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Am nächsten Tag studiert Theo aufmerksam das Dossier, das Olga über Thruxmore Medicals angefertigt hat. Als er durch ist, pfeift er durch die Zähne. Ich sollte Jessica anrufen, denkt er. Da läutet das Telefon.

„Chef, Jessica Strohmann für sie. Kann ich durchstellen?“

„Klar. Gedankenübertragung.“

„Was?“

„Nichts. Stell durch.“

„Hallo Herr Strack.“

„Hallo Frau Strohmann. Was gibt´s?“

„Herr Strack, ich habe heut Nachmittag um vier einen Termin bei der Anwältin meines Vaters. Es geht um die Testamentseröffnung. Ich würde sie gern dabeihaben. Wäre das möglich?“

Theo schaut auf seinen Kalender.

„Das ginge. Wer ist denn die Anwältin?“

„Eine Ruth Waldau.“

Ruth Waldau? Theo freut sich wie Bolle. Seit ihrer gemeinsamen Jagd auf Enver Schratt hat er die Anwältin nur noch selten gesehen.

„Trifft sich gut“, sagt er zu Jessica. „Ich kenn´ die Dame ein bisschen. Dann bis heut Nachmittag.“

Als Theo kurz vor vier in der Kanzlei eintrifft, steht Jessica Strohmann schon am Empfang. „Herr Strack! Das ist aber schön, sie mal wieder zu sehen!“ ruft die Sekretärin erfreut, als sie Theo hereinkommen sieht. „Weiß Frau Rechtsanwältin, dass sie kommen?“

„Nein. Ich bin mit Frau Strohmann hier.“

„Da wird sie aber Augen machen“, sagt die Sekretärin fröhlich. „Kommen sie mit, ich bring sie gleich rein.“

Auf dem Weg zum Büro sagt Jessica belustigt zu Theo:

„Ich habe den Eindruck, dass sie Frau Waldau mehr als nur ein bisschen kennen, oder?“ „Wie man´s nimmt“ antwortet Theo verschmitzt.

Sie haben Ruth Waldaus Büro erreicht. Die Sekretärin klopft und steckt den Kopf hinein.

„Frau Strohmann wäre jetzt da…und noch ein Herr.“

„Bitte“

Ruths dunkle, angenehme Stimme. Sie treten ein. Ruth reißt die Augen auf.

„Mensch, Theo, was machst du denn hier?“

Theo ist das peinlich, eigentlich ist ja Jessica Strohmann die Hauptperson. Aber Ruth ist taktvoll. Sie gibt erst Jessica die Hand und sagt:

„Entschuldigen sie, Frau Strohmann, aber Herr Strack ist ein guter Freund, den ich leider“- tadelnder Seitenblick zu Theo-„ viel zu selten sehe.“

„Ist schon in Ordnung“ lacht Jessica.

Ruth umarmt Theo herzlich.

„Jetzt sag´ doch, was führt dich her?“

„Ich arbeite für Frau Strohmann“ ist Theos knappe Antwort.

Ruth guckt misstrauisch.

„Theo“, sagt sie „du wirst doch nicht wieder die Arbeit von Kommissar Baer übernehmen wollen?“

Dabei klingt sie, als ob sie genau davon überzeugt ist. Theo schweigt und grinst unschuldig. „Schon gut“, sagt Ruth. Jetzt grinst sie auch.

„Bitte nehmen sie doch Platz.“

Nun wieder ganz coole Anwältin. Sie setzen sich.

„Es geht heute um die Eröffnung des Testaments ihres Vaters, Frau Strohmann. Wir warten nur noch auf ihre Stiefmutter. Aber ich möchte ihnen jetzt schon sagen, dass das nicht…nicht einfach werden wird.“

Jessica schaut bestürzt. „Warum?“

„Das werden sie bald herausfinden“, antwortet Ruth viel sagend

Wie auf ein Stichwort ist vor der Tür ein lautes Stimmengewirr zu hören. Besonders eine keifende Frauenstimme, die Theo zu seinem Bedauern sofort wieder erkennt, tut sich hervor. Auch Jessica hat die Stimme erkannt und verzieht das Gesicht. Die Tür geht auf.

Zunächst erscheint die Sekretärin, die mit genervtem Blick etwas sagen will, aber im nächsten Moment von einem Arm im Pelzmantel zur Seite gedrängt wird.

