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Kriminaloberrat a. D. Volkmar Dittel war ein Beamter vom alten Schlag. Er empfing Trevisan und seine Kollegin Lisa Winter in seinem Wintergarten und trug eine dunkle Stoffhose, ein weißes Hemd, eine beige Weste und darunter eine absolut korrekt sitzende Krawatte, die farblich auf seine Kleidung abgestimmt war. Seine grauen Haare waren zu einem Seitenscheitel gekämmt, so dass er wie ein gestrenger Oberlehrer eines kirchlichen Internats aus dem vorigen Jahrhundert wirkte.

Er bot Trevisan einen Platz an, während er Lisa eher missbilligend beäugte und – wohl wegen ihres schrillen Aussehens – nur mit einem abweisenden Nicken bedachte. Trevisan kannte diesen Menschenschlag, lange genug hatte er unter Kollegen mit preußischem Gedankengut gearbeitet. Er schob den Stuhl neben sich ein klein wenig in Lisas Richtung und wartete, bis seine neue Kollegin sich gesetzt hatte, ehe er auch er Platz nahm.

»Sie sind neu beim LKA«, stellte der Pensionär distanziert und überaus sachlich fest.

»Da haben Sie recht, ich habe zuvor bei der Kripo in Wilhelmshaven gearbeitet«, antwortete Trevisan wahrheitsgemäß

»Ich bin zwar schon ein paar Tage in Pension, aber noch kenne ich die meisten Kollegen«, fuhr Dittel fort, der wohl gewohnt war, in solchen Unterhaltungen das Wort zu führen. »Sie arbeiten im Dezernat 32, sagen Sie? Ich kenne Kriminaloberrat Engel noch aus seiner Anwärterzeit, ich hoffe, es geht ihm gut.«

»Ich denke schon«, antwortete Trevisan. »Wir haben Ihren Fall auf den Tisch bekommen. Es haben sich neue Umstände ergeben, aber das wissen Sie ja wohl bereits.« Er hatte sich schon gedacht, dass dieser Kollege trotz Pensionierung noch lange nicht mit dem Polizeiberuf abgeschlossen hatte.

»Ich habe davon gehört«, bemerkte Dittel mit gespielter Beiläufigkeit. »Jetzt ist mir auch klar, warum unsere Suche damals erfolglos blieb. Wir haben alles versucht, sogar das Militär wurde von mir um Unterstützung ersucht. Ich kenne General Friedmann von der Luftwaffe sehr gut …«

»Ich habe die Akten gelesen«, fiel ihm Trevisan ins Wort.

Dittel räusperte sich. »Davon gehe ich aus, und deswegen frage ich mich auch, was ich noch für Sie tun könnte. Wir haben uns nichts vorzuwerfen, wir haben alles unternommen.«

»Das steht außer Frage«, antwortete Trevisan, der gegen den Eindruck anging, Dittels Arbeit bewerten zu wollen. Schließlich hoffte er, von dem Mann noch Dinge zu erfahren, die er nicht aus den Akten entnehmen konnte. »Mich interessieren vor allem Ihre Überlegungen und Mutmaßungen. Ich kenne die Art und Weise, wie Polizeiakten angelegt werden. Am Ende fliegt alles heraus, das nicht benötigt wird, und dadurch geht so mancher Ansatzpunkt verloren, der erst einmal im Sande verlief. Aber eine gewisse Zeit später, aus einem anderen Blickwinkel, könnte es durchaus lohnend sein, dieser Spur zu folgen, auch wenn sie noch so vage klingt.«

Dittel lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Trevisan ist Ihr Name? Ich glaube, ich habe schon von Ihnen gehört. Waren Sie im Ermittlungsdienst tätig?«

»Beim FK1 in Wilhelmshaven, ich habe mehrere Jahre das Kommissariat geleitet.«

»Gut, das dachte ich mir schon, sonst hätten Sie mir die Frage nicht gestellt«, antwortete der pensionierte Polizist nachdenklich. »Ich war beinahe dreißig Jahre im Ermittlungsdienst und weiß, was Sie meinen. Meinem Gefühl nach sind beide Mädchen tot. Sie sind dort im Wald ihrem Mörder begegnet. Zufällig, glaube ich. Ich denke noch immer, dass es der Junge war, dieser Apothekersohn. Und er hatte Hilfe. Nicht bei der Tat, aber anschließend, beim Verschleiern der Spuren und beim Beseitigen der Leichen. Bei diesem Mädchen, das oben im Norden aufgetaucht ist, kann es sich nicht um unser Tatopfer handeln. Da liegt sicherlich eine Verwechslung vor.«

