Читать книгу ... weil Hunde wahre Helden sind - Udo Ingenbrand - Страница 14
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Was ist denn das für ein Ding?
„Nein, es gibt keinen Hund! Jeder will einen, aber wer kümmert sich dann drum? Die Mutti! Da hab ich keinen Bock drauf, es bleibt dann eh alles an mir hängen!“
O-Ton jeder zweiten Mutter, die diese Aussage trifft, nachdem sie von den riesengroßen, bettelnden Augen ihrer Kinder hypnotisiert wurde. Dies waren Anfang des letzten Jahres auch noch meine Worte. Ich – glücklich verheiratet und Mutter eines 16-jährigen Sohnes namens Marcio und einer 14-jährigen Tochter namens Marijana.
Marijana verbringt fast ihre komplette Freizeit mit ihrem Pflegepony, einem Mini-Shetty, und dem dazugehörigen Kleintierzoo: Hunde, Katzen und so weiter. Wie viele andere Mädels auf dem Land auch.
So viel zu uns. Als sie dann aber im Herbst 2017 mit einem – ich nenne es mal, spitzgedackeltem kleinen Mops, unser Pseudonym für einen gut gemixten Straßenhund – in unserem Esszimmer stand und das kleine, etwa dreijährige, schwarze Etwas da an der Leine hatte, war die erste Aussage meines Mannes und mir: „Was ist das denn für ein Ding?“ Und: „Gibt es das auch in schön?“ Ich weiß, das war wirklich nicht nett!
Zur Erklärung: Sehr liebe Bekannte von uns sind die Ponybesitzer unseres Pflegeponys – und auch Hunde- und Katzenbesitzer. Sie hatten sich tierisch noch mal vergrößert, eben genau um dieses kleine, schwarze Ding, was jetzt bei uns im Esszimmer stand, Lumpi hieß und uns anwedelte. Aus Ungarn importiert, quasi eine Rettungsaktion für Straßenhunde.
Unsere Tochter nahm sich nach Schulschluss dieses kleinen Hundes an, um manchmal mit ihm Gassi zu gehen und ihm auch erste kleine Kommandos beizubringen. Wir bekamen davon, ehrlich gesagt, wenig mit. Bis uns der kleine Lumpi wirklich alle überraschte!
Zeitsprung in ein Wochenende im April 2018: Mein Mann und ich befanden uns mit Freunden im Urlaub im Allgäu und ließen es uns bei strahlendem Sonnenschein gut gehen. Unsere Kinder wurden zu Hause von Opa, welcher direkt gegenüber wohnt, gut versorgt. Bis eines Morgens beim Frühstück in der Ferienwohnung mein Handy klingelte und ich unsere Mieterin am Telefon hatte. Da denkt man zuerst an einen Wasserrohrbruch im Haus und sonstige Katastrophen, aber bestimmt nicht an die Aussage: „Da sitzt ein Hund vor eurer Tür!“
„Hä? Welcher Hund?“
„Na, der, mit dem eure Tochter immer mal spazieren geht! Der kleine Schwarze.“
„Oookayyyy?!? Ich sage Opa Bescheid, er soll ihn erst mal zu sich holen. Und wenn die Kids aus der Schule kommen, bringt Marijana ihn dann nach Hause zu den Besitzern zurück.“
Dazu muss man wissen, dass der Wohnort von Lumpi von unserem schon eine große Strecke entfernt liegt und nicht ganz ungefährlich ist: aus der Wohnung in einer alten Mühle raus, über die Hauptstraße rüber, ein paar Mal rechts und links abbiegen, dazu geht es noch bergauf und schließlich gibt es auf unserem Gelände nicht nur eine Haustür, sondern gleich vier! Aber Bingo: Lumpi hatte genau die richtige getroffen! Nur noch kurz eine Anmerkung zu seiner Ausbruchmöglichkeit: Lumpi wohnte unter anderem noch mit einer dreibeinigen roten Katze zusammen, welche durch eine ausgeklügelte und äußerst raffinierte Technik manchmal die Klinke der Haustüre so anspringt, dass die Tür sich öffnet.
