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(2) Einzeltheorie
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Die herrschende Einzeltheorie[8] unterstellt bereits ein Rechtsgeschäft über einen einzelnen Vermögensgegenstand unter die Vorschrift des § 1365, wenn er das gesamte oder nahezu das ganze Vermögen des Ehegatten ausmacht. Ob ein einzelner oder mehrere Gegenstände nahezu das gesamte Vermögen des Ehegatten erschöpft, ist durch einen Wertvergleich zwischen dem weggegebenen Vermögensgegenstand und dem verbliebenen Restvermögen zu ermitteln. Bei kleineren Vermögen (bis 50 000 €) liegt eine Verfügung über das Vermögen als Ganzes nicht vor, wenn dem verfügenden Ehegatten 15 % seines ursprünglichen Vermögens verbleiben;[9] bei größeren Vermögen reichen dagegen 10 % des Restvermögens aus.[10] In den Wertvergleich ist nicht die Gegenleistung einzubeziehen, die der verfügende Ehegatten von dem Vertragspartner erhalten hat.[11]
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Etwas anderes gilt dann, wenn die Begründung der Geldschuld in der Absicht erfolgt, die Vorschrift des § 1365 zu umgehen.[12] Belastungen eines Grundstücks z.B. mit einem Grundpfandrecht oder einem dinglichen Wohnrecht, das den wesentlichen Teil des Vermögens des Ehegatten darstellt, sind nach Auffassung des BGH[13] zustimmungspflichtig, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise für den jeweiligen Einzelfall sich der Wert des Grundstücks in einem Maß verringert, dass dem verfügenden Ehegatten nur ein unwesentlicher Teil des Grundstücks verbleibt. Einer Verfügung im Sinne des § 1365 gleichgestellt, ist der Antrag eines Ehegatten auf Vornahme einer Teilungsversteigerung nach §§ 749, 753, wenn der Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Wesentlichen sein Vermögen als Ganzes erfasst.[14]
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Im Rahmen der Einzeltheorie hält die objektive Theorie[15] es für ausreichend, dass das Rechtsgeschäft das gesamte Vermögen erfasst. Dagegen macht die herrschende subjektive Theorie[16] die Gleichsetzung von Einzelgegenständen mit dem Vermögen davon abhängig, dass der Dritte positiv weiß, dass der Gegenstand im Wesentlichen das ganze Vermögen erfasst. Die Beschränkung der Einzeltheorie durch ein subjektives Element dient dem Verkehrsschutz und der Rechtssicherheit, da § 135 Abs. 2 nicht anwendbar ist. Die Kenntnis des Vertragspartners muss sich nicht darauf erstrecken, dass der Ehegatte verheiratet ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Kenntnis des Dritten ist nach h.M.[17] nicht der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs (Verfügungsgeschäft), sondern der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts.
Beispiel
Verpflichtet sich ein Ehegatte zur Übereignung eines Grundstücks, das im Wesentlichen sein gesamtes Vermögen darstellt, ohne dass dies der Vertragspartner weiß, so bedarf auch das Erfüllungsgeschäft trotz zwischenzeitlich erlangter Kenntnis des Dritten nicht der Zustimmung des anderen Ehegatten.
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Beweispflichtig für das Vorliegen der Kenntnis des Vertragspartners ist der Ehegatte, der sich auf die Zustimmungspflicht beruft, also in der Regel der nicht verfügende Ehegatte.