Читать книгу Protogenoi - Viktor Fermi - Страница 9
4 Verhandlung
Оглавление"Wer oder was bist Du eigentlich?", entgegnete ich mit einer Mischung aus Aggression und ungläubigem Staunen. Ich wollte mich nicht wieder aus dem Konzept bringen lassen.
Aus meiner Schreibtischplatte formte sich Puc vor mir, einfach so.
"Du kannst jetzt auflegen", sagte er.
Ziemlich erschrocken legte ich das Smartphone beiseite.
"Und um Deine Frage zu beantworten, ich bin ein semiautonomer Teil Gaias, der mittels Metatechnik und Naniten manifestiert. Konfiguriert als Dein persönlicher Unterstützungscyborg, kurz Puc."
Ich starrte ihn an, wieder etwas fassungslos.
"Du bist kein Cyborg, dazu müsste etwas Menschliches in Dir sein", warf ich ein und gewann damit etwas gefühlte Würde zurück.
"Nur in einem anthropozentrischen Weltbild", sagte er. "In einem gaiazentrierten Weltbild muss etwas von Gaia in mir sein, richtig?"
"Und warum sollte ich aufhören, in einem anthropozentrischen Weltbild zu denken?", fragte ich.
"Weil es für das Überleben von allem das Du kennst notwendig ist", sagte Puc.
"Das ist ein ziemliches Totschlageargument, findest Du nicht?", konterte ich.
"Ich muss wohl etwas ausholen", begann er.
Er ging auf und ab und verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann zu sprechen: "Also gut, das Leben auf den Planeten - beispielsweise die Menschen - sind für Gaia aber auch für die anderen Protogenoi von großer Bedeutung. Gaia hat es beobachtet und darüber nachgedacht und das sehr gründlich. Ich glaube, Du ahnst noch nicht wirklich, wie gründlich Gaia nachdenken kann. Gaia hat beschlossen, nicht in den Lauf der Entwicklung des Lebens einzugreifen, jedenfalls nicht sehr. Gaia fand es ethisch richtig und dazu extrem unterhaltsam, Euch zu studieren. Das halten die meisten anderen Protogenoi genauso, mit denen er Kontakt hat. Von allen unterhaltsamen Dingen im Universum sind die spätgeborenen, intelligenten Wesen das bei Weitem Interessanteste."
"Wirklich? Das klingt wie eine Mischung aus gelangweilten Göttern und spielenden Kindern", bemerkte ich sarkastisch.
Puc fuhr fort: "Die Protogenoi sind nahezu unsterblich. Sie sind leidenschaftliche Forscher, Entdecker und Politiker. Sie haben hochentwickelte ethische Konzepte und Philosophien. Sie haben das Universum erforscht. Ihre Technik ist ausgereift und sie hatten viel Zeit, um zu lernen und Sachen auszuprobieren. Langeweile und damit verbundene Probleme sind ihr größter Feind. Gleichzeitig haben sie extreme Machtmittel zur Verfügung, die das Potential haben, ganze Sektoren des Universums zu verwüsten. Daher haben die Protogenoi sich viele komplexe Regeln gegeben."
"Und wo ist dann das Problem?", fragte ich nun.
"Nicht alle haben die gleichen ethischen Konzepte, nicht alle die gleichen Regeln, einige haben scheinbar nichts davon", sagte Puc.
Ich dachte über das Gesagte nach.
"Also hat Gaia Streit mit einigen unethischen, zügellosen und mächtigen Artgenossen?", hakte ich nach.
"Genau", sagte Puc.
"Aber das muss doch schon länger der Fall sein", erklärte ich verwundert.
"Ja, klar", sagte Puc.
"Also was hat sich geändert?", fragte ich.
"Mindestens Einer von Ihnen hat angefangen zu töten. Er tötet andere Protogenoi, vernichtet ganze Planeten", sagte Puc mit überraschend deutlichen Anzeichen der Bestürzung.
"Aber im Krieg ist das so", sagte ich.
"Verstehst Du nicht, so war es noch nie, in all den Milliarden Jahren nicht", sagte Puc traurig. "Protogenoi haben sich noch nie gegenseitig getötet. Etwas ist passiert, von dem wir nicht wissen, etwas passt nicht in die bisherige Wirklichkeit, seitdem hat Gaia Angst. Und nicht nur Gaia", Puc sah mich an.
"Darum hat Gaia beschlossen, dass er Eure Hilfe benötigt. Die Menschen sind sehr kreativ im Umgang mit dem Undenkbaren und produzieren sprunghafte Erkenntnisse."
"Also soll ich nun meinen gewohnten Bezug verlassen, mir das gaiazentrierte Weltbild aneignen und in diesem das Undenkbare denken", schlussfolgerte ich ohne den Versuch, witzig zu klingen.
"Ich denke, Du hast begriffen", sagte Puc.
"Und was soll das mit der Umsiedlung und den 10 Millionen Ausgewählten und was sollen unterirdische Städte sein?", ich war noch nicht mit ihm fertig. Noch lange nicht. Nicht solange es um meine Familie ging.
„Du bist natürlich nicht der Einzige. Gaia hat sich eine Menge Berater ausgesucht. Um optimale Bedingungen zu schaffen, hat Gaia Städte angelegt, in denen diese Berater arbeiten werden“, aus Pucs Mund klang das fast normal.
„Warum unterirdisch?“, ich ahnte es.
„Zum Schutz natürlich, vor dem Rest der Welt“, sagte Puc. Ich wusste, er meinte nicht nur diese Welt.
„Und die Familien sollen mit, damit die Produktivität hoch ist?“, ich wusste, da war noch etwas.
„Es sind Archen, falls etwas schief geht“, gestand er.
„Schön, dass Gaia uns erhaltenswert findet“, allerdings beunruhigte mich die Möglichkeit eines Szenarios, in dem Archen sinnvoll wären.
Puc drängelte.
“Wir müssen Deine Familie informieren und den Umzug organisieren, die Zeit läuft davon! Ich kontaktiere den Anwalt.“
„Vorher habe ich einige Bedingungen, Du Cyborg", warnte ich ihn.