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2 - Markttag

Es war Anfang März 2000, als sich Paul entschied, für eine Woche nach Portugal an die Algarve zu fliegen, denn dort hatte ein Bekannter eine kleine Ferienanlage, die auch von Künstlern genutzt wurde. Die wenigen Häuschen konnte man zu der Zeit ohne Probleme mieten. Später im Jahr waren sie für einen längeren Zeitraum bereits alle vermietet.

Nach ein paar Tagen wollte er nach Olhao fahren, um sich das Städtchen anzusehen, welches direkt am Meer lag. Er wachte morgens auf und die Sonne schien direkt in das Häuschen. Um zu sehen, wie das Wetter insgesamt aussah, trat er auf die kleine Terrasse und sah, dass der Himmel total blau war, ohne eine Wolke und es bereits angenehm warm war, einfach herrlich. Nach dem Frühstück fuhr er mit seinem Leihwagen über Santa Catarina und Moncarapacho nach Olhao - eine liebenswerte Kleinstadt, wie er gehört hatte.

Ihm leuchteten die Häuser mit ihren weißen Fassaden entgegen. Überall blühte und grünte es und es sah manchmal aus wie auf einer kitschigen Postkarte. Die Straßen waren sauber und der Ort wirkte sehr gepflegt. Man sagte ihm, er müsse sich unbedingt die Markthallen von innen und die Stände außen herum ansehen. Er fuhr ganz in den Ort rein und sah überall die Schilder mit dem Symbol „absolutes Halteverbot“. So kurvte er eine ganze Zeit rum und hielt verzweifelt nach einem Parkplatz Ausschau. Endlich, nach unzähligen Runden, fuhr vor ihm ein großer PKW aus einer Parklücke. Gott sei Dank auch noch da, wo man offiziell parken durfte, und er war in diesem Moment der glücklichste Mensch der Welt. Er hatte nämlich gehört, dass die örtlichen Ordnungshüter nicht zimperlich und sehr rigoros seien.

Paul schlenderte eine der Hauptstraßen entlang Richtung Markthallen und sah diese von Weitem. Es waren architektonisch sehr schöne Gebäude, die sich wunderbar in das umgebende Stadtbild einfügten. Dort angekommen, genehmigte er sich erst einmal einen Kaffee, den er in aller Ruhe genoss, während das Leben drum herum geschäftig ablief. Es war alles gemütlich hier, keine Hektik und kein Gehetze.

Als er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, bog er nach rechts in die erste Halle und fand dort nur Obst, Gemüse und Fleischstände vor, ein Gewirr von Stimmen und Gerüchen. Es wurden Waren angeboten, die er noch nie zuvor gesehen, geschweige denn gegessen hatte. Er vernahm ein buntes, herrliches Treiben, ohne jede Hektik oder Aufgeregtheit, das genaue Gegenteil von ihm zu Hause. Dann betrachtete er die ausgelegten Waren und schlenderte von Stand zu Stand. Als er einmal rundherum gegangen war, ging er in die gegenüberliegende Halle. Dort wurde nur Fisch angeboten. Es war eine unglaubliche Vielfalt, die er so auch noch nie gesehen hatte. Er drehte ganz langsam Runde um Runde, um nur ja nicht einen Stand zu verpassen. Es war aufregend und spannend. Nachdem er alles in den Hallen gesehen hatte, ging er wieder nach draußen, setzte sich in die Sonne und bestellte sich einen Kaffee, sowie einen großen Becher Eis mit Sahne. Als er alles in Ruhe genossen hatte und mit allem fertig war, begab er sich auf die Rückseite der Hallen, wo Einheimische aus ihren Privatgärten Obst, Gemüse und Kräuter anboten. Er durfte hier und da etwas kosten und es war die reinste Gaumenfreude. Auch Gewürze wurden angeboten. Leider standen ganz viele Wörter, die auf den Schildern geschrieben waren, nicht in seinem kleinen Lexikon, so dass er nur riechen oder schmecken konnte. Das Angebot war gigantisch. Ganz am Ende der Marktstände war ein Stand, dessen Verkäuferin eine ältere Frau war. Ihr Alter war für Paul nicht zu schätzen, da ihre Haut von der Sonne ganz braun gebrannt und runzelig war. Sie konnte fünfzig Jahre alt sein, aber auch fünfundsiebzig. Das Geschäft schien bei ihr an diesem Markttag nicht zu florieren, da die Stände vor ihr ziemlich leer gekauft waren. Paul entschied sich, sechs frische Orangen bei ihr zu kaufen.

Die Verkäuferin und er schauten sich an und er konnte sich an ihr nicht satt sehen. Es quoll so viel Liebe und Güte aus ihren Augen, die ihn magisch anzogen. Sie lächelten sich zu und er ging Richtung Halleneingänge. Auf dem Weg dorthin sah er einen Blumenstand, der nicht nur einzelne Blüten verkaufte, sondern auch farblich wunderbar zusammengestellte Sträuße. Einen davon erwarb er und ging zurück zu der alten Verkäuferin. Sie bediente gerade ein junges Pärchen. Als dieses gegangen war, überreichte er ihr den soeben gekauften Strauß. Erst kniff sie die Augen zusammen und musterte Paul von oben bis unten, nach dem Motto „Was soll das?“ Er ermutigte sie, sein Geschenk anzunehmen. Sie zögerte noch, aber dann sah er, wie ihr eine Träne die Wange runterlief. Er lächelte sie an und verabschiedete sich. Ihm kam der Gedanke: Wann hatte diese Frau zuletzt von jemandem einen Blumenstrauß bekommen? Vielleicht war das schon viele Jahre her.

So einen schönen Tag, mit derart viel Freude und vielen Erlebnissen, hatte er lange nicht mehr gehabt. Sein Tag war gelaufen und er hatte auch das Gefühl, einen Menschen glücklich gemacht zu haben.

Der erste Tag im Ruhestand

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