»Das DNA-Muster ist identisch«, warf Trevisan ein. »Wissenschaftlich gesehen gibt es keine Zweifel.«

Kriminaloberrat a. D. Dittel rümpfte die Nase. »Das eine ist die Wissenschaft, das andere ist mein Gefühl.«

»Was glauben Sie, ist da draußen am Bannsee passiert?«, fragte Trevisan.

Dittel richtete sich auf. »Sie fuhren mit ihren Rädern auf dem Waldweg bis zur Lichtung und dort ist es passiert. Sie liefen diesem Apothekersohn in die Arme und der ist ausgerastet. Der klassische Fall.«

»Wer könnte ihm geholfen haben, die Leichen und die Spuren zu beseitigen?«, fragte Lisa.

»Er hat einen Vater, fragen Sie doch den.«

»In den Akten steht, dass der Vater ein Alibi hat«, wandte Trevisan ein. »Er kam erst zurück in den Ort, als die Suche bereits …«

»Fragen Sie mich nicht, wie er das geschafft hat«, fiel ihm Dittel ins Wort. »Blut ist dicker als Wasser. Uns ist es nicht gelungen, sein Alibi zu erschüttern. Er hielt einen Vortrag in Hamburg, aber das wissen Sie ja bereits.«

»Was macht Sie so sicher, dass es der Junge war?«, fragte Trevisan.

»Wir hatten Zeugen, die ihn etwa zur angenommenen Tatzeit am Waldrand unweit von diesem Gehöft gesehen haben«, erklärte Dittel. »Ich habe einen Beschluss erwirkt und sein Zimmer durchsucht. Er hatte die Kette eines der Mädchen dort versteckt und rastete aus, als wir sie fanden und ihm wegnahmen. Zu viert mussten wir ihn bändigen, der hatte Bärenkräfte. Ein riesiger und jähzorniger Kerl mit dem Verstand eines kleinen Kindes, was glauben Sie, was der alles anrichten kann. Es war unverantwortlich, ihn einfach so herumlaufen zu lassen.«

Trevisan lächelte. »Der Psychiater, der den Jungen damals untersuchte, ist da ganz anderer Auffassung.«

Dittel wischte Trevisans Einwand mit einer Handbewegung fort. »Er schleicht dort im Wald herum und trifft auf die Mädchen und sie geraten in Streit, dann passiert es und ehe sich die Mädchen versehen, sind sie tot. Irgendwie informiert er seinen Vater, der die Leichen beseitigt, doch die Kette übersieht er. Anschließend schnappt sich der Vater den Rucksack eines der Opfer und wirft ihn weit entfernt von Tennweide auf einem Rastplatz an der Autobahn in ein Gebüsch, damit er gefunden wird und alle glauben, der Täter stammt nicht aus dem Ort. Danach kehrt er in den Ort zurück und tischt uns die Geschichte von diesem Seminar auf. Sagen Sie selbst, Herr … Herr …, das klingt doch plausibel. Ich konnte ihm nur nicht nachweisen, dass er das Seminar bereits vor siebzehn Uhr verlassen hat. Sie glauben gar nicht, wie sehr mich das beschäftigt.«

»Trevisan«, antwortete Trevisan. »Trevisan ist mein Name und ich bin ehrlich gesagt nicht Ihrer Meinung. Außerdem gibt es da eine DNA-Spur am Rucksack …«

»… die nichts mit dem Fall zu tun haben muss«, schnitt ihm Dittel abermals das Wort ab. »Wer weiß, wie lange der Rucksack dort schon lag und wie viele neugierige Passanten da schon dran waren. Nein, ich bin felsenfest davon überzeugt, der Junge war es und der Vater hat die Drecksarbeit übernommen, damit sein Sohn nicht in eine geschlossene Anstalt muss. Und es hat ja auch geklappt. Die Justiz ließ ihn wieder laufen, nachdem ich einen Unterbringungsbefehl gegen ihn erwirkte.«

