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3.3 Zusammenfassung der Erkenntnisse

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Der Anspruch auf ein eigenständiges Professionalitätsmodell ist schon in den Anfängen der Sozialen Arbeit gestellt und begründet worden. Die Exklusivitätsmerkmale klassischer Professionen sind für die Soziale Arbeit unerreichbar. Ausgangspunkt für die Bestimmung eines eigenständigen Professionalitätsmodells sind die spezifischen Konstitutions- und Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit und die daraus folgenden Strukturprobleme des Handelns. Professionelles Handeln zeichnet sich aus durch Ausbalancieren struktureller Widersprüchlichkeiten.

Geringe Spezialisierung, fehlende Monopolisierung des Handlungsfeldes, eine systematisch unklare Zuständigkeit – bezeichnet als diffuse Allzuständigkeit für komplexe Probleme – sind konstitutiv für die Soziale Arbeit. Die Bewältigung von Ungewissheit – worum es geht in einem Fall, welche Unterstützung nötig ist, was in der eigenen Zuständigkeit liegt – gilt daher als Kern professioneller Handlungskompetenz. Die Unterstützungsaufgabe kann oft nur in Zusammenarbeit mit anderen Berufen und Professionen realisiert werden.

Professionelle der Sozialen Arbeit sind einerseits der Gesellschaft als Auftraggeber der Hilfe verpflichtet und andererseits den Anliegen und Interessen der Klientinnen und ihrer Lebenswelt. Die Doppelfunktion von Hilfe und Kontrolle ist eine unaufhebbare, der organisierten Hilfe der Sozialen Arbeit immanente Paradoxie professionellen Handelns. Professionelle müssen sich im Spannungsfeld dieser doppelten Loyalitätsverpflichtung bewegen können. Sie sind einerseits der Logik standardisierten bürokratischen Rechtshandelns verpflichtet, andererseits der Logik des lebensweltorientierten, immer auf die Individualität der Klienten ausgerichteten Unterstützungshandelns. Das dritte Mandat der Profession bietet hier eine wichtige Orientierungshilfe, weil es auf die Relevanz von wissenschaftlichem Wissen und des Ethikkodexes der Profession verweist.

Professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit folgt keiner Herstellungslogik und ist kaum standardisierbar. Rezeptwissen, einheitliche Lösungen und festgeschriebene Vorgehensweisen, mit denen sich eine bestimmte Wirkung herstellen lässt, die eine Methode – das gibt es in der Sozialen Arbeit nicht. Es ist ein Merkmal von Professionen, dass sie sich mit Arbeitsaufgaben befassen, die nicht routinisierbar und unbestimmt sind, sodass sich für die Problembearbeitung keine standardisierten Verfahren anwenden lassen. Professionelle unterscheiden sich von anderen Berufstätigen gerade darin, dass sie über die Kompetenz verfügen, solche Aufgaben zu bearbeiten. Aus dem strukturellen Technologiedefizit ergibt sich die Notwendigkeit eines methodisch strukturierten Vorgehens, bei dem u. a. Theoriewissen und fallbezogenes Wissen aufeinander bezogen werden. Hierfür stehen mittlerweile Verfahren und Modelle zur Verfügung, welche die Bearbeitung von Fällen strukturieren.

Personale Dienstleistungen in der Sozialen Arbeit kommen ohne Zutun des Klienten nicht zustande. Es handelt sich stets um eine durch Sozialarbeiterin und Klient gemeinsam produzierte Leistung (›Koproduktion‹). Dies verweist auf die Notwendigkeit von Kooperation: Professionelles Handeln zeichnet sich aus durch die Ausrichtung auf ein gemeinsam ausgehandeltes Ziel. Der hierfür notwendige dialogische Verständigungs- und Aushandlungsprozess ist nur auf der Basis einer gelingenden Beziehung zwischen Sozialpädagogin und Klient unter den strukturellen Bedingungen von Asymmetrie möglich. In Zwangskontexten kann die Kooperationsbereitschaft von Klienten nicht vorausgesetzt werden, vielmehr muss sie erst ermöglicht werden.

Die Sozialpädagogin ist im gemeinsamen Handeln mit Klientinnen und Klientensystemen als ganze Person involviert, sie ist als Person ihr eigenes Arbeitsinstrument. Die reflexive Auseinandersetzung mit eigenen Emotionen und der eigenen Biografie ist für eine Sozialpädagogin deshalb unabdingbar. Die Fähigkeit zu biografischer Selbstdistanzierung und zu stetiger Selbstreflexion ist ein wichtiger Bestandteil von Professionskompetenz. Andererseits müssen Organisationen, welche Professionalität und Qualität sicherstellen wollen, Gefäße für die gemeinsame professionelle Selbstreflexion (Supervision, Intervision) institutionalisieren.

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

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