Читать книгу Fiskalstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 33

Оглавление

2. Kapitel Europäisierung des Strafrechts › III. Anwendungsvorrang des Unionsrechts

III. Anwendungsvorrang des Unionsrechts

20

Über diese unmittelbare Harmonisierung und Europäisierung des Strafrechts durch Einwirkung auf die Strafvorschriften erlangt das Unionsrecht eine Durchgriffswirkung auf das nationale Strafrecht. Grundsätzlich stehen nationales Recht und Unionsrecht sich zwar gleichrangig gegenüber. Soweit jedoch in der konkreten Anwendung ein Widerspruch zwischen mitgliedstaatlichem Recht und Unionsrecht entsteht, gilt der Anwendungsvorrang des Unionsrechts.[1] Das europäische Recht blockiert im konkreten Einzelfall die Anwendung des nationalen Rechts, wenn sie zu einem Widerspruch mit dem Unionsrecht führen würde. Insofern besteht auch keine Bereichsausnahme für das Strafrecht; sofern dieses in der Vergangenheit als Bastion des mitgliedstaatlichen Rechts gegen das Unionsrecht angesehen worden ist,[2] ist diese Auffassung unzutreffend, zumindest überholt.

21

Das Unionsrecht entwickelt jedoch keinen Geltungsvorrang vor dem nationalen Strafrecht. Was dies bedeutet, wird an der Berlusconi-Entscheidung des EuGH[3] deutlich: In Italien waren entgegen ausdrücklicher unionsrechtlicher Vorgaben die Vorschriften über die Strafbarkeit der Bilanzfälschung durch nationales Gesetz aufgehoben worden. Dieses Gesetz verschaffte dem damaligen italienischen Ministerpräsidenten Straffreiheit. Die Generalanwältin gelangte in der Beurteilung der Rechtslage zu dem Ergebnis, dass das Gesetz zur Abschaffung des Straftatbestandes aus unionsrechtlichen Gründen unwirksam sei. Daher habe der nationale Straftatbestand weiterhin Geltung, so dass die Bilanzfälschung nach wie vor strafbar sei. Der EuGH hat dieser Auffassung widersprochen und einen solchen Geltungsvorrang abgelehnt. Zwar sei die Abschaffung des Straftatbestandes unionrechtswidrig; das ändere aber nichts daran, dass das italienische Gesetz, mit dem die Strafvorschrift aufgehoben worden sei, Geltung habe. Daraus folge, dass die Strafvorschrift des mitgliedstaatlichen Rechts nicht mehr existiere und daher eine Sanktionierung der Bilanzfälschung gegen den Grundsatz nullum crimen sine lege (vgl. hierzu auch Rn. 81 ff.) verstoße. Es entsteht lediglich eine Scheinkollision von Unionsrecht und nationalem Strafrecht, weil die hier relevante unionsrechtliche Richtlinie nicht unmittelbar gegenüber dem Bürger wirkt.[4]

Fiskalstrafrecht

Подняться наверх