Читать книгу Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean - W. A. Hary - Страница 22

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»Ich sehe ein, ihr seid mir gründlich misslungen. Alle drei! Es ist mir unmöglich, euer rechtmäßiger Herr zu sein, obwohl ich der Herr aller Dinge bin«, seufzte Ad-Aberitsch.

»Außer eben dieser drei Dinge: Per-Nat, Sergeant Proll und mir, Posh!«, betonte der Insektenmensch, während er mit gleitenden Schritten auf seinen vier Schwimmfüßen das Boot mit den sechs Menschen umrundete, die jedem seiner Bewegungen aufmerksam mit den Augen folgten.

»Genau. Also könnte ich jetzt meine misslungene Erschaffung nur dadurch korrigieren, indem ich sie auslösche.«

»Aha? Und was soll ich jetzt davon halten? Ist es etwa eine Drohung, um doch noch meine Unterwerfung zu erreichen? Vielleicht würde es ja noch andere Methoden geben? Wie wäre es mit Folterung?

Wobei ich dich nicht wieder auf dumme Gedanken bringen will. Ich meine ja nur. So gehen die Menschen normalerweise vor, wenn sie sich nicht durchsetzen können, eben mit Gewalt.

Unsereinem sind solche Dinge fremd. Es gab frühere Zeiten, da fanden Kriege statt zwischen einzelnen Völkern auf meiner Heimatwelt. Solches haben wir längst schon überwunden. Jedes Volk hat seinen eigenen Bereich. So kommt keines dem anderen ins Gehege, wie man so schön sagt.

Überhaupt bestimmt nur die jeweilige Königin. Sie ist ja aller Mutter, bis eine neue Königin herangereift ist und bereit wird zur Besamung.«

»Wieso glaubst du, dass mich das interessiert?«

»Du nimmst doch sowieso an, dass meine Erinnerung künstlich ist, also eigentlich von dir selber erschaffen wurde. Dann interessierst du dich nicht für deine eigenen Ideen?«

»Aber was bezweckst du damit? Willst du nur verhindern, dass ich dich auslösche, genauso wie deine beiden Freunde, die mir ehrlich gesagt gewaltig gegen den Strich gehen.«

»Das ist so ihre Natur, anderen gegen den Strich zu gehen. Keiner von uns dreien ist fähig, in einer normalen Gesellschaft zu existieren, weil wir uns nicht unterordnen können, noch nicht einmal anpassen.

Sieh dir Sergeant Proll an. Kannst du dir vorstellen, dass so ein Typ irgendwo einer geregelten Arbeit nachgeht?

Oder Per-nat, der Raumbär. Es stinkt ihm gewaltig, dass Raumbären in einer Gesellschaft, die von Menschen geprägt wird, praktisch keine Chance bekommen. Das macht ihn von Haus aus aufmüpfig. Es erfüllt ihn mit Bitterkeit und Zorn.

Er hasst jegliche Obrigkeit. Gibst du ihm einen Befehl, kannst du davon ausgehen, dass er das genaue Gegenteil macht.

Oder sieh mich an. Ich bin der einzige Posh auf dem gleichnamigen Planeten gewesen, der das alles einfach nicht mehr länger mitmachen wollte, das mit der perfekten Gesellschaft. Mir kann die Königin gestohlen bleiben. Ich brauche sie nicht. Und wenn sie mich nicht braucht: Umso besser! Dann auf und davon, nicht wahr?«

»Ich verstehe nicht, was das jetzt alles soll. Worauf willst du hinaus, Posh? Geht es einfach nur um dein Überleben? Aber wie kann eine Schöpfung von mir, die ohne mich gar nicht existieren würde, mich um ihren Fortbestand bitten?«

»Gute Frage, mein lieber Addi. Ich darf doch Addi zu dir sagen? Wenn nicht, tu ich es trotzdem. Aber nehmen wir doch einfach mal an – also, rein hypothetisch -, dass dein Unterbewusstsein gleich drei neue Störenfriede produziert hat. Weil dein Unterbewusstsein es satt ist, diese ewige Langeweile auszuhalten, die dich in den Wahnsinn getrieben hat.

Nehmen wir weiterhin an, dein Unterbewusstsein übertreibt das nächste Mal noch mehr. Dann kommen auf einmal tausend von unserer Sorte, die ganz verschieden aussehen. Nicht nur Insektoide, Menschen und Raumbären.

Willst du sie erst erschaffen, damit du sie später wieder auslöschen kannst? Meinst du wirklich, das würde auch nur den geringsten Sinn ergeben?«

»Dann gehorche mir, wie es sich gehört, und alles wird gut!«

»Nein, das werde ich nie. Auch Per-nat nicht und am wenigstens Sergeant Proll. Der nennt sich nicht umsonst selber so. Weil er genauso ist, wie er selber sein will.

Kapierst du das? Er will nicht so sein, wie du es willst, der du dich als sein Schöpfer dünkst, sondern er hat einen eigenen Willen. Sozusagen auf Teufel komm raus.

