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Demokratie

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Demokratische Gesellschaften kommen – wenn überhaupt – immer nur in Torkelbewegungen voran, weil man von ihnen erwartet, dass sie in jede Richtung einen Schritt tun. Möchte ein Politiker das Gesundheitssystem reformieren, fügt ein anderer hinzu: Aber die medizinischen Leistungen dürfen dabei auf keinen Fall verringert werden. Ein Dritter wird daraufhin erklären, er werde nur zustimmen, wenn der Beitragszahler spürbar entlastet werde. Ein Vierter wird sich dann veranlasst sehen, darauf hinzuweisen, dass man den Blick nicht allein auf das Gesundheitswesen – so wichtig es auch sei - richten dürfe, die Erweiterung des Kindergartenangebotes sei noch dringlicher. Ein Abgeordneter einer anderen Partei wird dagegen einwenden: Man versuche da, an der verkehrten Stelle etwas zu verbessern. Die Erweiterung der Plätze bringe nichts, wenn nicht auch mehr Kindergärtnerinnen eingestellt werden. Ein Fünfter wird ihm sofort ins Wort fallen und ihn belehren: dass nicht die Zahl der Kindergärtnerinnen entscheidend sei, sondern wie gut sie ausgebildet sind. Daraufhin wird einer aus den Reihen der Opposition über ihn herfallen: ob er denn nicht wisse, dass für jedes Kind einmal die Zeit komme, wo es den Kindergarten verlasse, um eingeschult zu werden. Eine gute Schulausbildung, die seine Partei schon seit Jahren fordere, sei weitaus wichtiger. Einer wird ihm dann den Rat geben, einmal die Augen aufzumachen, dann müsse er bemerken, wie dringend kleinere Klassen sind. Er wäre sogar dafür, jedem Kind das Recht einzuräumen, sich seine Lehrer zu wählen, so würde die Lust am Lernen gesteigert. Dem wird ein Parlamentarier zynisch entgegenhalten, dass die beste Ausbildung nichts nütze, wenn Jugendliche am Ende keine Lehrstelle fänden. Ein Parteifreund wird ihm zu Hilfe eilen und diese Forderung mit der Forderung überbieten: Man müsse das Lehrstellenangebot erweitern, damit jeder Jugendliche, je nach seiner Begabung, den Beruf ergreifen kann, der seinen Begabungen und Neigungen entspricht.

In demokratischen Parlamenten ist es üblich, jede Forderung durch Einwände zu blockieren, durch Einschränkungen abzumildern oder durch noch radikalere Forderungen zu überbieten, und Anträge durch Gegenanträge zu entkräften. Jeder versucht zu beweisen, dass das, was ein anderer eben gefordert hat, von ihm schon seit Jahren gefordert wird, und dass die Probleme, von denen jetzt gesprochen wird, längst gelöst wären, wenn man seine Vorschläge nicht verworfen hätte. Regierungen beteuern stets, dass man auf die Leistungen, Oppositionen dagegen, dass man auf das, was verhindert werden konnte, stolz sein könne.

Wake up - Gedanken-Wecker

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