Читать книгу Kleine Gedanken zur Welt - Uwe Plesotzky - Страница 13
Zeit zum Warten
ОглавлениеJeder kennt es, keiner liebt es, aber fast jeder muss es immer wieder mal über sich ergehen lassen. Ich rede von der blöden Warterei beim Arzt. Man hat eigentlich einen festen Termin, muss aber trotzdem eine kleine Ewigkeit in einem kalten Wartezimmer verbringen und alte Zeitschriften konsumieren. Na ja, nicht jeder muss so lange warten. Es gibt ja auch Privatpatienten, die kommen dann auch innerhalb von fünfzehn Minuten spätestens an die Reihe. Woher ich das weiß? Nun, jeder Arzt oder Doktor ist dazu angehalten, Privatpatienten niemals länger warten zu lassen. So viel zu dem Thema es gibt keine Menschen zweiter Klasse.
Ich saß also zusammen mit meiner Frau etwa sechzig Minuten, ganz richtig eine richtig schöne langweilige Stunde lang, in diesem trostlosen Wartezimmer, in dem man wirklich Depressionen bekommen konnte. Jedenfalls, wenn man sich umsah.
Dann aber kam die Erlösung, oder zumindest dachten wir dies, denn wir wurden aufgerufen. Jetzt geht es endlich los, dachte ich noch, aber was uns erwartete, war nicht der Herr Doktor, sondern eine unbequeme Holzbank im Flur vor den Behandlungsräumen. Dummerweise hatte ich meine Zeitschrift im Wartezimmer liegen lassen. Wer nimmt sich auch schon etwas zum Lesen mit zum Doktor ins Sprechzimmer! Ganz nach dem Motto, untersuchen sie mal, ich lese in der Zeit diesen spannenden Artikel zu Ende.
Aber die Zeitschrift jetzt schnell noch holen. Ach nein, wenn man erst hier sitzt, dann wird man sicher auch gleich drankommen. Eben fünf Minuten oder so. Hab ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn so gedacht. Tatsächlich wurden es gleich zigmal mehr fünf Minuten. Genau genommen, fast eine ganze weitere Stunde lang.
Warum keine ganze weitere Stunde fragen sie? Nun, wir sind dann aufgestanden, an die Anmeldung gegangen und haben uns unsere Unterlagen und Überweisungen wiedergeben lassen, um dann völlig entnervt zu verschwinden. Da hatten wir nun zehn Euro Eintritt bezahlt und noch nicht mal einen Fensterplatz bekommen, geschweige denn überhaupt einen relativ bequemen Sitz, und alles, was wir dafür erwarten durften, war nur 2 Stunden hier zu sitzen, während andere Patienten kamen und gingen. Was soll man davon halten?
Waren das alles Notfälle, Leute die nur eben schnell eine Spritze bekamen oder ein EKG von einer der Arzthelferinnen, oder etwa doch Privatpatienten. Das lässt sich wohl nicht einwandfrei beweisen. Wohl aber die Tatsache, dass es gute und schlechte Ärzte gibt. Dieser hier war wohl ein eher schlechter. Nicht unbedingt von seiner Qualifikation oder dem darum herum, aber ganz sicher, was den Umgang mit seinen Kassenpatienten betraf.
Woran kann man denn um Himmels willen einen guten Arzt erkennen! Volles Wartezimmer! Leeres Wartezimmer! Es ist wohl genauso, wie mit einem guten Restaurant, man weiß es erst, wenn man dort gegessen hat.
Ich für meinen Teil suche einen schlechten Arzt nur einmal auf, und wenn es wie in diesem Fall schon vorher klar ist, woher der Wind weht, dann stehe ich auch auf und verlasse die Praxis. Es gibt keine Halbgötter in Weiß, sondern nur Menschen, die anderen helfen wollen. Jene die lange Zeit studieren, um anderen Menschen in großer Not zu helfen. Und eben leider auch solche Menschen, die dies nur aus einem einzigen Grund tun, Geld! Da haben wir es wieder mal, Geld verdirbt den Charakter. Zumindest bei sehr vielen Menschen.