Читать книгу Seelische Erkrankungen bei Menschen mit Behinderung - Walter J. Dahlhaus - Страница 21

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Warum braucht es denn eine Diagnose?«, wird gelegentlich gefragt. Oder auch: »Ich will gar nicht wissen, was mein Klient hat – ich will ihn/sie unbelastet und unbeeinflusst kennenlernen.«

Suche nach Zugang zum Wesen des anderen

Ich kann die Haltung nachvollziehen, aus der das gesagt wird. Mitarbeitende in heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Einrichtungen wehren sich damit gegen die »Stigmatisierung«, den »Stempel«, als den sie eine Diagnosestellung oft erleben. Sie suchen häufig einen »geschwisterlich« unverstellten Zugang zu den Menschen, die ihnen anvertraut sind. Sie suchen einen Zugang zum Wesen des anderen, den sie begleiten und unterstützen wollen.

Aber spricht das gegen eine Diagnose? Schließt eine Diagnosestellung eine respektvolle, achtungsvolle und unverstellte Begleitung aus?

Wege eröffnen

Der Begriff »Diagnose« kommt aus dem griechischen »dia-gnosis« und meint »genau kennenlernen« oder auch »durch und durch zu einer Erkenntnis kommen«. Eine wirkliche Diagnose will kein »Stempel« sein, sondern Betroffenen die richtige Unterstützung eröffnen. Eine Diagnose ist nicht etwas Abschließendes (»Jetzt weiß ich es«), sie will Wege eröffnen. Eine Diagnose will mein Verstehen der Situation des anderen mehren, sie will mein Verständnis für seine Person vertiefen.

Eine Diagnose baut auf der Anamnese auf, auf der Kenntnis des Gewordenen, sie bezieht die Vergangenheit dadurch mit ein, sie will die aktuelle Situation vor diesem Hintergrund einordnen – vor allem aber ist sie etwas in die Zukunft Weisendes.

Nur die richtige Diagnose führt zu einer adäquaten Therapie – und damit zu einer wirklichen Unterstützung Betroffener.

Seelische Erkrankungen bei Menschen mit Behinderung

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