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3. Objektive Anforderungen (§ 434 Abs. 3)

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Nach früherem Recht war auf objektive Anforderungen wie insbesondere die Eignung für die gewöhnliche Verwendung nur (subsidiär) zurückzugreifen, soweit sich eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht feststellen ließ (§ 434 Abs. 1 S. 2 von 2001). Davon weicht das geltende Recht durch Einführung eines „Gleichrangs“ der subjektiven und der objektiven Anforderungen an die Kaufsache in bemerkenswerter Weise ab (§ 434 Abs. 1 und Abs. 3 von 2021). Wie bereits ausgeführt, hat dies freilich für die Mehrzahl der Kaufverträge letztlich keine Auswirkungen, weil im Ergebnis das Gesetz grundsätzlich an dem Vorrang abweichender Vereinbarungen der Parteien (einschließlich insbesondere negativer Beschaffenheitsvereinbarungen) festhält (§ 434 Abs. 3 in Übereinstimmung mit § 311 Abs. 1; o. Rn 9); anders verhält es sich jedoch heute aufgrund des § 476 Abs. 1 – zum Schutze der Verbraucher – bei dem Verbrauchsgüterkauf (u. § 6 Rn 7 ff).

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Lässt sich keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 2 feststellen, so kommt es jetzt nach § 434 Abs. 3 S. 1 in erster Linie darauf an, ob sich die Kaufsache für die gewöhnliche Verwendung solcher Sachen eignet (Nr. 1 des § 434 Abs. 3 S. 1) und ob sie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen dieser Art üblich ist und die der Käufer nach den Umständen erwarten kann, insbesondere unter Berücksichtigung der Werbung des Verkäufers (Nr. 2 des § 434 Abs. 3 S. 1). Eine Rolle spielt ferner, ob die Sache einem Muster oder einer Probe entspricht (Nr. 3 des § 434 Abs. 3 S. 1) und ob das nötige Zubehör und die nötigen Anleitungen übergeben werden (Nr. 4 des § 434 Abs. 3 S. 1). Die Definition der üblichen Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 deckt sich im Wesentlichen mit der des § 434 Abs. 2 S. 2 (s. deshalb schon o. Rn 11 ff), ergänzt insbesondere um die generelle Haltbarkeit der Sache (nur) im Augenblick des Gefahrübergangs (nicht später), sodass daraus nicht etwa eine Haltbarkeitsgarantie des Verkäufers gefolgert werden kann.[49]

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Alle in § 434 Abs. 3 S. 1 genannten Tatbestandsmerkmale müssen gleichzeitig erfüllt sein, um die Annahme eines Mangels nach dieser Vorschrift auszuschließen. Fehlt nur eines der Tatbestandsmerkmale des § 434 Abs. 3 S. 1, eignet sich die Sache insbesondere nicht für den gewöhnlichen Verwendungszweck oder weist sie nicht die übliche Beschaffenheit auf, so ist sie mangelhaft, sofern nicht die Parteien im Einzelfall wirksam etwas anderes vereinbart haben (§§ 434 Abs. 3 S. 1 HS 1, 476 Abs. 1).[50]

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Die objektiven Anforderungen an die Kaufsache werden nach § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 in erster Linie durch die Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung sowie durch die übliche Beschaffenheit von Sachen derselben Art definiert, die der Käufer nach der Art der Sachen und den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, seiner Lieferanten und deren Gehilfen in der Werbung und bei der Kennzeichnung der Ware durch Etiketten erwarten kann. Was dabei zur üblichen Beschaffenheit der Sache gehört, ist in § 434 Abs. 3 S. 2 aufgezählt; insbesondere also Menge, Qualität und Haltbarkeit der Ware (s. schon o. Rn 11a). Öffentliche Äußerungen des Verkäufers, seiner Lieferanten und deren Gehilfen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung der Ware auf Etiketten bleiben bei der Bestimmung der Anforderungen an die übliche Beschaffenheit von Sachen derselben Art nur unberücksichtigt, wenn der Verkäufer die Äußerungen der Lieferanten oder deren Gehilfen nicht kannte und auch nicht kennen musste, ferner, wenn die betreffende Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn sie die Kaufentscheidung des Käufers nicht beeinflussen konnte (§ 434 Abs. 3 S. 3).

