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Das alte Quartier

Seitdem meine Tochter mit ihrer Tochter, meiner Enkelin, im alten Haslach wohnt, komme ich hin und wieder in meine frühere Heimat und fahre auch durch die Straßen meines alten Viertels, den Luckenbachweg und die Markgrafenstraße. Seit den großen baulichen Veränderungen in den sechziger und Siebzigerjahren hat sich nicht mehr viel Neues getan. Die alte Schule als mächtiger dunkler Bau beherrscht immer noch das Zentrum. Alte Läden sind verschwunden, neue wurden eröffnet. Im Vergleich zu meiner Jugendzeit ist das Leben im Zentrum bunter geworden. Das liegt nicht nur an den Farben der Geschäfte, sondern auch an den Hinzugezogenen aus anderen Ländern. Unsere Eltern als Flüchtlinge wollten sich nur unauffällig eingliedern, die Neuen jetzt wollen ihre Identität bewahren. Keiner unserer Eltern hat damals einen Laden eröffnet. Der Obst- und Gemüseladen heute sieht italienisch aus. Südländisch die Atmosphäre und die Sprache. Zwei Supermärkte, eine Apotheke, ein Fahrradladen, ein Drogeriemarkt und ein Bäcker komplettieren das Angebot. Bäcker Pfeifle ist der einzige Laden, den es schon zu unserer Jugendzeit gab. Das Angebot an Geschäften ist gut. Früher war es anders, entsprechend unseren bescheideneren Bedürfnissen. Der Dorfbrunnen wurde irgendwann aus der Straßenmitte an den Rand verlegt, um für eine neue Straßenbahnlinie Platz zu schaffen. Heute fährt die neue Linie aber gar nicht mehr durch unser altes Viertel: Die Straßen dort sind verkehrsberuhigt. Auf meinem früheren Schulweg sehe ich nicht viele Veränderungen. Nur eine Tankstelle auf der anderen Straßenseite existiert nicht mehr. Der Weg zum Pfarrsaal und zur evangelischen Kirche hat allerdings große Veränderungen erlebt. Die vielen kleinen Geschäfte, oft auch die Häuser, gibt es nicht mehr.

Unsere Siedlung ist zeitgemäß renoviert worden. Aber die alten Teppichstangen sind immer noch da, ebenso wie die Balkone; auf unserem machte ich damals meine ersten Chemieexperimente. Entsprechend dem Zeitgeist sind die Außenseiten der Balkone nicht mehr einheitlich rotbraun, sondern bunt. Einige Erwachsene habe ich auf unserem Fußballrasen Federball spielen sehen. Und tatsächlich, ein paar Kinder spielten Fußball. Unter der Teppichstange stand der Torhüter. Bei einem Spaziergang durch das Wohngebiet stellte ich fest, dass ich inzwischen viel Abstand zu meiner alten Straße habe. Sechzehn Jahre lang habe ich dort gewohnt. Letztendlich nur ein Bruchteil meines Lebens, aber ein entscheidender für meine Prägung. Die Erinnerung ist geblieben und darf auch bleiben.

Wie die Nummer 5 zum Halten kam

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