Читать книгу Matrix-Liebe - Traian Suttles - Страница 23
Morpheus und Neo
ОглавлениеIn der folgenden Szene wird klar, dass Neo sich nicht nur von seiner Panik erholt, sondern die schreckliche Wahrheit, wie er sie von Morpheus erfahren musste, mittlerweile akzeptiert hat. Morpheus – und später auch Tank – komplettiert die Historie um entscheidende Ergänzungen: es hätte einst einen Matrizianer gegeben, der die programmierten Gesetze der Matrix mittels purer Willenskraft anzugreifen vermochte (wenn man so will, die aktive Anwendung des residual self image-Effektes). Dieser erste Mensch, dem es jemals gelang, aus der Matrix zu entfliehen, erkannte also nicht nur den Täuschungscharakter seiner Wahrnehmungswelt, sondern konnte die vorgegaukelte Umgebung aus sich selbst heraus modifizieren. Aufgrund besagter, unerklärlicher Fähigkeit wurde dieser erste „erwachte“ Matrizianer später als Der Auserwählte bezeichnet. Dank seiner einmaligen Befähigung besaß er den Mut, sich nach seinem Entkommen immer wieder in die Matrix einspeisen zu lassen, um dort andere Menschen auf ihren Ausbruch vorzubereiten. Eigentlich wäre ein solcher Wiedereintritt in die Matrix extrem riskant, doch der „Auserwählte“ konnte die scheinbaren Naturgesetze der Matrixwelt so stark beeinflussen, dass er (schon vorhandene oder erst später entwickelte) Schutzsysteme wie die Agentenprogramme nicht zu fürchten brauchte – er konnte sie im direkten Kampf besiegen, was einem gewöhnlichen Matrizianer unmöglich wäre.
Nach dem Tod dieses auserwählten Individuums folgten einige der von ihm befreiten Matrizianer seinem Beispiel: sie kehrten immer wieder in die Matrix zurück, um dort Ausbrüche einzelner, sorgfältig ausgesuchter Einzelpersonen zu dirigieren. Unterstützt wurden besagte Rebellen von den Menschen, die als Nachkommen der Kriegsflüchtlinge im Erdinneren leben: sie alle verfügen über eine einzige unterirdische Stadt Namens Zion als Rückzugsort (zur Mehrdeutigkeit des biblischen Zion vgl. Fontana 2003, S.175f.), welchen sie vor den Maschinen, die die Erdoberfläche beherrschen, bislang geheimzuhalten vermochten. Von Zion aus nähern sich die Rebellenverbände mit Hovercrafts, die sie durch verworrene Tunnelsysteme lenken, immer wieder dem Machtbereich der Maschinen an, also auch jenen riesigen Feldern, auf denen Menschen künstlich gezeugt und „bebrütet“ werden. Da die Matrix durch Funksignale erzeugt wird, können sich die Rebellen, wenn sie mit ihren Hovercrafts nahe genug an den Sendebereich herangekommen sind, in die Matrix einhacken und sie mit ihren virtuellen Leibern betreten. Dieser Schritt ist allerdings nur ehemaligen Matrizianern möglich, da sie ja schon als Neu„geborene“ mit den hierfür nötigen Anschlussbuchsen am Körper versehen wurden. Wer dagegen als Flüchtlingsnachkomme zur Welt kam, also auf natürlichem Wege, trägt keine Anschlüsse am Körper und kann diese auch nicht sekundär erwerben – folglich besteht die Aufgabe dieser „Normalgeborenen“ darin, an Bord die Stellung zu halten, während andere Crewmitglieder in die Matrix eingeloggt sind. Die wichtigste Position kommt hierbei dem sogenannten Operator zu: einem Bediener, der auf Bildschirmen die Geschehnisse in der Matrix mitverfolgen und von dieser übergeordneten Warte aus hilfreiche Instruktionen oder Gefahrenmeldungen an die eingeloggten Mitstreiter durchgeben kann.
Die größte Gefahr beim Wiedereintritt in die Matrix geht von den Agenten aus, zumal diese sich auf charakteristische Weise durch ihre Programmwelt bewegen: sie sind in der Lage, die virtuellen Körper jedes Matrizianers zu „infizieren“, also diesen kurzfristig zu ersetzen, um ihn später nach Belieben wieder zu verlassen und auf einen anderen Wirt überzuspringen (im obigen Verhör-Kapitel schon angesprochen – einschränkend könnte man vermuten, dass solche Infektions-Angriffe nur durch Angst „geschwächte“ Personen treffen, Faller 2004 S.90). Auf diese Weise vermögen Agenten räumlich nahe an den eingeloggten Rebellen aufzutauchen, ohne dass der Operator sie vorher erkennen und vor ihrem Heranrücken warnen kann. Infektionssicher sind dagegen die virtuellen Körper der Rebellen; sie unterscheiden sich in diesem Punkt von normalen Matrizianern. Trotzdem ist die allgegenwärtige Gefahr durch Agenten so groß, dass sich nur wenige Rebellen in die Matrix trauen (sie müssen zuvor in Trainingsprogrammen vorbereitet werden und benötigen für ihre hochriskanten Einsätze besondere Fluchtwege: in der Matrixwelt befindliche Telefone, die der Operator gleichsam als Fluchttüren für seine Mitstreiter öffnen kann – beim Abheben des Hörers verschwindet der virtuelle Körper aus den Matrixdaten, so dass der biologische Körper seines im Hovercraft „schlafenden“ Trägers erwacht).
Erwachsene Matrizianer sind psychisch so sehr an ihr bisheriges Leben angepasst, dass sie in aller Regel nicht mehr befreit werden können – sie würden den auf sie wartenden „Realitätseinbruch“ nicht verkraften.35