Er würde eher sterben als sich zu ändern. Wie jeder von uns.

Hast du eine Ahnung, was wir in den letzten Jahrzehnten für ein Leben geführt haben? Immer auf des Messers Schneide. Immer auf der Flucht. Immer auf der Suche nach dem nächsten Coup, um uns für immer zur Ruhe zu begeben, was sowieso keiner von uns länger als ein paar Tage aushalten würde.«

»Das sind alles künstliche...«

»...künstliche Erinnerungen? Und wenn schon: Dann sind es trotzdem Erinnerungen.

Apropos, wie steht es denn mit deinen eigenen Erinnerungen, ob künstlich oder nicht? Sind sie denn künstlich? Wer bist du eigentlich oder besser gesagt: Was bist?

Und antworte jetzt nicht wieder mit Herr aller Dinge oder so. Das will ich jetzt nicht mehr hören. Sondern die Wahrheit. Oder kennst du die gar nicht mehr?«

»Ich verstehe, dass du mich unterhalten willst, um weiterleben zu können, und ich muss zugeben, dass du in der Tat unterhaltsam bist. Genauer gesagt: Noch niemals zuvor hat mich etwas dermaßen unterhalten.

Ich war unendlich lange Zeit einsam gewesen. Dann erschuf mein Unterbewusstsein im äußeren Universum die ersten Menschen. Es kamen immer mehr hinzu.

Nicht nur Menschen, sondern kuriose Geschöpfe, wie ich fand, die ich hierher transferierte und dabei ebenfalls zu Menschen machte. Sie leben seitdem hier. Sie sind meine Freunde. Sie werden älter, bis ihre Zeit gekommen ist. Dann löse ich sie auf und lasse sie neu entstehen. Das merken sie gar nicht. So kann jeder mal der König werden. Das ist nur allzu gerecht.«

»Deine Freunde? Tatsächlich? Marionetten trifft ja wohl eher zu!«

»Egal, wie du es nennen magst. Es ist das Paradies!«

»Ein Inselparadies, ja, aber was ist mit dem Rest des unendlichen Ozeans? Wieso eigentlich so ein Ozean? Das ergibt doch ebenfalls keinen Sinn.«

Posh deutete mit einem seiner Arme in die Runde.

»Wir befinden uns nicht auf einem Planeten, der eine in sich geschlossene Oberfläche bildet. Aber trotzdem kann der Ozean nicht wirklich unendlich sein, weil das dermaßen viel Energie verbrauchen würde, die du niemals aufbringen könntest. Also muss auch diese scheinbar unendliche Sphäre in sich geschlossen sein. Irgendwie. Eben wie die Oberfläche eines Planeten. Wie schaffst du dieses Kunststück?«

»Ich schaffe es einfach, weil ich es so will!«

»Tolle Antwort, aber was ist jetzt mit dem, was du äußeres Universums nennst: Beschränkt sich das nicht nur auf den einen Planeten, den wir Epiphanee genannt haben?

Auf dem ist kein Leben möglich. Aber er ist das Zentrum der verbotenen Zone. Also gehe ich fest davon aus, dass du dich genau dort befindest. Wie alles hier, auch diese Sphäre, die ja irgendwo in der Wirklichkeit verankert sein muss.

Ergo existiere ich weiterhin, bin ich weiterhin körperlich, aber mit dir auf geheimnisvolle Weise verbunden.

Obwohl ich einen eigenen Willen habe, den du nicht brechen kannst, gibt es ohne dich auch meine Existenz nicht mehr. Du bist zwar nicht wirklich mein Schöpfer, aber genauso muss es dir erscheinen.

Vielleicht komme ich niemals mehr von dir los, aber dann will ich zumindest wissen, wer oder was du bist.«

Stille. Das war ungewohnt.

Posh vergaß, das Boot weiter zu umrunden. Er verhielt auf der Stelle.

Seine schwarz glitzernden Facettenaugen beobachteten die Umgebung. Er brauchte keinen Kopf zu wenden, um zu sehen, was hinter ihm war, weil er den perfekten Rundumblick hatte. Das Bild seiner Umgebung wurde aus vielen tausend mosaikförmigen Bildern zusammengesetzt, die in seinem Kopf ein perfektes Panorama erzeugten. Etwas, was für einen Menschen noch nicht einmal vorstellbar war, aber für Posh völlig normal.

Er konzentrierte sich.

Es war ihm zwar gelungen, Ad-Aberitsch vorübergehend zu irritieren, aber das würde nicht allzu lange anhalten. Also musste er die kurze Zeit, die ihm blieb, nutzen, um mehr zu sehen als nur die Bilder seiner Facetten.

Es war ihm normalerweise unmöglich, jemanden zu beeinflussen, den er nicht unmittelbar sehen konnte. Es war ihm normalerweise auch unmöglich, seine beiden Piratenfreunde psionisch zu kontaktieren, wenn sie außerhalb seines Gesichtsfeldes weilten.

