erste Bürgermeister als Vertreter ohne Vertretungsmacht (falsus procurator). Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts gilt dabei die allgemeine Fehlerlehre. Die Wirkungen seines eigenmächtigen Handelns bestimmen sich in der Folge danach, welchen Rechtsakt der erste Bürgermeister getroffen hat. Ein erlassener Verwaltungsakt ist rechtswidrig, eine Satzung/Verordnung nichtig, ein öffentlicher bzw. privatrechtlicher Vertrag schwebend unwirksam Art. 62 S. 2 BayVwVfG, § 177 BGB entsprechend bzw. § 177 BGB direkt.[10] Eine eigenmächtige Klageerhebung des ersten Bürgermeisters wird gem. § 173 VwGO in Verbindung mit § 89 ZPO entsprechend ebenfalls für schwebend unwirksam erachtet (kann aber nach h.M. auch noch nach Ablauf der Klagefrist vom zuständigen Organ genehmigt werden).[11] Besonders problematisch wird es in Fällen, in denen der erste Bürgermeister ohne entsprechende Beschlussgrundlage das gemeindliche Einvernehmen (§ 36 BauGB), welches nach seiner Rechtsnatur bloßes Verwaltungsinternum ist, zu einem Bauvorhaben verweigert.[12]

Der gute Glaube eines Vertragspartners wird hierbei generell nicht geschützt. Ein Vertragspartner hat stets die Möglichkeit, sich den den ersten Bürgermeister legitimierenden Beschluss des Gemeinderats vorlegen zu lassen und sich so von dessen tatsächlicher Vertretungsmacht zu überzeugen.[13]

Hinweis

Das Formerfordernis des Art. 38 Abs. 2 GO

Mit Ausnahme von ständig wiederkehrenden Geschäften des täglichen Lebens, die finanziell von unerheblicher Bedeutung sind (Alltagsgeschäfte), bedürfen Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, zwingend der Schriftform. Art. 38 Abs. 2 GO ist in Ermangelung gesetzgeberischer Kompetenz keine Formvorschrift bürgerlichen Rechts. Es liegt eine ausschließlich öffentlich-rechtlich zu beachtende Formvorschrift vor; für den Bereich zivilrechtlicher Erklärungen ist Art. 38 Abs. 2 GO als Einschränkung der Vertretungsmacht zu sehen.[14] Hieraus ergibt sich, dass öffentlich-rechtliche Erklärungen, die Art. 38 Abs. 2 GO nicht genügen,[15] nichtig sind, während für zivilrechtliche Erklärungen § 177 BGB gilt (schwebende Unwirksamkeit).

Prüfungsreihenfolge bei eigenständigem Handeln des ersten Bürgermeisters

I. Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO Laufende Angelegenheit

II. Art. 37 Abs. 2 GO Konstitutive Übertragung durch Geschäftsordnung

III. Art. 37 Abs. 3 GO Dringliche Angelegenheit

IV. Art. 38 Abs. 1 GO Formales Außenvertretungsrecht ohne entsprechende Vertretungsmacht

JURIQ-Klausurtipp

Denken Sie bei gemeindlichem Handeln bei Prüfung der Zuständigkeit an die gebotene Zweiteilung zwischen Verbands- und Organkompetenz. Sofern der erste Bürgermeister gehandelt hat, beginnen Sie Ihre Prüfung mit der Erörterung von Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO, gehen im Anschluss kurz auf die Art. 37 Abs. 2 und 37 Abs. 3 GO ein. Schließlich legen Sie dar, dass Art. 38 Abs. 1 GO ein formales Außenvertretungsrecht ohne die erforderliche Vertretungsmacht begründet. Sofern kein Fall von Art. 37 GO einschlägig ist, handelt der erste Bürgermeister ohne Kompetenz; sein Handeln ist rechtswidrig, da folglich der Gemeinderat bzw. ein beschließender Ausschuss organkompetent ist. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GO stellt dies klar.

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