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Tipps, wie das Vorlesen besser ankommt
ОглавлениеVorlesen ist nicht nur eine prima Unterhaltung für Menschen mit und ohne Demenz. Gemeinsames Lesen stärkt die Beziehung. Die gemeinsame Zeit wird sinnvoll erfahren.
Nachfolgend einige Ratschläge, die sich in der Praxis bewährt haben. Setzen Sie sich dabei nicht unter Druck. Keiner wird alle Tipps auf einmal umsetzen können. Probieren Sie zunächst am besten nur einen dieser Ratschläge aus. Erst wenn Sie diesen Punkt eingeübt haben, wenden Sie sich dem nächsten Tipp zu.
• Lesen Sie deutlich vor. Brüllen Sie Menschen mit Demenz nicht an. Versuchen Sie besser, deutlich und langsam zu sprechen. Sprechen Sie eher zu tief als zu hoch. Wiederholen Sie wichtige Worte oder einzelne Sätze.
• Suchen Sie immer wieder Blickkontakt. Es ist wichtig, dabei das richtige Maß zu finden. Wer zu lange fixiert wird, wird nervös. Findet kein Blickkontakt statt, kann das Vorlesen unpersönlich werden. Menschen mit Demenz sollten nicht überrumpelt werden. Das überfordert sie. Nähern Sie sich ihnen am besten innerhalb ihres Gesichtsfeldes.
• Kündigen Sie an, was Sie vorhaben: „Ich möchte Ihnen gerne eine besinnliche Geschichte vorlesen.“ Oder: „Darf ich Ihnen eine Andacht vorlesen?“
• Feste Rituale geben weitere Sicherheit. So kann es helfen, jeweils abends eine Gute-Nacht-Andacht vorzulesen.
• Gegenstände können bei Ablenkungen helfen, leichter zur Andacht zurückzufinden. Beispielsweise, wenn Sie zur Geschichte „Gott sucht keine Socken“ tatsächlich einen Korb voller Strümpfe mitbringen. Wenn der Zuhörer das Bedürfnis hat, über ein anderes Thema zu reden, hören Sie zu und gehen Sie auf ihn ein. Danach können Sie den Gegenstand, der mit der Geschichte zu tun hat, einbeziehen (z. B. die Socken). So kommen Sie natürlich und einladend zur Andacht zurück.
• Erinnerungen fördern Sie durch Gespräche über früher, Bilder, Musik oder unterschiedliche Gegenstände. Dies kann den Betroffenen helfen, sich in einer Geschichte oder Andacht geborgen zu fühlen.
• Pausen tun gut. So können Sie Veränderungen beim Zuhörer bemerken: Ist er müde, gelangweilt, unruhig, emotional berührt, aufmerksam, zufrieden, dankbar? Aber auch für Ihren Zuhörer sind Pausen hilfreich. Ihr letzter ausgesprochener Satz hängt noch in der Luft, klingt nach – und wirkt nach. Viel stärker, als wenn pausenlos weitergelesen wird.
• Berührungen sind etwas sehr Persönliches. In der Regel schätzen es Zuhörer, wenn man ihnen gelegentlich die Hand hält oder auf eine beiläufige und natürliche Art die Hände auf die Schultern legt. Allerdings ist hier etwas Gespür erforderlich. Im Zweifelsfall berühren Sie lieber zu wenig als zu viel.
• Achten Sie darauf, dass Sie beim Vorlesen nicht unter Zeitdruck stehen. Menschen mit Demenz merken, ob jemand Zeit für sie hat oder nicht. Lesen ohne Zeit ist aber wie eine Rose ohne Duft.
• Alle Texte in diesem Buch beziehen sich auf einen oder mehrere Bibeltexte. Diese sind jeweils unter der Andacht angegeben. So können Sie als Vorleser nachschlagen, was dazu in der Bibel steht. Wenn es Ihrem Zuhörer gefällt, können Sie ihm auch einige Verse davon vorlesen. Gut bewährt sind die Lutherübersetzung von 1984 und die Einheitsübersetzung.
• Manchmal ist weniger mehr. Liest man zu viele Andachten hintereinander vor, rauschen sie am Zuhörer nur noch vorbei. Beobachten Sie Ihren Zuhörer daher genau. Lesen Sie keine weitere Andacht mehr vor, wenn Sie erkennen, dass Ihr Gegenüber sich langweilt. Versuchen Sie stattdessen lieber eines der Rätsel aus diesem Buch oder singen Sie zusammen ein Lied. Machen Sie gemeinsam Gymnastik oder Atemübungen.
• Fast alle Gedichte in diesem Buch sind als schlichte Paarreime verfasst. Das heißt, jeweils das Ende einer Zeile reimt sich auf das Ende der nächsten Zeile. Gut ist es, wenn Sie jeweils das letzte Wort der ersten Zeile betont vorlesen und vor dem sich reimenden Wort am Ende der zweiten Zeile eine kleine Pause machen. So kann Ihr Zuhörer mitraten. Viele Menschen mit Demenz blühen dabei richtig auf.
• Manche Geschichten beziehen sich auf bekannte christliche Lieder oder Volkslieder. Wenn Sie merken, dass Sie gemeinsam Spaß am Singen haben, stimmen Sie doch dieses Lied an. Falls das Singen nicht so beliebt ist, können Sie das Lied vorlesen und den Zuhörer das letzte Wort erraten lassen.
• Auch Redensarten können Ihrem dementen Zuhörer zu Erfolgserlebnissen verhelfen. Lesen Sie die ersten Worte vor – Ihr Zuhörer rät das Ende mit. Zum Beispiel: „Wer andern eine Grube gräbt, … (fällt selbst hinein).“ Der Zuhörer blüht auf und merkt dabei: Das kann ich ja noch. Ich weiß noch etwas.
• Noch etwas zum Schluss: Eventuell kann es sinnvoll sein, wenn Sie einen Umschlag um das Buch machen. Denn manchen Zuhörer stört oder irritiert es vielleicht, wenn man ihm aus einem Buch für Menschen „mit Demenz“ vorliest.