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Treffpunkt Sandkasten

An Geld mangelte es in unserer und in den Familien der meisten meiner Freunde. Spielsachen waren einfach, meistens aus Holz oder Metall, und nicht im Überfluss vorhanden. Plastik gab es erst viele Jahre später. Ich hatte einen kleinen Teddybären und sonst keine Kuscheltiere. Mein Teddy bekam von meiner Großmutter eine selbst gestrickte Jacke. Als die ein Loch hatte, versuchte ich mich in der Kunst des Stopfens. Am Ende hatte ich einen Faden um das Loch herum gefädelt und daran gezogen. Zu war das Loch. Meine Mutter fand das lustig, ließ mich aber machen. Dieses Erlebnis war so nachhaltig für mich, dass ich mich bis heute nicht mehr an die Kunst des Nähens und Stopfens gewagt habe.

In unserem Hof oder auf der Straße durfte jeder alles benutzen. Ich nehme deinen Tretroller, du bekommst mein Rad. Wir sahen das unkompliziert. Selbst mein Vater hatte da keine Einwände.

Der erste mir bekannte Treffpunkt mit anderen Kindern war der Sandkasten des Viertels. Eine Fotografie brachte meine Erinnerung zurück zu der folgenden Begebenheit: Eine Gruppe von etwa fünfzehn Jungen und Mädchen traf sich regelmäßig am Sandkasten zum Spielen. Die meisten waren etwas älter als ich, einige auch jünger, und ich hielt mich erst einmal zurück. Irgendwann musste ein Junge auf die Idee gekommen sein, eine Stadt aus Sand zu bauen, die den gesamten Sandkasten ausfüllen sollte. Ich gehe davon aus, dass damals für baulich kreative Angelegenheiten eher ein Junge in Betracht kam. Sitze und Tische für die Puppen, die die Mädchen gebaut hatten, wurden kurzerhand zu burgähnlichen Gebäuden. Dies geschah unter dem Protest der Mädchen, der nicht nur verbal ausgetragen wurde, manchmal gab es handfeste Streitigkeiten. Unsere Stadt wuchs täglich. Meine Beiträge beliefen sich auf das Herstellen von Sandbauten aus Sandeimern und anderem Sandkastenspielzeug. Ich war stolz, dabei sein zu dürfen. Vertieft in das Häuserbauen mit meinen Sandformen war ich mein eigener Bauleiter. Die Größeren unter uns verbanden die einzelnen Bauwerke miteinander, sodass das Ganze am Ende tatsächlich wie eine Stadt aussah. Irgendein Erwachsener verewigte unsere Stadt auf einem Foto. Unser Treiben zog einige Väter an, die sich nicht zurückhalten konnten und verbale Empfehlungen für die Stadtentwicklung gaben. Andere mischten sich handfest in die Bauarbeiten ein – aus heutiger Sicht kein gutes pädagogisches Handeln. Interessanterweise mischen sich auch heute noch Eltern beim Sandburgenbauen an den Urlaubsstränden ein. Die Kleinen dürfen zwar staunen, aber selten mitbauen. Nun, unser Bauwerk ging bald den Gang eines jeden Sandbauwerkes. Stetes Umbauen wurde zu langweilig. Einige von uns hatten die Idee, noch Wassergräben zu bauen, und schütteten eimerweise Wasser in den Sandkasten. Anfangs war das eine Bereicherung, aber schnell waren die Bauwerke zerstört. Das Ganze zerfiel in eine Matschgrube. Ich glaube, die Sandstadt bestand gerade mal zwei oder drei Tage. Bald war das Interesse der Größeren am Sandkastenspiel vergangen, und sie gingen wieder zum Fußballspielen über. Ich war noch zu klein für diese Sportart. Im Sandkasten blieb ich jetzt erst einmal beinahe allein. Meine Ingenieurskunst beim Sandburgenbauen wurde damals geschult. Später sollte sich diese Erfahrung noch auszahlen. Mit meinen Kindern baute ich umfangreiche Burgprojekte aus Sand an südeuropäischen Stränden.

Zurück zu früher: Die Mädchen dominierten wieder die Szene mit ihren Bänken und Tischen für die Puppen. Sie formten allerlei Dinge für den Haushalt, was für mich weniger interessant war. Langsam drängten sie mich hinaus. In dieser Zeit entwickelte ich meine Guerillataktik: Wenn die Mädchen nicht hinsahen oder abwesend waren, attackierte ich ihre Bauwerke. Christiane, Bärbel und Heidi rächten sich, indem sie sich ebenso heimtückisch auf mich stürzten und verprügelten. Damit hatte ich zumindest eine Verhaltensweise gelernt: wenn eine Attacke, dann heimlich. Vor allem dem weiblichen Geschlecht gegenüber.

Meine große Stunde im Viertel kam erst Jahre später. Fußballspielen im Hinterhof war der Zeitvertreib, bei dem die meisten Buben zusammenkamen, bis andere Dinge interessanter wurden. Körperlich etwas gerundet, aber dennoch beweglich, wurde ich der Abwehrspieler auf unserem Rasen, an dem man nicht so leicht vorbeikam. Sicherlich auch wegen meiner Fülle und meines Gewichts. Ich blieb stehen, wenn mich ein Gegenspieler anrempelte.

Wie die Nummer 5 zum Halten kam

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