»Sie haben recht, die DNA-Spur muss nicht zwangsläufig vom Täter stammen«, stimmte Trevisan zu. »Aber die Lage der Spur zwischen den Trageriemen spricht nicht unbedingt für eine flüchtige Berührung. Außerdem lag der Rucksack in der Nähe des Walsroder Kreuzes. Erklären Sie mir, wie hätte der debile Junge den dort ablegen können? Er war nicht mobil und sein Vater war an diesem Tag in Hamburg.«

»Ich weiß nicht, wer ihm geholfen hat, aber für mich steht fest, dass es der Junge war. Der Richter hatte Bedenken und ließ ihn wieder laufen, weil ein Gutachter zur Auffassung kam, dass der Apothekersohn zu koordiniertem Handeln nicht in der Lage ist. Und ich hatte nur das Kettchen in der Hand. Das war dem Richter zu wenig.«

Trevisan schüttelte den Kopf. Dieser Mann hatte sich in seine Geschichte verrannt und es war sinnlos, mit ihm weiter darüber zu sprechen. Er erhob sich und lächelte freundlich.

Lisa räusperte sich. »Sie halten wohl nicht viel von moderner Forensik und wissenschaftlichen Methoden.«

»Wir ließen damals umgehend ein DNA-Profil der Mädchen erstellen«, entgegnete Dittel bissig. »Ich war selbst dabei, als wir die persönlichen Gegenstände der Mädchen bei den Eltern abholten. Ich sperre mich also überhaupt nicht gegen moderne Ermittlungsmethoden, ich behaupte nur, dass Wattestäbchen und Reagenzgläser keine echte Ermittlungsarbeit ersetzen können.«

»Es wurden mittlerweile sehr viele Altfälle durch wissenschaftliche Methoden geklärt«, widersprach Lisa.

»Ach, Mädchen«, antwortete Dittel hochmütig. »Ich war über vierzig Jahre im Ermittlungsdienst tätig. Ich habe Dinge erlebt, die Sie mir kaum glauben werden. Ich vertraue nur einem.«

»Und das wäre?«, fragte Trevisan.

Dittel fasst sich an seine Nasenspitze. »Meinem kriminalistischen Spürsinn«, antwortete er.

Trevisan kratzte sich an der Stirn. Er zog eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche, die er dem ehemaligen Polizisten reichte. »Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen«, sagte er mit gespielter Freundlichkeit. »Falls Ihnen doch noch etwas einfällt …«

»Eine schöne Floskel«, antwortete der Kriminaloberrat. »Wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie zugeben, dass ich Sie eher verwirrt habe, als Ihnen Klarheit zu verschaffen. Aber grüßen Sie mir Ihren Dezernatsleiter, ich wusste schon damals, dass er es weit bringen wird.«

»Sicher«, entgegnete Trevisan und reichte Dittel die Hand.

*

Justin Belfort hatte über seine Redaktion einen Notfallservice verständigen lassen, der die zerstochenen Reifen vor Ort austauschte. In der Zwischenzeit hatte er seine Redaktionsassistentin angewiesen, über Padborg und die ominöse Rockergruppe Erkundigungen einzuziehen. Vielleicht hatte dieser Dorfpolizist recht und die Entführung der jungen Frauen vor drei Jahren hatte etwas mit der Sache zu tun.

In der Zwischenzeit lehnte er am Geländer und schaute dem Reifenmonteur zu.

»Das war saubere Arbeit«, verkündete der Mechaniker, seinem Teint nach ein Südländer.

»Zerstochen, oder?«, fragte Justin.

»Hundert Prozent«, bestätigter der Monteur. »Beide, war wohl ein Stilett oder so was.«

Justin nickte. Sein Handy klingelte und Sina Stühr, seine Redaktionsassistentin, war am Apparat.

