Читать книгу Blitz - Tom Gris - Страница 7
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ОглавлениеTheo schläft tatsächlich bald ein, aber er schläft nicht lang. Kurz vor drei Uhr morgens klingelt sein Handy auf dem Nachttisch.
Theo fummelt schlaftrunken an dem Gerät herum, bis es ihm endlich gelingt, den Anruf anzunehmen.
„Ja?“
„Herr Strack, sind sie das?“ Aus der Stimme klingt die blanke Angst.
„Ja, wer spricht denn da?“
„Strohmann, hier spricht Strohmann. Strack, sie müssen sofort herkommen. Ich hab sie gesehen, sie…“
„Wo sind sie denn?“ unterbricht Theo das panische Gestammel.
„Im Hotel. Hotel Bayerischer Hof, zweiter Stock, Zimmer 214. Sie müssen sofort…“
Dann ist die Leitung tot.
Was ist denn das jetzt wieder, denkt Theo grantig. Strohmann in Panik, und dann im Hotel? Strohmann wohnt laut Visitenkarte in Grünwald, ein direkter Vorort.
Wieso geht jemand, der in Grünwald wohnt, zum Übernachten in ein Münchner Hotel, nur wenige Kilometer entfernt? Egal, gut angehört hat sich der Kobold jedenfalls nicht. Oiso, Theo, pack ma´s.
Theo kleidet sich hastig an und läuft dann die paar Meter zu dem Haus, wo sein Büro ist und auch sein Auto steht.
Er lässt den 75er Buick Electra an, bugsiert das Riesenschiff vorsichtig aus dem Innenhof und gibt Vollgas. Da um diese Tageszeit mitten unter der Woche in der Stadt kaum Verkehr herrscht, hält Theo es für vertretbar, rote Ampeln grundsätzlich zu ignorieren. So kann er schon 10 Minuten später den Wagen vor dem Hotel abstellen.
Theo betritt die Lobby, nickt dem Nachtportier, den er von früher kennt, kurz zu und geht schnurstracks zum nächsten Aufzug hinüber. Theo hat Glück, der Aufzug kommt gerade von oben herunter, er muss nicht warten.
Die Türen gehen auf, heraus rauscht, ohne Theo eines Blickes zu würdigen, eine junge Japanerin, bildhübsch, lange, pechschwarze Haare, auffallend rot geschminkter Mund, langer, dunkler Mantel. Sie hat einen Cellokasten auf den Rücken geschnallt.
Aber Theo ist im Moment nicht in der Stimmung, hübschen Mädchen hinterher zu schauen. Er betritt den Lift und drückt auf 2.Stock. Oben angekommen, orientiert er sich kurz und biegt dann in den Gang ab, auf dem das Zimmer des Kobolds liegt.
Irgendwas stimmt da nicht, das sieht er sofort.
Vor dem Zimmer des Kobolds stehen zwei Menschen, eine junge Frau in Hoteluniform, offenbar Zimmerservice, und ein älterer Mann im dunklen Anzug, offenbar Management.
Die junge Frau hat ein vom Heulen verquollenes Gesicht, sie schluchzt immer noch leise und presst sich ein nasses Taschentuch auf die Nase.
Der Mann ist auffallend blass, schwitzt stark und versucht die Frau zu beruhigen, was ihm aber offensichtlich nicht gelingt, weil er mindestens genauso aufgeregt ist wie sie. Als der Mann Theo näher kommen sieht, huscht ein Ausdruck der Erleichterung über sein Gesicht.
„Endlich“, krächzt er, „die Polizei.“
Polizei? denkt Theo. Hier stimmt wirklich etwas nicht. Wenn ich jetzt sage, dass ich kein Bulle bin, schmeißt er mich raus und ich erfahre erst aus der Zeitung, was mit dem Kobold los ist. Also: Frechheit siegt.
„Kommissar Strack“ nuschelt Theo und hält dem Mann für eine halbe Sekunde seinen Mitgliedsausweis vom Fischereiverein „Isarlust“ unter die Nase.
„Machen sie bitte die Tür auf.“
„Natürlich. Sofort.“
Mit zitternden Fingern schiebt der Hotelmensch die Schlüsselkarte in den Türschlitz.
„Treten sie zurück, ich gehe allein rein“, sagt Theo im besten Behördentonfall.
Er schlüpft ins Zimmer und macht die Tür hinter sich zu.
Theo riecht es, bevor er es sieht.
Blut. Überall Blut. Am Boden, auf den Wänden, auf den Möbeln, an der Decke, einfach überall. Es sieht aus wie in einem Schlachthaus. In der größten Blutlache am Boden liegt der Kobold.
Das heißt sein Körper, der Kopf fehlt. Der liegt daneben auf dem Bett, wie hingeschleudert, die toten Augen schauen Theo fassungslos an.
Theo beugt sich hinunter, der Kopf ist mit einem einzigen, sauberen Schnitt vom Körper getrennt worden, die Ränder ganz glatt, überhaupt nicht ausgefranst. Da muss eine ungeheure Kraft dahinter gesteckt haben, denkt Theo. Wie bei einer Guillotine. Aber eine Guillotine steht hier nicht.
Egal. Theo hat genug gesehen, er muss machen, dass er wegkommt. Aber es ist schon zu spät. Vor der Tür entsteht ein Tumult.
„Kollege? Was für ein Kollege?“ hört Theo eine Stimme schreien, die er nur allzu gut kennt.
Mir bleibt auch nichts erspart, denkt er und wappnet sich innerlich für die nun unvermeidbar bevorstehende Begegnung mit der Staatsmacht.
Als Kriminalhauptkommissar Hans Baer wie eine Furie ins Zimmer stürmt, hat Theo schon sein unschuldigstes Ministrantenlächeln aufgesetzt.