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5. Aliud

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Nach § 434 Abs. 5 steht es einem Sachmangel gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als vereinbart (sog. aliud) liefert. Die Vorschrift entspricht dem § 434 Abs. 3 von 2001, der freilich neben dem aliud auch noch den Fall die Minderlieferung oder Minderleistung erfasst hatte (dazu u. Rn 32). Mit dieser Vorschrift wollten die Verfasser des SMG von 2001 gleichsam mit einem Streich die zuletzt unter dem alten Recht nahezu unverständlich gewordene aliud-Problematik im Wege der prinzipiellen Gleichstellung des aliud mit dem Sachmangel aus der Welt schaffen.

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Zum Verständnis der Vorschrift muss man vor allem zwischen dem Stückkauf und dem Gattungskauf und innerhalb des Stückkaufs zwischen dem sogenannten Identitäts- und dem Qualitätsaliud unterscheiden. Ein Identitätsaliud liegt beim Stückkauf vor, wenn statt der verkauften individuellen Sache eine andere geliefert wird, während ein Qualitätsaliud anzunehmen ist, wenn die gelieferte Sache zu einer anderen Gattung als vereinbart gehört, wenn z. B. die „goldene“ Uhr nur vergoldet ist oder wenn das verkaufte Meisterwerk lediglich eine billige Kopie darstellt[64].

Beim Stückkauf gilt nach überwiegender Meinung die Gleichstellung der Falschlieferung, des aliuds, mit einem Sachmangel durch § 434 Abs. 5 nach hM nicht nur für das Qualitätsaliud (Paradigma: Verkauf einer bloß vergoldeten Uhr als „goldene“), sondern auch für das Identitätsaliud, d. h. für die Lieferung einer ganz anderen Sache als vereinbart wie z. B. bei Lieferung des Hengstes Caesar anstelle der verkauften Stute Antonia[65].

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Zusätzliche Probleme ergeben sich beim Verbrauchsgüterkauf aus dem unklaren Verhältnis des § 434 Abs. 5 zu § 241a Abs. 1 idF von 2014, nach dem durch die Lieferung unbestellter Sachen grundsätzlich überhaupt kein (Zahlungs-)Anspruch des Unternehmers gegen einen Verbraucher begründet wird. Eine angemessene Lösung ist hier in der Mehrzahl der Fälle nur möglich, wenn man dem § 434 Abs. 5 im Rahmen eines schon bestehenden Kaufvertrages grundsätzlich den Vorrang vor § 241a zubilligt und ergänzend darauf abstellt, ob der Käufer das aliud, die „falsche“ Sache als Erfüllung angenommen hatte. Denn wenn der Käufer die Sache als nicht geschuldet zurückweist, liegt nicht mehr als ein gescheiterter Erfüllungsversuch seitens des Verkäufers vor, sodass der Käufer nach wie vor den (ursprünglichen) Erfüllungsanspruch hat (§ 433 Abs. 1 S. 1). Nimmt der Käufer dagegen die Sache irrtümlich als Erfüllung an, sodass die Gefahr auf ihn übergeht (§ 446), so ist es entsprechend dem Wortlaut des § 434 Abs. 5 für den Regelfall durchaus angemessen, von einem Vorrang der Vorschriften über die Sachmängelhaftung auszugehen – mit der Folge vor allem, dass jetzt der Erfüllungsanspruch des Käufers als Nacherfüllungsanspruch im Sinne der §§ 437 Nr 1 und 439 der besonderen Verjährungsfrist des § 438 unterliegt. Nur wenn die gelieferte Sache ausnahmsweise wertvoller als geschuldet ist (sog. melius), wenn z. B. die „vergoldete“ Uhr tatsächlich aus purem Gold ist, kann der Verkäufer immer noch kondizieren (§ 812 Abs. 1 S. 1), freilich mit Rücksicht auf § 434 Abs. 3 lediglich Zug um Zug gegen das Angebot der geschuldeten Sache.[66]

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Beim Gattungskauf hat § 434 Abs. 5 der Sache nach zur Folge, dass der Käufer ein Wahlrecht erwirbt: Er kann einmal die Falschlieferung zurückzuweisen, sodass es dann auch nicht zur Konkretisierung kommt (§§ 243 Abs. 1, 293, 294) und er den ursprünglichen Erfüllungsanspruch behält. Er kann aber auch die „falsche“ Lieferung als Erfüllung annehmen – in diesem Fall mit der Folge, dass sich seine Rechte fortan allein nach den §§ 434 Abs. 5, 437 und 439 f richten, sodass sein (fortbestehender) Erfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 S. 1) jetzt dem Regime des Nacherfüllungsanspruchs untersteht und damit vor allem in der besonderen Frist des § 438 verjährt (§§ 437 Nr 1, 439). Diese Lösung versagt nur, wenn die gelieferte Sache ausnahmsweise höherwertig als geschuldet ist (sog. melius), weil der Käufer dann wohl niemals von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch machen wird. Deshalb bleibt hier (wiederum) nichts anderes übrig, als – diesmal zum Schutze des Verkäufers – diesem die Leistungskondiktion zuzubilligen (§ 812 Abs. 1 S. 1), freilich nur Zug um Zug gegen das Angebot einer der geschuldeten Gattung entsprechenden Ware[67].

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Durch § 434 Abs. 3 von 2001 war neben der Falschlieferung (o. Rn 26 ff) auch die Zuwenig- oder Minderlieferung, gelegentlich auch Mankolieferung genannt, dem Sachmangel gleichgestellt worden. 2021 ist die Gleichstellung wieder als überflüssig ersatzlos gestrichen worden, weil sich bereits unmittelbar aus § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 ergibt, dass die vertragswidrige Minderlieferung einen Sachmangel darstellt.[68] Damit ergibt sich folgende Rechtslage: Wie § 266 zeigt, kann der Käufer im Falle des Angebots einer Minderlieferung zunächst einfach unter Ablehnung der angebotenen Minderlieferung auf der vollen geschuldeten Lieferung zu bestehen. Er kann stattdessen aber auch die Teilleistung als solche annehmen und behält dann gleichfalls den (ursprünglichen) Erfüllungsanspruch, in diesem Fall freilich nur hinsichtlich des Restes. Die Annahme eines Sachmangels kommt dagegen nur in Betracht, wenn der Käufer (ausnahmsweise) die bloße Teilleistung nicht als solche erkennt und deshalb zunächst als volle Erfüllung annimmt (sog. verdeckte Minderleistung)[69]. Allein in diesem Ausnahmefall richten sich mithin seine Rechte nach den §§ 437 ff, wobei vor allem an den Nacherfüllungsanspruch hinsichtlich des Restes (§§ 437 Nr 1 und 439) sowie nach erfolgloser Fristsetzung an die Minderung zu denken ist (§§ 437 Nr 2, 323 und 441). Noch nicht endgültig geklärt ist dagegen die Behandlung des seltenen Falles der Zuviellieferung; hier dürfte sich die Lösung hinsichtlich der nicht geschuldeten Mehrleistung des Verkäufers unmittelbar aus § 812 Abs. 1 S. 1 ergeben[70].

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