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4.1.1 Begriffsklärung und Dimensionen einer Ethik Sozialer Arbeit

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Ethik kann verstanden werden als Denken über Moral und Ethos; Ethik Sozialer Arbeit ist nach Lob-Hüdepohl »die kritisch-konstruktive Reflexion moralischer Dimensionen und normativer Grundlagen beruflicher Sozialer Arbeit« (2007:117). Heiner versteht Ethik als Wissenschaft, die in systematischer Weise die Phänomene Ethos und Moral kritisch diskutiert (vgl. 2010:169 f.). Dabei geht es nach Eisenmann darum, dass Ethik die individuellen, sozialen und gesellschaftlichen Voraussetzungen von Ethos und Moral anerkennt, die Folgen ihrer Ausprägung erfasst und beschreibt (deskriptive Ethik) sowie auch ihre Angemessenheit begründet (normative Ethik) (vgl. 2006:36 ff.). Moral kann aufgefasst werden als das Insgesamt von nicht reflektierten tradierten und biografisch gefärbten Vorstellungen vom ›richtigen‹, ›guten‹ ›sozial adäquaten‹ Verhalten, das handlungsleitend ist für ein gelingendes Leben. Diese Vorstellungen sind geleitet von Zielen, Normen, Deutungsmustern und Gewissheiten vom richtigen Tun. Als Ethos können Verhaltensmaßstäbe, Wertvorstellungen und Zielsetzungen gesehen werden, die reflektiert sind und bewusst übernommen wurden (vgl. Heiner 2010:169 f.; Lob-Hüdepohl 2007:117; Stimmer 2012:54 f.).

Deskriptive wie normative Ethik orientieren sich an Kriterien und Prinzipien, die wiederum hergeleitet werden müssen. Dabei stellt sich die Frage, an welcher übergreifenden, allgemeinen Ethik oder Moraltheorie sich diese Prinzipien orientieren. Geschah die Ausrichtung in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik in früheren Zeiten nach emanzipatorischen oder religiösen Grundüberzeugungen, können Sozialpädagoginnen die Wahl ihrer Referenztheorie im Zeitalter der Globalisierung und Individualisierung nicht willkürlich auf individueller Ebene vornehmen in dem Sinne, dass sie nach ihren Vorstellungen von Gerechtigkeit, Fairness, gutem Leben ihren beruflichen Alltag gestalten. Die Orientierung soll einerseits in Bezug auf den Gegenstandsbereich der Sozialen Arbeit erfolgen. Das bedeutet, dass die spezifischen Anforderungen, Ausprägungen und Eigenheiten des jeweiligen Arbeitsbereichs der Sozialen Arbeit besonders zu berücksichtigen sind. Anderseits ist auf die fachliche Eigenlogik der Sozialen Arbeit zu achten, die sich erst in der wissenschaftsgestützten Entwicklung entsprechender Ansätze und Konzepte herauskristallisiert. Damit wird die »Ethik Sozialer Arbeit integraler Bestandteil einer reflexiven Theorie beruflicher Sozialer Arbeit insgesamt (…). In diesem Sinne reflektiert eine Ethik Sozialer Arbeit alle moralischen Orientierungen und normativen Implikationen, die dem einzelnen sozialprofessionellen Handeln wie den institutionellen Vermittlungsformen (…) und strukturellen Rahmenbedingungen (…) Sozialer Arbeit faktisch innewohnen« (Lob-Hüdepohl 2007:118).

Schlittmaier (vgl. 2006:45 f.) zeichnet verschiedene Dimensionen einer Ethik Sozialer Arbeit auf, auf die kurz eingegangen werden soll, weil sich die Herausforderungen dabei gut aufzeigen lassen. Als erste Dimension nennt er die Praxis Sozialer Arbeit als Resultat einer komplexen Konstitutionsleistung, an der verschiedene Variablen wie z. B. Professionelle, Klientinnen, Organisationen etc. beteiligt sind und in der die Ethik ein bestimmendes Element darstellt, weil sie auf die Intentionen und Interventionen der Professionellen, auf die Ausrichtung und Gestaltung von Organisationen sowie auf rechtliche Normierungen einwirkt. Im Bereich der Wissenschaft Sozialer Arbeit, die ja auch Auswirkungen auf die Praxis hat ( Kap. 2.1.3), ist in einer ethischen Reflexion der Geltungsanspruch zentraler Normen von wissenschaftlichen Ansätzen kritisch zu diskutieren. Aus ethischer Sicht ist weiter zu fragen, welche wissenschaftstheoretische Grundlegung für Soziale Arbeit angemessen ist. Schließlich weisen die Methoden Sozialer Arbeit ethische Dimensionen auf, indem sie Zielsetzungen beinhalten, die in jedem Fall normativen Charakter aufweisen. Eine weitere Dimension umfasst die Berufsethiken von nationalen und internationalen Berufsverbänden, die sich auf Werte und Normen abstützen, die das Handeln leiten sollen. Nach Schlittmaier weisen diese Berufsethiken zweierlei Defizite auf, ein Begründungs- und ein Applikationsdefizit; er vertritt die Ansicht, dass eine Professionsethik erst durch einen wechselseitigen Anwendungs- und Begründungsdiskurs ihre Praxisrelevanz intensivieren kann (vgl. 2006:46). Becker/Müller vermerken in diesem Zusammenhang, dass die Berufsverbände von unterschiedlichen ethischen Grundhaltungen ausgehen, die zu beachten seien, kritisieren aber, dass diese Grundhaltungen unklar formuliert und teils unzulänglich begründet sind und auf einen Anwendungsdiskurs verzichten (vgl. 2009:33 ff.).

Eine ethische Reflexion ist in jeder Organisation Sozialer Arbeit angesagt, sollen deren Ziele legitimiert werden. Schließlich, hält Schlittmaier fest, verlangt die Klärung der Frage nach den gesellschaftlichen Funktionen Sozialer Arbeit eine Bewertung aus ethischer Sicht (vgl. 2006:46).

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

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