Nachdem dann alles geklärt war und Lumpi am Abend wieder wohlbehalten bei seinen Besitzern abgeliefert war, dachten wir nur: „Alles gut! Thema erledigt!“
Dachten wir. Da hatten wir die Rechnung aber ohne das Fellknäuel gemacht. Ein paar Tage später, als wie wieder zu Hause und im Alltag zurück waren, kam erneuter ein Anruf. Lumpis Besitzer meldeten sich mit folgender Aussage: „Lumpi frisst und trinkt nicht mehr richtig und sitzt den ganzen Tag fiepend vor der Tür. Wir glauben, er vermisst euch. Wollt ihr ihn nicht adoptieren?“
So, und jetzt sag als Mutter mal: „NEIN!!!!!“ Zumal Lumpi sich bis dahin vorzüglich in die Herzen der Kinder, in das von Opa und meinem Mann, der gesamten Verwandtschaft und sogar der Nachbarschaft geschlichen hatte. Clever, das Kerlchen! Ich will jetzt nicht als Spielverderberin dastehen, ich bezeichne mich eher als Realistin, daher lautete mein Vorschlag auch: „Lumpi auf Probe! Das heißt, wir binden ihn im Alltag mit ein, er wohnt bei uns, wir kümmern uns um alles und sehen dann in ein paar Monaten weiter.“
Und, was soll ich sagen? Die sogenannte Probezeit ging von April bis September und Lumpi erhielt von mir ein 1a-Führungszeugnis! Er bellte so gut wie nie, vertrug sich mit allen Hunden, war gleichermaßen kuschel- und spielfreudig, Seelentröster, lernte viel – und das auch noch schnell! Also war die Sache klar, Lumpi wurde adoptiert, fiderallala!
Dies geschah im Oktober 2018.
Seitdem ist er nicht mehr wegzudenken und bereitet uns jeden Tag viel Freude, bringt uns zum Lachen und versorgt uns quasi bei Spaziergängen mit viel frischer Luft. Er bekam von uns einen Hundepersonalausweis als Hundemarke, sogar mit Passbild ans Halsband, und wurde somit endgültig zum Familienmitglied.
Marijana besucht mit ihm regelmäßig einen Agility-Kurs, wo wir auch immer gerne zuschauen, da er dort oft der Kleinste ist, aber mit seinen Hüpfern die Hindernisse prima überwindet. Dabei fliegen ihm die Schlappohren nur so um die Ohren und er praktiziert den Grashüpferstyle, was zum Schießen aussieht!
Mein Mann nannte ihn nach den ersten Hindernissen sogar Lumpi, die schwarze Gazelle, was für viele Lacher sorgte. Unser Sohn Marcio bringt ihm zwar sinnlose, aber witzige Tricks bei, wie bei Peng auf die Seite zu fallen und sich einmal rumzurollen.
Des Weiteren haben wir uns vor ein paar Tagen gewundert, welcher Hundebesitzer denn da wieder sein Tier nicht im Griff hat, so lautes Gebell war draußen zu hören! Und da wir nicht wirklich wissen, wie Lumpi sich anhört, wenn er bellt, sahen wir auch keinen Grund, um mal nachzusehen. Bis wir mitbekamen, dass er mit unserem Sohn zur Tür raus war und – Achtung Klischee – den armen Postmann fast gefressen hätte, so wild hatte er gebellt und Haus und Hof bewacht. Nur damit mal sich das mal optisch vorstellen kann: Lumpi ist eine Mischung aus Dackel und Cocker Spaniel. Von uns auch manchmal liebevoll als Lebberwoscht bezeichnet. Also schwarz, klein, langer Körper, kurze Beine und nicht wirklich Furcht einflößend. Als er nach seinem Wachhundangriff wieder zurückkam, sah er aus wie implodiert: fast rund und doppelt so dick, so sehr hatte er die Nackenhaare gestellt. Ich sage nur: LUMPINATOR!
Ach ja, aktuell hat er einem Vertreter vor die Füße gekübelt, der gerade vor unserer Haustür stand und klingeln wollte, als ich den würgenden Lumpi nach draußen schickte. Der gute Mann war sichtlich irritiert, so etwas wäre ihm ja noch nie passiert. Aber was soll ich sagen: Lumpi fand ihn wohl zum Kotzen und, ehrlich gesagt, hab ich Lumpi danach sogar noch belohnt. Aber Pssst, bitte nicht weitersagen!
Bei uns hat sich der Spruch Der Hund hat sich seine Familie ausgesucht! ganz klar bewahrheitet! Wir genießen jede Minute mit dem kleinen, süßen Kerl und wünschen allen Tierbesitzern ebenso viel Freude und Spaß mit ihren Tieren, denn dann gewinnt jeder, ob Mensch oder Tier. Und natürlich bin ich diejenige, die am meisten mit Lumpi spazieren geht.
Aber wissen Sie was? Es macht sogar Spaß.