Er hatte es hier bereits mehrfach heimlich versucht in den vergangenen Minuten, allerdings ohne sonderlichen Nachdruck, um nicht Ad-Aberitsch zusätzlich zu provozieren. Aber er musste diese zwei oder bestenfalls drei Sekunden, die er sich jetzt verschafft hatte, nutzen, um es verstärkt zu versuchen.

Denn dies hier war nicht die Wirklichkeit. Es war eine künstlich erschaffene Sphäre, erschaffen von einem bisher immer noch unbegreiflichen, wenngleich unvorstellbar mächtigen und somit gefährlichen Wesen, das offensichtlich keine Ahnung hatte von der Wirklichkeit des Universums. Es hielt den Planeten Epiphanee und dessen Umgebung sogar für das gesamte Universum. Soviel hatte Posh jedenfalls verstanden.

Kontakt!

Er hatte es geschafft und Kontakt bekommen sowohl mit Sergeant Proll als auch mit dem Raumbären. Und die Zeit reichte sogar noch, um ihnen die Richtung zu signalisieren, in der sie ihn finden konnten.

Sofort musste er sich wieder verschließen, denn Ad-Aberitsch hatte sich von seiner Irritation erholt.

»Ich kann mich nur wiederholen, Posh: Ich bin, weil ich bin, und ich bin, was ich bin. Das war immer schon so und wird immer so bleiben.«

»Bis die verdammte Raumflotte von Axarabor auf die Idee kommt, diesen beschissenen Planeten, auf dem du hockst, zu vernichten. Und glaube mir, das können die. Damit wird all deine Macht erlöschen.

Irgendwie und irgendwann musst du hierhergekommen sein. Egal wie und egal als was. Du kannst dich nur nicht mehr daran erinnern.«

»Es gibt nichts zu erinnern!«, behauptete Ad-Aberitsch stur.

»Also, wenn ich deine Schöpfung bin und dermaßen hartnäckig versuche, dich dazu zu bringen, nach den verloren gegangenen Erinnerungen zu suchen... Könnte es denn dann nicht sein, dass dein Unterbewusstsein als mein eigentlicher Schöpfer dir damit etwas sagen will? Nämlich genau das, was ich dir hier und jetzt sage?«

Abermals Irritation. Diesmal aber nur für Sekundenbruchteile.

»Du – du hast recht. Es ergibt einen gewissen Sinn. Eure Aufmüpfigkeit... Wenn ihr meine Schöpfungen seid und trotzdem aufmüpfig, dann wollte ich doch selber, dass ihr aufmüpfig seid. Sonst hätte ich euch ganz einfach anders erschaffen!«

»Jetzt hast du es kapiert, Addi!«, lobte Posh ihn.

»Und was wären jetzt die Konsequenzen, die ich daraus ziehen müsste? Ich kann nicht nach Erinnerungen suchen, die nicht existieren können. Also, was willst du damit erreichen, wenn du danach verlangst?«

»Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn du mich unbewusst erschaffen hast, mitsamt meinen Erinnerungen: Wie wäre es denn dann, wenn ich mich dir einmal völlig öffne, dir also alles zugänglich mache, an das ich mich selber erinnere?

Damit du alles dies kennenlernst, was meine eigene Welt, ja, ein über einige Jahrzehnte sich erstreckendes Leben, betrifft. Dann wirst du auch erfahren, wie ich mit Sergeant Proll und Per-nat zusammen traf. Vielleicht erfährst du dabei Dinge, über die du gleichzeitig mehr über dich selbst erfährst?«

»Das wäre tatsächlich möglich. Ich muss es einräumen. Denn wenn ich selber deine Erinnerungen erschaffen habe, ist es nur logisch, wenn ich jetzt einmal nachsehe, wie diese Erinnerungen eigentlich im Detail aussehen. Ich kann es allerdings nur, wenn du es zulässt. Versuche ich es mit Gewalt, lösche ich dich aus.«

»Gut, dieses Risiko gehe ich jetzt ein. Weil es sein muss. Ich kehre nur erst zur Insel zurück, und dann stehe ich voll und ganz zu deiner Verfügung.«

Posh tat, wie versprochen, während die sechs Menschen im Boot immer nur in seine Richtung starrten, ohne eine Regung zu zeigen.

Sie waren tatsächlich mehr Marionetten als lebende Menschen, musste Posh erneut feststellen.

Kaum hatte er die Insel wieder betreten, als er sich konzentrierte und fast alle Blockaden in seinem Gehirn gewollt entfernte.

Niemals zuvor hätte er für möglich gehalten, dass er jemals dazu hätte bereit sein können.

Aber wie hieß es doch so treffend:

Ungewöhnliche Situationen erforderten ungewöhnliche Maßnahmen!

Sechs Romane Die Raumflotte von Axarabor - Der unendliche Ozean

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