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Dies bedeutet im Einzelnen: Auszugehen ist von der gewöhnlichen, d. h. der üblichen oder gängigen Verwendung einer Sache im Verkehr. Maßstab für das Vorliegen eines Mangels ist dann diejenige Beschaffenheit der Sache, die bei Sachen gleicher Art, d. h. bei Sachen mit demselben Verwendungszweck üblich ist und die der Käufer infolgedessen nach der Art der Sache und der Werbung des Verkäufers oder des Herstellers erwarten darf. Zu denken ist hier in erster Linie an im Verkehr üblicherweise nach Gattungsmerkmalen bestimmte Gebrauchsgegenstände, bei denen sich folglich, kurz gesagt, der Maßstab für das Vorliegen eines Mangels aus dem üblichen Verwendungszweck und der Beschaffenheit von Sachen gleicher Art und Güte ergibt (vgl § 243 Abs. 1), während es auf die konkreten Vorstellungen des Käufers hier nicht ankommt[51]. Die praktische Bedeutung dieses Tatbestandes liegt vor allem in der Ausdehnung des Vergleichsmaßstabs auf öffentliche Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers und ihrer Gehilfen in der Werbung oder bei der Kennzeichnung der Ware über bestimmte Eigenschaften der Sache (§ 434 Abs. 3 S. 1 lit. b), sodass der Verkäufer im Ergebnis auch für solche Äußerungen Dritter im Rahmen der §§ 434 ff einstehen muss. Denn solche Werbung beeinflusst, wenn sie ernst gemeint ist, maßgeblich den Erwartungshorizont der Käufer, sodass sie den Vergleichsmaßstab konkretisiert, an dem sich die verkauften Sachen messen lassen müssen. Anders verhält es sich lediglich dann, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 434 Abs. 1 S. 3 HS 2 vorliegt, für die jedoch der Verkäufer die Beweislast trägt, sodass sie nur selten eingreifen werden[52].

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Die Folge ist z. B., dass bei Kraftfahrzeugen, solange die Parteien nichts anderes vereinbart haben, auf den allgemeinen Stand der Technik als Maßstab abzustellen ist. Entspricht das Fahrzeug diesem Standard, so ist es auch dann nicht mangelhaft, wenn der Stand der Technik hinter den Erwartungen des Käufers zurückbleibt und die Benutzung des Fahrzeugs infolgedessen in den Augen des Käufers mit gewissen Unbequemlichkeiten verbunden ist[53]. Ein Fahrzeug ist dagegen mangelhaft, wenn seine Leistungen nicht dem genannten Standard entsprechen[54] oder wenn durch den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasprüfung die Zulassung des Kfz für den allgemeinen Straßenverkehr gefährdet wird.[55]

So verhält es sich z. B., wenn die Kupplung eines Fahrzeugs ständig hängen bleibt, so dass ein problemloser Betrieb des Fahrzeugs nicht möglich ist.[56] Handelt es sich um gebrauchte Sachen, so ist Vergleichsmaßstab die gewöhnliche Beschaffenheit gebrauchter Sachen mit demselben Verwendungszweck, sodass der übliche Verschleiß gebrauchter Sachen auch nicht als Mangel im Sinne des § 434 Abs. 3 S. 1 Nr 2 qualifiziert werden kann[57]. Maßgebend sind z. B. bei gebrauchten Kraftfahrzeugen insbesondere Alter und bisherige Laufleistung des Fahrzeugs, die Anzahl der Vorbenutzer und die Art der Vorbenutzung sowie die darauf beruhenden durchschnittlichen Erwartungen des Verkehrs, während es auf die Erwartungen des einzelnen Käufers hier nicht ankommt.[58] Eine längere Standzeit vor der Erstzulassung oder eine spätere längere Stilllegung stellen deshalb für sich genommen bei einem Gebrauchtwagen noch keinen Mangel dar, solange das Fahrzeug keine zusätzlichen Schäden infolge der Stilllegung erlitten hat[59]. Ein Mangel ist dagegen bei allen mehr als nur ganz geringfügigen Unfallschäden anzunehmen[60].

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