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Bekehrung
ОглавлениеBei den biblischen Bekehrungsgeschichten kann man den Eindruck gewinnen, Gott praktiziere das Mürbemachen, wenn er Menschen zur Umkehr bewegen will: er schüchterte die gottlosen Städte Sodom und Gomorrha so lange durch Drohungen ein, bis sie von ihrem sündigen Treiben abließen. Am Anfang vieler Bekehrungsgeschichten steht oft ein Ereignis, das eine Erschütterung auslöste: Bei dem gegen die Christen wütenden Saulus war es ein Blitzstrahl, bei Ignatius von Loyola eine Kanonenkugel, die sein Bein zerschmetterte, und bei Heinrich Heine eine Krankheit, die ihn drängte, seine Aussage vom Tode Gottes als töricht zu widerrufen. Aber ein Gott, der es darauf anlegte, seine Geschöpfe klein zu halten oder gar zu zerbrechen, wäre nicht souverän. Gott muss seine Überlegenheit nicht beweisen.
Die Bekehrungsgeschichten sagen mehr über den Menschen aus als über Gott, nämlich: dass ein Mensch immer erst zu einer Lebensänderung bereit ist, wenn er seine Ohnmacht erfährt oder vor einem Abgrund steht. Ohne Leidensdruck macht er nicht wirklich ernst. Paulus ging aus seinem Bekehrungserlebnis gestärkt hervor. Und der Dichter Paul Claudel bekennt in seinen Erinnerungen, dass mit seiner Hinwendung zum Glauben eine fruchtbare Schaffensperiode begann.
Das ist das Merkmal einer echten Bekehrung: sie endet nicht in einer Depression und lässt keinen seelisch gebrochenen Menschen zurück, sondern richtet auf und leitet eine neue, eine schöpferische Lebensphase ein.