Читать книгу SELBST-geführte Psychotherapie - Uta Sonneborn - Страница 18
Wenn es in eine alte Szene gehört, frage ich mich weiter:
ОглавлениеWas fühle ich von damals?
Was denke ich von damals, wenn ich …
Was empfinde ich dabei?
Wie geht/ging es meinem Körper?
Was signalisiere(t) ich(er) noch?
Was hätte ich/mein Körper gebraucht?
Ich übernehme die Verantwortung für all das, was im Moment bei mir im Inneren los und meiner Wahrnehmung zugänglich ist. Ich mache mir bewusst:
Ich bin ich, mit alledem in mir.
Ich habe Respekt, Wertschätzung und Annahme dafür.
Ich habe meine Grenzen und achte sie.
Und du bist du, mit alledem in dir.
Ich habe Respekt, Wertschätzung und Annahme dafür bei dir.
Und du hast deine Grenzen und ich achte sie.
Wenn ich bei mir bin und gleichzeitig im Kontakt mit einer anderen Person, ist es unabdingbar, meine und ihre Grenzen im Innen und im Außen zu erspüren und zu respektieren Wo fange ich an, wo höre ich auf? Wo fängt der andere an und wo hört er auf? Mein Fokus richtet sich nun mehr auf mein Gegenüber. Was nehme ich beim anderen wahr?
Was sehe ich, was höre ich, was rieche ich, was fühle ich?
Was denke ich über die andere Person?
Was empfinde ich für sie?
Wie erlebe ich sie?
Was tut mein Körper gerade in Bezug auf sie?
Was für Fantasien habe ich über sie?
Was tue ich gerade in Bezug auf sie?
Was signalisiere ich gerade in Bezug auf sie?
Was projiziere ich auf sie?
Und wieder zurück mit dem Fokus zu mir selbst, in dem Wissen, dass alles, was ich wahrgenommen habe, vor dem Hintergrund meines Lebens situativ, subjektiv und selektiv bleibt, aber mir nun bewusster ist, weniger verstrickt mit mir. Diese klaren Grenzen tun gut.
Hildegund Heinl benannte diese Bewegung auf den Beziehungsebenen vom Ich von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück ins Hier und Jetzt zum Du und wieder zu sich selbst als ein »Hoch und Runterklettern der Sprossenleiter des Lebens und der Gefühle«.
Es braucht Übung – und ehrlicherweise ganz schön viel Übung, aber es lohnt sich ungemein, schnell den Fokus wechseln zu können zwischen Ich und Du und wieder Ich, bis das irgendwann parallel läuft – bei sich zu sein und gleichzeitig beim anderen, ohne uns zu vermischen. Auf diese Weise, gleichzeitig abgegrenzt und nahe, spüren wir uns und den anderen intensiv. Wir werden uns und auch unserem Gegenüber gerechter, haben die Möglichkeit, mehr Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, und dem Anderen seine Verantwortung auch zu belassen und sie ihm nicht wegzunehmen. Diese Art von Kontakt und Begegnung ist authentisch, jedes Mal neu und spannend, und berücksichtigt viele Ebenen. Ein tiefes Kennenlernen meiner selbst und meines Gegenübers ist auf diese Weise möglich. Wir hören auf, für andere zu denken, zu fühlen und zu handeln. Unser Gegenüber behält seine Hoheit und seine Würde. Wenn wir mit ihm denken, fühlen, handeln, wenn es dies möchte, kann eine ganz andere Beziehung entstehen, als wenn wir das für es tun. Besonders in therapeutischen Berufen sollte diese Art von Selbstverantwortlichkeit ausführlich geübt werden, da wir uns sonst die Arbeit unnötig schwerer und anstrengender machen. Indem wir scheinbar gut gemeint Verantwortung für jemanden übernehmen, können wir ihm auch etwas Wichtiges wegnehmen. Und übrigens auch im privaten Alltag lebt es sich mit diesen guten Grenzen von Ich und Du vortrefflich.
Wenn wir uns auf dieser Grundlage dann noch gewahr werden, dass jedes System von Ich und Du aus jeweils einem SELBST und einer Fülle von Persönlichkeitsanteilen bestehen, kann es nur noch spannender werden!