»Vor fünf Tagen wurden tatsächlich sieben Rocker in Padborg von der dänischen Polizei verhaftet«, erzählte sie. »Die Gruppierung nennt sich Black Lions. Sie hausten in einem Anwesen vor der Stadt. Es gab Hinweise auf einen Drogendeal. Die Polizei stürmte das Anwesen und fand beinahe ein Kilo Heroin. Bei der Durchsuchung stießen sie auf einen Gewölbekeller, in dem die Kerle zwei junge Frauen eingesperrt hatten. Es waren Russinnen, die von den Rockern festgehalten und zum Sex gezwungen worden waren. Die Kerle sitzen jetzt im Gefängnis und werden wohl so schnell nicht mehr herauskommen. Sie haben auf die Polizei gefeuert und zwei Beamte des Einsatzkommandos verletzt. Einer der Rocker wurde bei dem Feuergefecht getroffen und erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen.«

»Du musst herausfinden, wer die Ermittlungen leitet«, sagte Justin. »Vielleicht hängt das mit dieser Sache hier zusammen.«

»Ich habe meine Fühler bereits ausgestreckt«, antwortete Sina. »Schließlich arbeite ich schon lange genug für dich.«

»Dann sag Monika, dass ich nach Padborg muss, wenn ich hier fertig bin.«

»Bleibst du noch lange?«

»Ich fahre morgen zurück. Ich will sehen, ob ich an den Vater des Jungen herankomme, den die Polizei damals verhaftet hat. Aber die Leute hier sind nicht gerade nett zu mir, ich komme mir vor wie eine Pestbeule und einen Bullen habe ich auch ständig am Hals.«

»Pass auf dich auf!«

»Mir passiert schon nichts.«

»Vergiss die zerstochenen Reifen nicht. Monika ist ganz schön sauer und meint, das ist ein Anschlag auf die Pressefreiheit. Sie will, dass du Anzeige erstattest und wir einen Bericht darüber bringen.«

Justin nahm das Telefon ans andere Ohr und schaute zu, wie der Mechaniker den Wagenheber absenkte. »Wenn ich darüber im Magazin berichte und Anschuldigungen gegen die Leute hier erhebe, dann kann ich gleich abreisen. Hier macht sowieso keiner den Mund auf, bis auf den Bauern, mit dem ich gestern redete, ich glaube sogar, es hat ihm gefallen, auch wenn er sich etwas abweisend verhielt.«

»Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«, fragte Sina Stühr.

»Ja, ruf beim LKA an und frage, wer die Ermittlungen leitet. Und mach einen Termin aus. Bleib beharrlich und lass dich nicht einfach abweisen, du weißt: Die Öffentlichkeit hat ein Recht drauf, Pressefreiheit, Informationspflicht und so weiter.«

»Ich tue, was ich kann.«

»Davon gehe ich aus«, antwortete Justin und beendete das Gespräch. Der Mechaniker kam auf ihn zu.

Er hielt ihm einen Quittungsblock unter die Nase. »Zwei Reifen, vor Ort montiert, ich brauche eine Unterschrift.«

Justin kritzelte seinen Namen auf die Quittung, schließlich drückte er dem Mechaniker einen Zehner in die Hand. »Bin ich noch was schuldig?«

Der Mann schüttelte den Kopf. »Die Rechnung geht an die Redaktion und danke für den Auftrag.«

»Bitte, bitte, aber darauf hätte ich gerne verzichtet«, scherzte Justin und wartete, bis der Mechaniker mit seinem Service-Wagen wegfuhr, bevor er selbst in seinen Audi stieg.

*

»Was hat das jetzt gebracht?«, fragte Lisa, nachdem Trevisan den Wagen gestartet hatte und den Wagen aus der Einfahrt lenkte.

»Was glaubst du?«

Lisa zuckte mit der Schulter und legte den Gurt an. »Viele Neuigkeiten hatte der nicht gerade auf Lager. Im Gegenteil, er ist ein verbohrter alter Mann.«

»Da magst du recht haben, aber es ging mir nicht um Neuigkeiten. Es ging mir um sein Gefühl, seine Empfindungen, verstehst du?«, antwortete Trevisan.

