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5. In Würde sterben

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Selten wurde im Bundestag so emotional und persönlich argumentiert wie am 13. November 2014. In einer ersten Meinungsbildung debattierten die Abgeordneten über das Thema Sterbebegleitung und Sterbehilfe. Immer wieder nahmen Redner Bezug auf ihre eigenen Erfahrungen in Familie und Freundeskreis. Immer wieder leuchtete die Frage auf: Wie kann man die Würde eines Menschen auch am Ende seines Lebens respektieren? Muss man das Leben unter allen Umständen schützen? Muss man die Freiheit des Einzelnen in den Mittelpunkt stellen?

In dieser Gewissensfrage gingen die Positionen für oder wider die begleitete Sterbehilfe quer durch die Fraktionen. Auch durch die CDU/CSU-Fraktion: So sprach sich etwa der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses Michael Brand dagegen aus, der „organisierten Sterbehilfe“, also dem Geschäft mit dem Sterben, die Tür zu öffnen. Der Theologe Peter Hintze dagegen lehnte einen „Zwang zum Qualtod“ ab.

Weitgehende Einigkeit besteht darin, dass kein Mensch sich genötigt fühlen darf, „sterben zu müssen“, weil er eine Last für die Gesellschaft darstellt. Auch darin, dass Ärzte eine größere Rechtssicherheit benötigen. Und nicht zuletzt darin, dass die Palliativmedizin ausgebaut werden muss.

Viele Menschen, die über einen sogenannten „assistierten Suizid“ am Lebensende nachdenken, tun dies, weil sie Angehörige haben leiden sehen. Die Angst vor unerträglichen Schmerzen scheint keine andere Wahl als den Freitod zu lassen. Allerdings ist dieser Freitod dann eben kein Freitod – die Lebensumstände lassen dem Sterbenden gar keine Wahl.

Mit der Palliativmedizin besitzen wir heute Möglichkeiten, Schmerzen weitgehend medikamentös zu behandeln und sehr stark zu reduzieren. Eine gute palliative Behandlung senkt den Suizidwunsch erheblich. Ein seelisch gesunder Mensch, der die Chance sieht, sein Leben in Würde zu beenden, der sehnt sich nicht nach einem schnellen Tod.

Wir teilen die Stellungnahme, die die Deutsche Evangelische Allianz 2014 zu diesem Thema verfasst hat:

„Der Geschäftsführende Vorstand der Allianz äußert sich ‚tief davon überzeugt‘, dass jeder Mensch, vom Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle an bis zu seinem natürlichen Lebensende, als Gottes Geschöpf der menschlichen Willkür entzogen sei. Aber genauso wenig wie ein Mensch selbst bestimmen könne, ob und wann er zum Leben kommen wolle, habe er auch kein Recht, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen und über seinen eigenen Todeszeitpunkt zu bestimmen. Gott gebe das Leben und er beende. Darum sei auch die Beihilfe zur Selbsttötung eine Grenzüberschreitung vermeintlicher Selbstbestimmung. Ärztliches Handeln müsse in erster Linie auf Heilung, bei nicht oder noch nicht möglich erscheinender Heilung auf die Verbesserung des Gesundheitszustandes von Kranken, ausgerichtet sein. Soweit dies nicht möglich sei, könne es nur darum gehen, Schmerzen und Leiden zu mindern.“

Eine Gesellschaft, die das Sterben abkürzen will und den Tod aus ihrer Mitte verdrängt, verliert einen wesentlichen Aspekt der menschlichen Würde.

Ich lebe!

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