„Machen sie schon Platz“, schnauzt die Frau, die zu dem Arm gehört, und zwängt sich neben der Sekretärin ins Zimmer. Hinter ihr erscheint ein knochiger Mann mit bleicher Haut, der entfernt an den Filmvampir Nosferatu erinnert. Ruths Lächeln gefriert zu Eis.

„Guten Tag“, sagt der Pelzmantel, ohne jemanden die Hand zu geben „ich bin Frau Professor Strohmann. Das ist mein Rechtsanwalt Dr. Schlod.“

Nosferatu entblößt eine Reihe gelber Zähne, was er offenbar für ein Lächeln hält. Ruth murmelt „oh Gott.“

Ohne auf eine Aufforderung zu warten, nehmen die beiden am Tisch Platz. Frau Professor entdeckt Theo.

„Was wollen sie denn hier?“, keift sie. „Hatten wir gestern nicht gesagt, dass ihr Auftrag erledigt ist?“

„Sie haben das gesagt“, antwortet Theo ungerührt. „Ihre Stieftochter ist anderer Meinung. Ich arbeite jetzt für sie.“

Frau Professor wendet ruckartig den Kopf und schaut Jessica lauernd von der Seite an. „Was soll das, Jessica?“

„Ich hab´ schon meine Gründe. Wart´s nur ab.“

Frau Professor schnaubt wütend. Dann sagt sie:

„Na egal. Könnten wir jetzt endlich das Testament eröffnen? Ich hab´ nicht viel Zeit. Außerdem weiß ich sowieso schon, was drin steht.“

Jetzt kommt Ruths großer Auftritt.

„Da wäre ich mir“, sagt sie wie beiläufig „ nicht so sicher, Frau Strohmann.“

Das Gesicht von Frau Professor friert ein.

„Wie meinen sie das?“, fragt sie argwöhnisch.

„Ihr Mann“, antwortet Ruth kühl „ hat vor einer Woche sein Testament geändert. Dieses neue Testament werde ich jetzt verlesen.“

„Wie bitte?“ Die Stimme wird ganz schrill.

„Lassen sie mich lesen“, sagt Ruth. Sie öffnet einen Umschlag, zieht ein einzelnes Blatt Papier heraus und liest mit fester Stimme vor:

„Hiermit enterbe ich meine Frau Beate. Zur alleinigen Erbin meines gesamten Vermögens setzte ich meine Tochter Jessica Strohmann ein. Gezeichnet…“

Weiter kommt sie nicht. Beate Strohmann, die unter ihrer ganzen Schminke leichenblass geworden ist, springt auf, wirft dabei ihren Stuhl um und fängt an zu schreien.

„Das gibt es nicht! Das kann nicht sein! Mir steht die Hälfte zu, und die gesamte Firma alleine! Mein Mann war unzurechnungsfähig, ich werde das Testament anfechten! Schlod, sagen sie was!“

Schlod macht den Mund auf, aber Ruth, der es jetzt langt, kommt ihm zuvor.

„Wenn sie das Testament anfechten wollen“, sagt sie scharf „müssen sie das vor Gericht tun und nicht hier. Ich kann ihnen aber versichern, dass ihr Mann auf mich überhaupt nicht unzurechnungsfähig gewirkt hat. Und er hat sehr nachvollziehbare Gründe für die Änderung des Testaments vorgetragen. Entsprechend werde ich in einem Anfechtungsprozess als Zeugin aussagen.“

Beate Strohmann schnappt hörbar nach Luft. Theo beugt sich zu Jessica und flüstert ihr etwas ins Ohr. Sie nickt. Theo dreht sich um, schaut Beate Strohmann an und sagt laut: „Frau Strohmann, im Auftrag ihrer Stieftochter, Alleinerbin ihres Mannes, erteile ich ihnen für die Firma Stroh Genetics Hausverbot. Ich werde Anweisung geben, sie nicht mehr einzulassen.“

Aus Beate Strohmanns Gesicht spricht der blanke Hass.

„Damit werdet ihr nicht durchkommen. Dieses Spiel ist noch lange nicht aus. Ich werde euch alle fertigmachen.“

Sie packt Schlod am Arm und zerrt ihn aus dem Raum.

Blitz

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