Lisa schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was du meinst.«

Trevisan blinkte und bog in die Hauptstraße ab. »Wenn ein schlimmes Verbrechen geschieht und du wirst gerufen, dann ist der Fall noch heiß. Du stolperst mitten hinein in den Schmerz, in die Grausamkeit und in die Trauer. Du nimmst alles mit deinen Sinnen auf. Nicht nur die Worte und das, was du siehst, auch die Regungen, die Stimmungen der Menschen, denen du begegnest, mit denen du sprichst. Das Verbrechen ist präsent, es umgibt dich, den Tatort, es ist wie eine Aura. Und der erfahrene Ermittler, der saugt alles in sich auf und das ergibt ein Gesamtbild, eine Komposition des Schreckens, verstehst du?«

Lisa schüttelte den Kopf.

»Okay, dann anders … – Hast du schon mal auf eine heiße Herdplatte gefasst?«

Lisa nickte.

»Und was hast du empfunden?«

»Blöde Frage! Es hat furchtbar wehgetan, was sonst«, entgegnete Lisa.

»Eben, es tat weh, du konntest den Schmerz spüren und die verbrannte Haut riechen. Ganz anders als auf einer kalten Herdplatte, von der du weißt, dass sie dir sehr wehtun kann, wenn sie heiß ist. Aber sie ist es eben nicht, deswegen arbeitet hier nur dein Verstand und dein Gefühl hat Pause. Verstehst du es jetzt?«

Lisa nickte und fuhr erschrocken zusammen, als Trevisan scharf bremsen musste, weil er zu spät erkannt hatte, dass der Wagen vor ihm anhielt.

Als er wieder losfuhr, entspannte sich Lisa. »Und der Fall ist kalt.«

»So kalt wie ein Eisbecher beim Italiener«, bestätigte Trevisan. »Und wir müssen den Fall wieder anheizen, damit wir nicht nur mit dem Verstand arbeiten, sondern auch mit unserem Gefühl.«

Lisa legte ihren Zeigefinger gegen die Stirn. »Ich hab’s kapiert. Du bist bestimmt ein guter Ermittler, aber ein verdammt schlechter Autofahrer.«

»Ich weiß«, antwortete Trevisan. »Und Dittel war jetzt auch nicht unbedingt ein gutes Beispiel für einen Mann, der mit Herz und Verstand ermittelt. Aber zumindest weiß ich jetzt, was ich von ihm und seiner Arbeit zu halten habe.«

Eine Weile schwiegen sie, ehe Lisa wieder das Wort ergriff. »Was machen wir als Nächstes?«

»Wir reden mit den Eltern der Mädchen, besser gesagt mit den Reubolds. Die Sommerlaths sind im letzten Jahr auf der Autobahn bei Venedig tödlich verunglückt.«

Lisa blickte betreten zu Boden. »Ja, ich habe den Aktenvermerk gelesen. Das ist schon verrückt. Sie sind gestorben, ohne zu wissen, dass ihre Tochter noch am Leben ist. Das arme Mädchen hat nun überhaupt niemanden mehr …«

»Das ist nicht ganz richtig«, fiel ihr Trevisan ins Wort. »Es gibt noch eine Tante in Florida.«

»Ja, aber ich meine hier, in Deutschland. Wenn ich im Koma liegen würde, hätte ich gerne jemanden an meinem Bett sitzen.«

Trevisan bog in Richtung Schützenstraße ab und stoppte vor der Zufahrt der Tiefgarage. »Wir machen jetzt mit den Spuren weiter und steigen morgen richtig ein.«

»Morgen ist Samstag«, entgegnete Lisa.

»Ich weiß. Aber wir arbeiten an einem Mordfall, da gibt es keine Wochenenden.«

»Willst du morgen zu den Reubolds?«

Trevisan nickte.

»Muss ich da mit? ich weiß nicht … Da habe ich kein so gutes Gefühl. Diese Leute gehen bestimmt gerade durch die Hölle.«

Trevisan verstand, was Lisa meinte. »Wenn du nicht willst, musst du nicht.«

»Danke.«

»Fein, dann ran an den PC, bis heute Abend haben wir alle Daten geordnet und übertragen. Du wirst sehen, wie hilfreich ein systematisch aufgebautes und geordnetes Nachschlagewerk ist.«

Der Sohn des Apothekers

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